Donnerstag, 26. Juni 2025

[Buchvorstellung einmal anders] Die Erbin der Wut von Heidi Metzmeier

 



Buchvorstellung einmal anders

Heute treffe ich mich mit den Protagonisten Hanna und Yvonne aus „Die Erbin der Wut“ und deren Autorin Heidi Metzmeier.

Hallo, danke, dass ihr heute Zeit habt und für das Buch antwortet. Würdet ihr euch vielleicht gegenseitig beim Interview unterstützen?
Wenn wir bei Heidi überhaupt zu Wort kommen, dann schon. Vorausgesetzt, Hanna Schatz, du schwingst nicht von vornherein die Klimakeule.
Was bitte soll das denn heißen, Mama? Außerdem ist das für dich doch gar kein Problem, dann gehst du einfach zurück auf dein Yoga-Kissen und atmest ein bisschen Om.
Wenn ich, Heidi, euch kurz unterbrechen dürfte, dies hier ist ein Interview, keine Sitzung beim Therapeuten.
Ich hatte ein langes Gespräch mit eurer Autorin, deshalb wäre es schön, wenn ihr euch meinen Lesern vorstellen könntet.
Ok, dann fange ich mal an: Hanna, 23 Jahre, Studentin und ja, Klimaaktivistin. Aber wir kleben nicht mehr! Mir ist das, was unter zivilem Widerstand läuft, häufig zu kuschelig. Ein bisschen mehr Wumms dürfte die Sache schon haben. Manchmal habe ich diese unbändige Wut im Leib, die ich mir selbst kaum erklären kann. Das ändert sich erst, als ich im Kreta-Urlaub mit Mama und Oma auf eine Unbekannte treffe, die ich als Schwester im Geiste empfinde. Aber damit wären wir schon mitten im Plot.
Dann übernehme ich mal: Yvonne, 47 Jahre, Yoga- und Meditations-Coach. Ich lebe mit meiner Mutter Monika und meiner rebellischen Tochter gemeinsam in einem Haus in Karlsruhe. Wobei Monika nicht wirklich meine Mutter ist. Diese ist kurz nach meiner Geburt bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass mich diese fehlende Verbindung zu einem sehr ruhe- und rastlosen Menschen gemacht hat, obwohl Monika ihr Bestes gegeben hat. In letzter Zeit scheint sie aber etwas zutiefst zu beunruhigen. Sie sagt mir allerdings nicht, was es ist.
Beschreibt uns das Buch in möglichst wenig Sätzen.
Oma schenkt uns eine Urlaubsreise nach Kreta. Ich könnte ausflippen. Flugscham sage ich nur.
Es geht ja auch nicht in erster Linie um dich meine Liebe, das ist ein Geburtstagsgeschenk für mich, Yvonne.
Na ja, jedenfalls läuft dieser Urlaub nicht wie erwartet. Eine – ich nenne es einmal schicksalshafte Begegnung – beschwört Geister der Vergangenheit herauf, mit denen wir alle auf unsere Weise fertig werden müssen.
Hanna trifft es am härtesten, weil sie dadurch gezwungen ist, die Weichen für ihr Leben neu zu stellen. Die spannende Frage ist, ob sie dem gewachsen ist.
Zusammenfassend kann man vielleicht sagen es geht um Familienbande, politische Ideale und um Vergebung.
Macht es dir Spaß, deine Protagonisten ein wenig zu quälen? Sie in Situationen hineinzuwerfen, die schwierig sind? Warum nicht einfach und schön? Müssen Gefahren und Stolpersteine immer sein?
Ganz ehrlich, ich denke niemand lernt im Leben aus Situationen die glatt laufen. Wir erinnern uns lebhaft und wachsen doch stets an den Herausforderungen. In diesem speziellen Fall geht es mir aber tatsächlich nicht nur um die Situation von Hanna, Yvonne oder auch Monika. Sie sind für mich ein Vehikel, um meine politischen Ansichten in den Ring zu werfen, den Leser damit aus der Reserve zu locken und zu zwingen, selbst Position zu beziehen.
Vehikel also? Danke Heidi, jetzt komme ich mir wirklich wie eine Erfindung vor und nicht mehr wie eine eigenständige Protagonistin. Und dabei habe ich, Yvonne, dich zeitweise während des Schreibens mit meinen eigensinnigen plotrelevanten Entscheidungen ganz schön in Schwierigkeiten gebracht.
Ja das stimmt wohl…
Habt ihr eine Lieblingsstelle im Buch, die ihr den Lesern des Blogs gerne vorstellen würdet?
Also ich, Hanna, mag die Szene der Zugfahrt mit Kevin. Wir sitzen über zwölf Stunden zusammen, da ich mich weigere, nach Kreta zu fliegen. Der Typ sieht zugegeben sehr gut aus und ist obendrein witzig. Zumindest bis er seine Leberkäs-Semmel mit Bier auspackt. Für mich als Veganerin ein Stimmungskiller.
Ich, Yvonne, liebe die Szene am Tripiti-Beach auf Kreta. Hier tauche ich für einen halben Tag in das Strandleben der modernen Hippies auf dieser Insel ein. Dort lerne ich auch Mike kennen, einen Investment-Broker, der mir schöne Augen zu machen versucht. Ob es klappt? Findet´s raus…Das Beste ist, das alles was ich dort sehe und erlebe authentisch ist, denn Heidi war da. Allein die Anfahrt durch die enge Schlucht ist der Hammer!
