Freitag, 2. Mai 2025

[Buchvorstellung einmal anders] Schatten über der Sagrada Familia von Susanne Beck


 
Buchvorstellung einmal anders


Ich warte seit einer Ewigkeit auf die Autorin Susanne Beck, aber sie kommt nicht. Ich setze mich in dem Park auf eine Bank und sehe einen Kindle dort liegen. Da ich von Natur aus, ein neugieriger Mensch bin, nehme ich ihn zu Hand.

Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das darauf enthaltene Buch. Es ist genau das um das es heute gehen soll. „Schatten über der Sagrada Familia“ von Susanne Beck. Ich beginne ein wenig darin zu schmökern. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Hast du denn überhaupt keine Fragen? Interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«

Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Als ich gerade beginnen will, läuft Susanne auf mich zu und setzt sich zu mir auf die Bank. Nach einer Begrüßung lege ich mal los. 😊

Wollen wir das Interview nun zu dritt machen?
Susanne: Sehr gerne! Ich bin schon gespannt, wie mein Werk sich selbst und den Entstehungsprozess einschätzt!
Buch: Na gut, ich hatte mich zwar darauf gefreut, auch mal in Ruhe einfach über mich sprechen zu können und nicht immer durch andere analysiert werden – aber in Ordnung, ich werde Susanne auch zu Wort kommen lassen, sie hat mich schließlich erschaffen. Seufz.
Danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.
Susanne: Sehr gerne! Wir danken dir, dass du dir die Zeit nimmst, uns vorzustellen, darüber freuen wir uns sehr.
Buch: Kein Problem, ich hab‘ ehrlich gesagt auch einfach sehr viel Zeit, gelesen werden ist nicht so zeitaufwendig… Aber ich bin dir natürlich auch sehr dankbar!
Kannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Buch: Na klar! Also ich bin ein Kriminalroman. Ein ziemlich sonniger sogar – obwohl es bei mir auch ordentlich spannend wird. Ich bin in Barcelona verortet, was mir einen Hauch Glamour verleiht, oder nicht?
Wer sind meine Hauptfiguren? Clara, Anfang dreißig, ein bisschen verloren in der Welt, da sie sich mitten in einer Trennung befindet. Und Anneliese, ihre Mutter, die immer noch meint, gute Beobachtungsgabe ersetzen polizeiliche Verfahren. Zusammen stolpern sie in einen Mordfall, weil plötzlich ihre Freundin Maria des Mordes verdächtigt wird – Maria, Food-Bloggerin mit unfassbaren Followerzahlen. Jetzt fragst du dich wahrscheinlich: Mord UND Familienkonflikte UND spanische Sonne? Ist das nicht ein bisschen viel? Aber nein, im Gegenteil, es ist die perfekte Mischung. Ich bringe Herz, Humor und eine Prise Gesellschaftskritik mit, verpackt in gute Dialoge und clevere Wendungen. Ich nehme mich selbst nicht zu ernst – aber meine Ermittlungen? Die sind todernst. Naja, es ist ja auch ein Krimi. Lass es mich so sagen: Wer „Cozy Crime“ mag, aber auch mal die Abgründe hinter Selfie-Lächeln und Tapas-Teller sehen will, wird mich mögen. Ich nehme die Leser:innen mit – nicht nur nach Barcelona, sondern auch in die verwirrenden Spannungen zwischen Müttern und Töchtern, in die Welt der Likes und Lügen, und auf eine Spurensuche, die mehr ans Licht bringt, als nur die Wahrheit über einen Mord.
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Siehst du es als Autorin genau so?
Buch: Sehr gute Frage: Ich habe das ja alles hautnah miterlebt: Claras Tränen, Annelieses Zweifel, Marias Gefühlsausbrüche. Und ich kann dir sagen: Meine Autorin hat definitiv ein Faible für die düsteren, schwierigen Passagen. Da lebt sie sich richtig aus! Als würde sie ihre Charaktere gerne in Krisen schicken. Die schönen Momente? Die kommen auch vor, natürlich. Aber hey – wenn man am Ende so wunderbar emotional wird wie ich, nimmt man das Auf und Ab und die ganze Dramatik gern in Kauf. Auch wenn sie mich und meine Charaktere beim Schreiben manchmal ziemlich durchgeschüttelt hat.
