
Der warme Wind
wehte mir um die Ohren, als ich gegen halb sieben auf das Kino zulief.
Eigentlich war es für die Lederjacke viel zu warm, doch sie gab mir einfach den
perfekten Look für den Abend. Zusammen mit dem weißen T-Shirt darunter, der eng
anliegenden schwarzen Jeans und den derben Boots so einen Touch von hartem
Kerl. Dazu hatte ich mir das dunkle, fast schwarze Haar ein wenig mit Wachs in
Form gezupft, sodass es verwegen verstrubbelt wirkte, statt einfach nur platt
am Kopf anzuliegen. Wenn ich schon nicht mit solchen Muskelpaketen punkten
konnte, wie er sie besaß, wollte ich wenigstens optisch das Bestmögliche aus
mir herausholen.
Zittrig vor
Aufregung setzte ich mich, die Beine ein wenig gespreizt und die Ellenbogen auf
den Knien abgestützt um eine lässige Haltung bemüht, auf eine Bank seitlich des
Eingangs. Der Baum direkt dahinter spendete mir ein wenig Schatten, denn die
Sonne brannte unerwartet heiß zu dieser Jahreszeit. Kein Wunder, dass alles
Grünzeug auszutreiben begann und erste Blüten überall zu sehen waren.
Mein bisher
ruhiger Herzschlag begann zu rasen, als schräg gegenüber von mir die
Straßenbahn anhielt. Ob Thilo wirklich kam? Wenn er pünktlich sein wollte,
müsste er in dieser Bahn sein. Hektisch ließ ich den Blick über die
Fensterreihe schweifen, versuchte durch den Werbeaufdruck auf dieser etwas,
oder besser, jemanden zu erkennen. Vor Aufregung wurde mir ganz kribbelig
zumute.
Erleichterung
machte sich in mir breit, als Thilo ausstieg. Verdammt, allein diese lässige
Art und seine Körpersprache, mit der er ausstieg, strotzte von einem
Selbstbewusstsein, das ich so nie erreichen würde. Suchend schaute er sich um,
drehte sich um die eigene Achse und ließ den Blick schweifen. In meinem Hals
klopfte es vor Aufregung und mir blieb fast die Luft weg, als er zu mir sah –
und lächelte.
Also nicht, dass
es irgendwie ein besonders sexy Lächeln gewesen wäre oder so, nein. Einfach so,
als würde er sich tatsächlich freuen, den Abend mit mir zu verbringen.
Erst jetzt wurde
mir bewusst, wie groß meine Angst wirklich war, er würde es sich anders
überlegen.
Schließlich, wer
war ich schon? Etienne, den die anderen gerne aufzogen, weil er lieber las als
Sport zu machen oder tagtäglich stundenlang vor der Konsole abzuhängen. Der
Streber, der eine gute Note nach der anderen ablieferte und als Liebling der
Lehrer verschrien war. Der kleine süße Twink, wie mich mal in einem der
Onlineforen jemand bezeichnet hatte.
Möglich, dass mein
Selbstbewusstsein daher nicht das allerbeste war.