Samstag, 13. August 2022

[Schnipseltime] Cataleya - Das Böse im Schatten von Claudia Fischer

 

Wie immer rannte Sherilyn gleich nach der letzten Stunde los, auch wenn der Sport anstrengend gewesen war. Sie machte noch ihre Übungen auf dem Sportplatz der Schule, ihr Trainer hatte ihr ein Programm aufgesetzt, das sie gewissenhaft einhielt.

Und natürlich war Josh dabei und begleitete sie. Sie drehten joggend ihre Runden und unterhielten sich über den Tag und die Lehrer, alles schien so normal zu sein.

Dann begannen die Dehn- und Streckübungen, die Sprünge und Sprints, sie waren nicht allein auf dem Sportfeld, wie immer gab es eine Reihe von Schülern, die das Angebot ebenfalls nützten. Während einer kleinen Atempause blickte Sherilyn sich um. „Schau, dort hinten steht Cataleya, sie wird doch nicht ebenfalls trainieren wollen?“, fragte sie lachend.

Josh wandte sich um und entdeckte seine Schwester, die ihn beobachtete. Sein Gesicht wurde kalkweiß. So weiß, dass Sherilyn erschrak.

„Ist es denn schlimm, wenn deine Schwester erfährt, dass wir zusammen trainieren?“, wollte sie flüsternd wissen. „Machst du nur ihretwegen so ein Geheimnis aus unserer Freundschaft?“

Automatisch hatte sie die Stimme gesenkt, obwohl Cataleya sie sicher nicht hören konnte.

Josh erwachte wie aus einer Starre. Sein Blick war nicht zu deuten. Sherilyn las Zorn und etwas Unbestimmtes darin, das ihr Angst machte.

„Josh, was ist los?“

„Sheril, vertraust du mir?“

„Natürlich!“

„Geh mit mir weg. Sofort! Wir fangen irgendwo ein neues Leben an, ich bin 17, ich kann Geld verdienen, wir gehen in den Süden, egal wohin, aber weg von hier.“

„Bist du verrückt geworden?“

„Bitte, Sheril, vertrau mir, es ist der einzige Weg. Wenn wir jetzt nicht verschwinden, ist es zu spät!“

„Ich kann doch nicht weg, wie stellst du dir das vor! Meine Eltern, was würden sie sagen, das kann ich ihnen nicht antun. Meine Zukunft … nein Josh, nein …“

„Bitte Sheril, es geht um unser beider Leben!“

„Nimmst du Drogen? Ist es das?“

„Nein, natürlich nicht. Aber … ich kann es dir nicht sagen, du musst mir einfach vertrauen, ich will neu beginnen, alles hinter mir lassen, aber ich kann es nur mit dir. Du bist stark, ich brauche dich!“

Seine Stimme war flehend, drängend, und doch konnte Sherilyn nicht darauf eingehen. „Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht, meine Eltern, Josh, sie lieben mich so sehr, ich würde sie so enttäuschen. Willst du mir nicht erzählen, was los ist?“

Er schüttelte den Kopf. Er wirkte wie jemand, der eine große Schlacht verloren hatte. Resigniert wandte er sich um und ging.

„Josh, warte, wo willst du hin?“

„Ich habe es versucht, Sheril, denk immer daran, bis zuletzt, ich habe es versucht!“

Seine tonlose Stimme entsetzte Sherilyn mehr als alles andere. „Josh, bitte, du musst mir sagen …“

„Wir sehen uns am Montag, Sheril, ich kann dich dieses Wochenende nicht treffen, ich muss bei meiner Familie bleiben, das wollte ich dir noch sagen.“

„Josh …“

„Ich liebe dich, Sheril.“ Und er jagte wie gehetzt vom Sportplatz, wandte sich nicht mehr um.


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