Autorin: Mein Krimi kennt meinen Schreibprozess recht gut: Ich schreibe die dunklen, brüchigen Passagen mit mehr innerer Klarheit. Vielleicht, weil ich eher nachdenklich bin, mich in den dunklen Momenten gern mal verliere – aber so kann ich das auf die Geschichte lenken, statt es im Leben zu tun. Die leichten Szenen – die sind für mich wie das Spielen einer hellen Melodie auf einem Instrument, das sich bei Moll schöner anhört. Aber ich arbeite daran – denn ich will Geschichten erzählen, in denen das Leben als Ganzes vorkommt. Und dazu gehören die Sonnenstrahlen genauso wie die Schatten.
Habt ihr Lieblingsstellen, die ihr uns gerne vorstellen würdet?
Buch: Aber natürlich habe ich die! Ich könnte glatt ein Best-of-Album von mir rausbringen! Ich greife mal tief in meine Plot-Wunderkiste. Eine Stelle, die mir am Herzen – äh, am Falz - liegt, ist die Szene im (fiktiven) Restaurant „El Racó de Rosalia“ – diese leicht dekadente Halle mit dem schummrigen Licht und dem Essen in „homöopathischen Dosen“. Maria, in ihrem Element als Food-Bloggerin, Clara, die so hungrig ist, dass sie nicht mehr denken kann, und Anneliese, die versucht, ein wenig Harmonie in das Chaos zu bringen: Ich mag diese Szene, weil sie viel offenbart – nicht nur über die drei Frauen, sondern auch über unterschwelligen Druck auf Social Media, über Authentizität und darüber, wie schnell ein schöner Abend kippen kann. Und natürlich bin ich ein bisschen selbstverliebt, wenn ich das sagen darf, in meine Instagram-Postings. Die Selbstgespräche von Pilar und ihrem digitalen Zwilling im Prolog, die Kapiteleinleitungen. Ich finde, die machen mich zu etwas ganz Besonderem!
Autorin: Eine Szene, die mir nahe geht, ist die, in der Clara zum ersten Mal an Maria zweifelt. Es ist kein großer, dramatischer Moment – eher eine leise Verschiebung in ihrem Inneren. Sie fragt sich, ob sie sich getäuscht hat. Ob Maria wirklich unschuldig ist. Was mir daran gefällt, ist Claras Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Ihre Zweifel sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut. Und genau deshalb entscheidet sie sich, Maria zu helfen – nicht aus blindem Vertrauen, sondern aus Überzeugung. Aus einem Gefühl von Verantwortung, das stärker ist als die Angst, enttäuscht zu werden. Diese Szene zeigt aus meiner Sicht Claras Reife, trotz all der Probleme mit ihrer Trennung. Sie entscheidet sich, dass Loyalität, wenn sie trotz Zweifel bestehen bleibt, kraftvoller ist als unkritisches, bedingungsloses Vertrauen.
Weißt du wie viel Susanne tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Hast du dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmst du deinem Buch zu?
Buch: Oh, ich weiß da einiges! Ich meine –ich bin ja ihr Produkt. Clara? Die hat auf jeden Fall ein bisschen was von ihr. Nicht nur den inneren Drang, alles zu hinterfragen, sondern auch diese Mischung aus Empathie und Selbstzweifel, die manchmal fast schon komisch ist. Und dieses Gefühl, irgendwie nicht ganz dazuzugehören. Aber Susanne ist insgesamt dann doch deutlich taffer und lösungsorientierter. Anneliese? Joa, vielleicht so, wie Susanne gerne wäre, wenn sie mal loslässt. Direkt und unerschrocken – und charmant genug, um damit durchzukommen. Und Maria … Tja. Ich sag’s mal so: Susanne isst dann doch vor allem, um satt zu werden, ein Gourmet ist sie ganz sicher nicht.
Autorin: Ich habe gar nicht geahnt, wie gut mein Buch mich kennt! Ich erkenne mich darin schon wieder – ich glaube es ist so, dass jede Figur einzelne Züge von einem selbst hat, aber auch von anderen, die man beobachtet, in unterschiedlicher Gewichtung. Und natürlich, gerade die Person aus der Perspektive man schreibt hat zumindest oft einen ähnlichen Blick auf die Welt wie man selbst. Ich spiegle mich also wahrscheinlich eher in Claras Gedanken, handeln würde ich selbst oft anders.
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
Buch: Also, ihr Lieben, wie seht ihr sie? Die Frau, an der Tastatur, die uns ins Leben geschrieben hat?
