Mittwoch, 28. September 2022

[Buchvorstellung einmal anders] Reinigungsaufgaben von Aileen O'Grian

 



Buchvorstellung einmal anders


Nach dem Autoreninterview drückt mir Aileen ihren Kindle in die Hand und verlässt einfach das Zimmer. Da mir das schon öfter passiert ist in letzter Zeit, erahne ich, was da kommen wird.

Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das Buch der Autorin „Reinigungsaufgaben“, um schon ein bisschen hineinzulesen. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Jetzt ist er weg, dann interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«

Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Also, dann lege ich mal los. Doch da kommt die Autorin wieder in den Raum und setzt sich zu uns.

Wollen wir das Interview nun zu dritt machen?
Aileen: Ja, gern.
Buch schaut die Autorin missmutig an und murmelt dann: Wenn es sein muss.
Hallo, danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.
Buch: Ich freue, endlich einmal selbst befragt zu werden.
Aileen: Wir haben zu danken.
Kannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Buch: Auf der Erde gibt es so viele Probleme, die den Planeten oder wenigstens das Leben auf ihm zerstören können, aber den Menschen scheint es egal zu sein. Dagegen wollte ich mit Zukunftsgeschichten verdeutlichen, was passieren kann, wenn die Menschen nicht gegensteuern, z. B., wenn die Meeresverschmutzung zunimmt, wenn der Klimawandel ungebremst voranschreitet oder was man mit Biowaffen anrichten kann, aber auch, wie ein intelligenter Außerirdischer bei uns wahrscheinlich begrüßt würde. Leider regieren wir Bücher nicht, dabei sind wir schlauer als die Menschen.
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihm leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Siehst du es als Autorin genauso?
Buch: Die Autorin ist herzlos. Ohne Probleme opfert sie die nettesten Hauptpersonen, wie sollen sie da die Autorin unterstützen?
Aileen: Da muss ich protestieren, natürlich schmerzt es mich, wenn ein Mensch bei dem Versuch, die Welt besser zu machen, ums Leben kommt. Außerdem stirbt nicht in jeder Geschichte mein Protagonist! Manche sind heldenhaft und lassen auf eine bessere Welt hoffen.
Habt ihr eine Lieblingsstelle, die ihr uns gerne vorstellen würdet?
Buch: „Kathi ist weg. Ich war verspätet, da hatte die Kita schon zu und unsere Tochter stand nicht mehr auf der Straße.“
David nahm sie in die Arme. „Sicher ist sie bei Freunden.“ Er konnte ihre Antwort kaum verstehen, da sie so stark schluchzte. „Ich habe schon überall nachgefragt.“
„Vielleicht hat sie einen anderen Weg nach Hause genommen?“
„Ich habe das gesamte Viertel abgefahren.“
„Na, dann lass uns zur Polizei gehen. Zu irgendetwas muss der Körperchip ja gut sein. Über Satellit werden sie Kathi schnell orten können.“ Sie gingen zu seinem Auto und fuhren zur Polizeiwache.
„Kein Problem, die kleine Ausreißerin haben wir gleich. Kinder suchen wir ständig. Aber das Auffinden dauert inzwischen dank der modernen Technik nicht mehr lange“, sagte die junge Polizistin, während sie Befehle in den Computer tippte und die Suche startete. Nach einer Weile wiederholte sie die Prozedur erneut, dann noch einmal, schließlich ließ sie Angela und David stehen und holte einen Kollegen herbei. Der gab Kathis Kennnummer sicherheitshalber neu ein.
„Das kann doch nicht sein“, murmelte die Polizistin.
Ungläubig starrten die beiden Beamten auf den Bildschirm.
„Setzen Sie sich, wir haben hier ein Problem mit dem Computer, der Chip Ihrer Tochter ist nicht zu orten“, erklärte der Polizist schließlich.
Aileen: „Kalle, dein Neuzugang, Kapitän Burow“, rief ein Wärter in den Raum und zu mir gewandt: „Kalle leitet den Trupp. Er kennt sich bestens aus, er ist seit zwanzig Jahren hier.“ Damit übergaben mich die Wärter jenem Kalle und verschwanden.
