
ILIAN
Ups, sehe ich schon doppelt? Im Spiegel
hinter der Bar schaue ich mir zweimal entgegen. Ein Grunzen rollt über meine
Lippen. Holy Shit, habe ich das mit „Saures“ echt so vorangetrieben? Kam mir
gar nicht so vor, aber offenbar war selbst der eine Caipi zu viel. Vielleicht
sollte ich einen Gang zurückschalten und ein Wasser trinken. Spaß! Ich will
einen weiteren Caipi, doch erstmal drehe ich mich zu dem Mann neben mir um, der
im selben Kostüm steckt wie ich: Captain Jack Sparrow als bleicher Zombie. Wie
originell.
Er starrt perplex zurück, der Mund klappt
auf.
Wir ähneln uns wie eineiige Zwillinge. Wie
ich hat er langes dunkles Haar. Die Statur und markanten Gesichtszüge sind
meinen ähnlich, inklusive Bart im Piratenlook. Sogar auf die gleiche Weise
haben wir uns als Zombies geschminkt, wahrscheinlich haben wir dasselbe
Tutoriell im Internet zu Rate gezogen. Einzig unsere Augenfarbe ist
unterschiedlich, meine sind hellgrau, seine hellbraun, sie erinnern mich an die
Farbe von Cognac. Seine Haut wirkt ein wenig weicher als meine, er ist wohl ein
paar Jahre jünger.
Himmel, ist der Bursche attraktiv. Mein
Gaydar springt an, ich bin mir sicher, er steht auf Kerle. Von ganz allein legt
sich ein strahlendes Lächeln auf mein Gesicht, ich muss mich nicht einmal
anstrengen.
Prompt antwortet er mit einem eigenen und
legt dabei blendendweiße Zähne frei. Noch schöner als erwartet!
„Hey“, ich verneige mich leicht,
„gestatten, Ilian!“
„Hi Ilian, schön dich kennenzulernen.“ Er
grinst noch breiter. „Ich bin Keno. Was möchtest du?“
„Einen Caipi und … deinen Degen sehen.“
Hitze schießt in seine hellen Wangen und
färbt sie trotz der weißen Deckschicht entzückend rosa. „D-Der ist aus H-Holz“,
stammelt er.
Seine plötzliche Verlegenheit lockt meinen
Teufel heraus, der unbedingt mit dem Schnuckelchen spielen will. Doch ich reiße
mich am Riemen. Nicht, dass er noch schreiend davonläuft, bevor ich die
Gelegenheit erhalte, von ihm zu kosten. „Ups, bisher kannte ich nur Holzbeine,
das tut mir echt leid für dich!“ Der Schalk sitzt mir hartnäckig im Nacken.
„Meiner ist zwar auch hart, aber aus anderem Material. Willst du ihn sehen?“
„H-Hier? D-Du meinst ...“
„Ich meine den hier“, falle ich ihm ins
Wort und ziehe den Kunststoffdegen aus der Scheide.
Jetzt wandert die rosa Tönung über sein
gesamtes Gesicht und die vollen, schwarz geschminkten Lippen öffnen sich zu
einem stummen O.
Ich beiße mir auf die Zunge, um ein Lachen
zurückzuhalten, doch es ist ein hoffnungsloses Unterfangen: Prustend bricht es
aus mir heraus. Holy Shit, ist der unschuldig! Genau nach meinem Geschmack. Ich
will ihn zerbrechen sehen.
Zum Glück ist er nicht beleidigt, er stimmt
laut und tief mit ein. Ein Geräusch, das mich bis ins Mark durchdringt. Oha!
„Wow, fällst du immer direkt mit der Tür
ins Haus?“ Ein verschmitztes Funkeln blitzt in den hellbraunen Augen auf,
nachdem er sich gefangen hat, und lässt meinen Schw**z anschwellen. Denn er ist
herrlich, so erfrischend und kein bisschen abgebrüht. Das könnte ihm zum
Verhängnis werden.
Yupp, ich habe ihn an der Angel und, auch
wenn er es noch nicht weiß, davon kommt er nicht mehr los. Ich werde meine
Widerhaken in sein weiches, unverdorbenes Fleisch bohren – metaphorisch
jedenfalls.
Bevor ich antworten kann, schiebt sich auf
der anderen Seite rüde ein Zombie-Zausel neben ihm an die Bar und Keno stolpert
gegen mich. Sofort nutze ich die Gelegenheit und schlinge einen Arm um seine
feste Taille. Natürlich nur, um ihn zu stabilisieren. Mhm, er riecht gut: nach
Frosted Sweet Pine mit einem Hauch Minze.
„Vorsicht, lass dich nicht vom Zombie
beißen“, raune ich ihm ins Ohr, darauf bedacht, dass ihn meine Lippen bei jedem
Wort so gerade eben streifen. „Wäre schade, wenn dir später Körperteile
abfallen, jetzt wo wir das mit den Degen geklärt haben.“
Ein Schauder durchläuft ihn, bevor er noch
mehr lacht, ich spüre die Vibration an meiner Brust. Er macht keine Anstalten,
sich aus meinem Griff zu winden, wenn, windet er sich eher tiefer hinein.
Jedenfalls presst er sich an mich.
Oh ja … zwischen uns matcht es gewaltig.
Mister McCutie ist heiß, eindeutig auch auf mich. Umso besser, dann kann ich
mein Opfer leichter abschleppen.
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