Maria: Sie hat ein gutes Gespür für das, was unter der Oberfläche liegt. Ich glaube, sie weiß genau, wie es ist, sich nach außen in einer bestimmten Rolle präsentieren zu müssen – und gleichzeitig im Inneren mit sich und der Welt zu kämpfen. Dieses Wissen macht ihre Figuren glaubwürdig. Und manchmal fast schon unangenehm real.
Clara: Sie schreibt mit viel Nähe zu sich selbst, finde ich. Wie wahrscheinlich viel aus der Welt der Bücher ist sie zwischendurch gern mit sich und den Geschichten allein und das gibt ihr Zeit um neben der Welt auch über sich selbst nachzudenken – das ist ja auch nicht immer das Beste. Aber die Interaktion mit ihr hat mir geholfen, mutiger zu werden. Und ehrlicher.
Anneliese: Für sie spricht schon ihr enges Verhältnis zu ihrer Mutter! Überhaupt zu ihrer Familie, wobei das natürlich auch daran liegt, dass ihre Mutter, einfach alle Mitglieder ihrer Familie einfach großartig sind. Sie hat mir Rückgrat gegeben und Anstand, Werte, die ihr sehr wichtig sind. Und sie traut auch mir zu, dass ich mich selbst hinterfrage, sie versucht, hinter die Äußerlichkeiten zu schauen. Das rechne ich ihr hoch an. Aus Perspektive einer Mutter macht mir manchmal Sorgen, dass sie zu viel arbeitet, immer funktionieren will. Ein bisschen mehr Entspannung und Nichtstun täte ihr zwischendurch auch mal gut.
Buch: Ich finde, was man in meinen Seiten und ihren anderen Büchern und Texten von ihr findet, neben Gedanken über den Alltag oder die Welt als Ganzes, sind ihre Ängste und ab und zu merkt man schon auch an den Geschichten, dass sie nicht der strukturierteste aller Menschen ist, ein bisschen zerstreut und unorganisiert. Aber sie liebt Geschichten und alles Kreative, hat viele Ideen und zu wenig Zeit, sie umzusetzen und im Großen und Ganzen versucht sie, ein guter Mensch zu sein, mit allen Widersprüchen, die dazu gehören.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Autorin: Da es das zweite Buch der Reihe ist, war relativ schnell klar, dass es wieder „Schatten über…“ werden würde. Also war es nur die Frage, wo der Roman spielen soll – und als Barcelona feststand, konnte es natürlich nur die „Sagrada Familia“ sein!
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Buch: Ich weiß, Eigenlob und so… Aber mal ehrlich: Habt ihr mich gesehen? Dieses Cover! Diese Farben! Die wunderbare Sagrada Familia. Ich bin praktisch die Haute Couture unter den Buchcovern. Wer auch immer das entworfen hat, hat meine Seele in ein Bild gegossen.
Autorin: Auch für mich fängt dieses Cover alles ein, was das Buch ausmacht: die Schönheit des Orts, das Geheimnis der Geschichte, die Handlung zwischen Licht und Schatten. Ich bin sehr dankbar, dass ein so stimmiges, starkes Cover entstanden ist – es ist nicht selbstverständlich, dass ein Buch so aussieht, wie es sich anfühlt.
Zum Abschluss würde mich noch je euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
Buch: Ich mag das Zitat, das viel über das Verhältnis zwischen Anneliese, Maria und Clara aussagt. Clara sagt es, als sie in Barcelona ankommt und Angst vor der Trennung von Thorben hat: „Ich bin froh, Vorbilder in euch zu haben. Ihr erinnert mich daran, dass man sich auch selbst genug sein darf.“ Da geht es um starke, eigenständige Frauen und das ist ein wichtiges Thema in dem Buch.
Autorin: Oh, da gibt es sehr viele, aber vielleicht ein Zitat einer Freundin über das Opfer in der Geschichte: "Sie hat sich Gerechtigkeit und Wahrheit nicht nur gewünscht, sie hat dafür gelebt.“ Die Frau hob den Kopf. „Und nun ist sie dafür gestorben.“
Die Leute, die an mir vorbeigehen, sehen mich schon komisch an, deshalb höre ich auf zu reden und lächle den Personen einfach zu. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, noch einmal kurz zum Buch »Danke, für deine Geduld und Antworten« zuzuflüstern.

Dann wende ich mich der Autorin zu. »Danke dir für das sehr interessante Interview.«

Als Susanne weggeht, vertiefe ich mich wieder in das Buch.

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