„Was soll ich mit so einem Alten hier? Immer schicken sie uns die ollen Knacker“, meckerte Kalle laut hinter den Wärtern her.
„Kalle war Leichtmatrose und musste auf Geheiß seines Kapitäns die Tanks auf See reinigen“, raunte mir ein Uralter zu.
„Hast du wenigstens Muckis?“ Kalle griff prüfend an meine Oberarme. Ich versuchte, die Muskeln so locker wie möglich zu halten. Sollte mich Kalle ruhig unterschätzen.
„Wieder so ein Schlappschwanz“, war sein Kommentar. „Peter, nimm den Käpten mit“, befahl er gleich darauf.
Peter hieß also der Uralte. Ich folgte ihm kriechend durch einen schmalen Schacht.
„Die Reißanlage ist verstopft, wir müssen wie bei einem Rasenmäher die Verstopfung beseitigen“, erklärte er mir.
Am Ende des Schachtes öffnete er eine Klappe und kroch hindurch. Wir befanden uns zwischen rasiermesserscharfen Messern. Voller Sorge schob ich mich hinter Peter her. Meine Anspannung wuchs mit jedem Zentimeter.
„Verletz dich bloß nicht“, warnte er mich.
Wir krochen vorbei an den Häckselmessern, bis wir die Ursache des Staus fanden. Mit Harken lösten wir den Müll. Schließlich griff Peter, durch Lederhandschuhe geschützt, in die Klingen und bewegte sie hin und her, bis sie leichtgängig waren.
„Schnell zurück“, rief er und beeilte sich, die Luke zu erreichen. Ich hetzte auf allen vieren hinterher.
Wir hatten die Tür noch nicht verriegelt, als die Maschinen wieder zu rotieren begannen. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Hier fünf Jahre heil zu überstehen, würde schwierig werden.
Weißt du wie viel Aileen tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Hast du dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmst du deinem Buch zu?
Buch: So schlimm kann kein echter Mensch sein.
Aileen: Außer der Angst vor der Zukunft wenig.
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
Kapitän Burow: Die Autorin hätte nachsichtiger mit mir sein müssen. Wenn sie mir einen guten Anwalt besorgt hätte, wäre ich vielleicht mit einer Bewährungsstrafe davongekommen.
Jessica: Ich bin ihr dankbar, dass sie mich mit der Realität konfrontiert hat, mir die Freundschaft mit der Afrikanerin Amal ermöglicht hat. Wir beiden sind ein richtig gutes Team geworden.
Ulla: Es wäre gnädiger von ihr gewesen, mich sterben zu lassen. Ich glaube nicht, dass ich mich mit meinem neuen Leben abfinden kann.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Buch: Nein, niemand hat mich gefragt, die erste Geschichte stand mit dem Titel schon fest. Auf meine Befindlichkeit wurde dabei keine Rücksicht genommen.
Seid ihr zu 100% zufrieden mit dem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Buch: Ich bin zu 90 % zufrieden, das Bild passt gut zur ersten Geschichte.
Zum Abschluss würde mich noch euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
Buch: Sie würde sich bei ihren Vorgesetzten für eine intensive Zusammenarbeit einsetzen, denn davon konnten beide Seiten, im Grunde die ganze Menschheit, profitieren.
Aileen: Ihre Kinder würden ohne Mauern und Furcht frei aufwachsen können.
Obwohl es selbst in Autorenkreisen nicht üblich ist, dass das Buch antwortet, bedanke ich mich bei dem Buch: »Danke für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht.«
Buch: Vielen Dank, ich bin froh, dass ich mich endlich einmal äußern durfte.
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Danke dir für den sehr interessanten Tag bei dir und das tolle Interview.«
Aileen: Vielen Dank, dass ich mitmachen durfte. Ein interessantes Interview, das mir viel Spaß gemacht hat.

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