Wie viel echte Heidi steckt in dem Buch oder in dem ein oder anderen Charakter?
Yvonne hat es ja gerade schon angedeutet, die Beschreibungen der Reiseziele auf Kreta sind aus dem autobiografischen Blickwinkel, denn ich habe den ersten Entwurf des Manuskripts geschrieben, als wir vor Ort waren. Am meisten Heidi steckt wohl in Hanna, denn ihre Ansichten sind meine, zumindest zu 99 Prozent. Bei der Leberkäsesemmel bin ich eher bei Kevin.
Ich liebe Alfred Hitchcock-Filme. Von ihm habe ich mir den Kunstgriff abgeguckt, mich als Autorin im Plot in einer Szene unterzubringen. Die Protagonistin Heidi erzählt von einem – zugegeben traurigen – Ereignis, das uns auf dieser Kreta-Reise tatsächlich widerfahren ist.
Wie würdet ihr als Hauptcharaktere eure Autorin beschreiben?
Hanna, mach du mal den Anfang, ich bin gerade noch beleidigt über die Nummer mit dem Vehikel.
Ach Mama, du bist aber auch echt sensibel. Was man von Heidi sicher nicht behaupten kann. Sie ist sehr direkt geradezu dickköpfig. Viel von ihrer Wut auf politisch-gesellschaftliche Zustände hat auf mich abgefärbt. Aber sie hat auch ein großes Herz, vor allem für Menschen in Zivilisationen, die nicht so begünstigt sind, wie wir.
Und, wenn ich mich doch noch einmischen darf, sie ist sehr mutig. Die Reisen die sie unternimmt, um ihre Protas an spannende Orte zu schicken, sind nicht für jeden gemacht. Auf jeden Fall kann man mit ihr auch herzlich lachen, vor allem über sich selbst.
Wann kam die Idee zum Titel? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattet ihr zwei vielleicht sogar Mitspracherecht?
Die Titelfindung haben wir beide als echte Qual empfunden. Ich, Hanna, habe tausend Vorschläge gemacht, die alle etwas mit dem Kernthema Klimaschutz zu tun hatten, aber das war ihr und den Testleserinnen alles zu langweilig.
Und dann kam Heidis Mann ins Spiel und hat die Situation gerettet. Er hat mit ganz neutralem Blick auf das Buch geschaut und – weil er selbst viel liest – zwei aktuelle Buzzwords in den Ring geworfen: Wut und Erbe. Und ab da war es einfach, denn Hanna sagt in einem der letzten Kapitel zu mir, Yvonne, einen Satz, der beide Worte enthält, der schließlich zum Titel wurde.
Seid ihr zu 100% mit dem Cover zufrieden oder hättet ihr nachträglich noch etwas ändern wollen?
Na ja, ich bin schon ein bisschen traurig, dass ich gar nicht darauf zu sehen bin.
Ach Mama, jetzt sei nicht schon wieder beleidigt. Was soll ich denn sagen? Ich bin winzig, sehe total angestrengt aus und hab viel längere Haare als in echt. Aber Heidi meinte, das muss so sein.
Sie sagt außerdem, das Cover muss nicht uns gefallen, sondern den Lesenden.
Wisst ihr, was mich noch interessieren würde? Euer jeweiliges Lieblingszitat aus dem Buch.
Ich mag anfangen. Auf Seite 217 wird beschrieben, wie es mir, Yvonne, nach einer Schlüsselszene geht. Das finde ich sehr schön: „Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, fühlte sie sich, als wäre sie zwanzig Kilo leichter. Der Kloß in ihrem Hals, den sie so lange mit sich herumgetragen hatte, begann sich aufzulösen. Es war ein Neuanfang mit echten Aussichten.“
Und ich, Hanna, höre mich natürlich am liebsten über den Klimaschutz reden. Auf einer Demo sage ich: »Wir sind heute hier, um gegen leere Worte und Tatenlosigkeit zu demonstrieren. Wir weigern uns, die Klimakatastrophe auf unserem Rücken und dem unserer Kinder auszutragen. Aber nicht nur das. Große Veränderungen stehen an, die notwendig sind, weil die politisch Verantwortlichen sich wegducken. Wenn wir die Wende hin zum effektiven Klimaschutz schaffen wollen, dann brauchen wir Veränderung in fast allen Bereichen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Es fehlt an Politikern, die Visionen haben, statt nur den Status quo zu verwalten.« Und dann lasse ich eine sprichwörtliche Bombe platzen, die ich aber hier natürlich nicht verraten kann, ohne zu spoilern.
Vielen Dank für das Gespräch

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Abschicken des Kommentars bin ich mit den Datenschutzrichtlinien des Blogs einverstanden.