Samstag, 4. Oktober 2025

[Schnipseltime] Das Zutai Komplott von Guido Ewert


 

Keuchend rannte ich durch die schmalen Gassen von Neo-Tokio. Verdammt, gleich zwei Typen waren mir auf den Fersen und langsam ging mir die Puste aus. Der Anruf bei dieser merkwürdigen Cyberanzeige war pure Verzweiflung gewesen. Ich machte mir keine Hoffnung, dass mich von dort Hilfe erreichen würde. Wie denn auch? Wahrscheinlich befand sich der Inserent oder die Inserentin am anderen Ende des Planeten. Wer wusste das schon. Der Lärm der Stiefel hinter mir kam immer näher. Ich bog ein weiteres Mal ab und – landete in einer Sackgasse. Fuck. Panisch sah ich mich um. Nirgends war ein Ausweg erkennbar. Ich hastete zurück zur Abzweigung, doch ehe ich sie erreichte, schälte sich eine riesige Gestalt aus dem Halbdunkel. Eine Zweite drückte sich im Windschatten der ersten mit in die Gasse.

»Das war es dann wohl für dich«, grinste der Riese mich an und ließ einen Schlagstock in seine Handfläche klatschen. »Endstation. Gib mir die Daten, die du gestohlen hast, dann lass ich dich vielleicht am Leben.«
Hektisch schaute ich mich um, sah aber nichts, was meine Chancen verbessern würde. Jetzt schlängelte sich der zweite Mann an dem freundlichen Muskelberg vorbei. Er sah aus wie ein Wiesel. »Du weißt, dass das keine Option ist, Erich. Der Chef will sie tot sehen und außerdem hat mir das Miststück die Nase gebrochen«, schniefte er und ich konnte das Blut, das an seinem Kinn hinunter tropfte, im hellen Licht des Mondes schimmern sehen. Langsam zog er einen Gegenstand aus seiner Tasche. Erschrocken stellte ich fest, dass es sich um eine altmodische altmodische Schusswaffe handelte. Verdammt. Dagegen war mein Anzug machtlos. Ich hob die Arme. Meine Gedanken huschten zu Akiko. Was würde jetzt nur aus ihr werden?
»Bitte. Ich gebe euch die Daten und ihr lass mich laufen«, flehte ich. Doch das Wieselgesicht grinste nur gehässig.
»Der Zug ist abgefahren«, fauchte er und spannte den Hahn. Ich schloss mit meinem Leben ab und presste die Augen zu, riss sie aber gleich wieder auf, als ich ein brutzelndes Geräusch hörte. Der Muskelberg sackte bewusstlos zusammen und riss das Wiesel dabei mit zu Boden. Eine Kugel löste sich aus der Pistole, verfehlte mich aber um mehrere Meter. Eine Gestalt materialisierte sich aus dem Schatten und trat dem Wiesel einmal kräftig ans Kinn. Ich konnte hören, wie der Kieferknochen krachte, und sah, wie der Schleimbeutel das Reich der Träume betrat. Pfeifend entwich mein Atem, den ich offensichtlich die ganze Zeit angehalten hatte. Die Gestalt trat näher an mich heran und ich erkannte einen leicht untersetzten, eher gemütlich wirkenden jungen Mann mit freundlichen Gesichtszügen, der mich nun besorgt musterte.
»Wow. Die Kakerlaken werden heutzutage auch immer größer, oder? Alles o.k.?«
»Äh, ja«, stotterte ich. »Alles okay.« Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken klar zu bekommen. »Wer bist du und wieso hast du mir geholfen?«
»Na ja. Ich bin hier, weil du mich angerufen hast«, grinste er und entblößte eine Reihe makelloser weißer Zähne, während sich kleine Grübchen auf seinen Wangen zeigten. Lässig steckte er einen, verdächtig nach einer Raumschiff-Enterprise-Phaser-Replik aussehenden, Elektroschocker zurück in eine seiner Taschen. Die antike Serie war gerade wieder schwer in Mode.
»Du bist Bo? Der Typ, der diese Anzeige geschaltet hat?«, ich schüttelte verwundert den Kopf. Er schaute an sich herunter.
»Kein weißer Bart, kein roter Anzug, also der Weihnachtsmann scheine ich schon mal nicht zu sein.« Er grinste. »Hi. Ich bin, wie du richtig vermutet hast, Bo. Freut mich, dich kennzulernen.« Ich sah mich um, blickte auf die beiden bewusstlosen Männer und dann fiel mein Blick auf die Waffe, die zu meinen Füßen auf dem Boden lag. Mein Gott war das knapp gewesen. Ich fühlte, wie sich die Erde um mich drehte und mein Sichtfeld von schwarzen Wolken verengt wurde. Dann wurde alles dunkel.

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