Ich döste im Halbschlaf vor mich hin, als Efi endlich wieder
aus dem Bad kam. Sie hatte sich in ein Businessoutfit geworfen. Nun werkelte
sie in der Küche herum. Ich ließ mir nichts anmerken und blinzelte nur zwischen
geschlossenen Lidern hervor, während ich auf das Frühstück wartete. Als meine
Ohren das Geräusch einer sich öffnenden Thunfischdose wahrnahmen, konnte ich
mich allerdings nicht mehr zurückhalten. Ich gab meine erhabene Haltung auf und
lief zum Frühstückstisch. Efi kam aus der Küche und fing an zu lachen.
»Na? Hast du mit deinen feinen Öhrchen schon gehört, was ich für dich
vorbereitet habe? Schlauer Kater!«
»Mau.« Sie setzte mir einen Teller mit der Delikatesse vor und ich machte mich
darüber her. Sie selbst schlang nur hastig eine Portion Müsli in sich hinein.
»So, jetzt muss ich los«, erklärte sie mit heiserer, gepresster Stimme. »Ich
denke, es ist besser, wenn du dich jetzt auch auf den Weg machst«, fuhr sie
fort. »Du wirst bestimmt schon von deinen Besitzern vermisst.«
›Besitzer – so weit kommt es noch‹, dachte ich bei mir, folgte ihr aber zur
Türe und verließ gemeinsam mit ihr die Wohnung. Unten am Eingang schlug ich
mich seitlich in die Büsche. »Mach’s gut. Vielleicht sehen wir uns ja noch mal
wieder. Danke für alles«, hörte ich sie traurig flüstern, ehe sie ihren Weg
fortsetzte.
›Worauf du dich verlassen kannst.‹ Ich kicherte innerlich. Auf leisen Sohlen
folgte ich ihr. Das Ziel war eine nahe gelegene U‑Bahn‑Station. Verdeckt durch
unzählige Beine, gelang es mir, an ihr dranzubleiben, als sie in eine Bahn
einstieg. Ich versteckte mich unter einer Sitzreihe, immer darauf bedacht,
nicht von irgendwelchen Quadratlatschen getreten zu werden. Efi hatte nicht das
Glück gehabt, einen Sitzplatz zu ergattern, und stand mitten im Gang. Ihre Handtasche
an der Seite unachtsam halb geöffnet.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich einen Typen mit tief ins Gesicht gezogener
Hoodie‑Kapuze, der sich ihr näherte.
›Ein Langfinger‹, dachte ich mir und grinste innerlich. Das würde Spaß machen.
Gerade streckte er seine Hand aus, um in Efis Tasche zu greifen, als ich mit
einem kurzen Sprint zwischen seinen Beinen hindurchwitschte und dabei meine
Krallen in seine dünnen Nylon‑Sneaker schlug. Der Typ schrie auf, stolperte
über seine eigenen Füße und fiel der Länge nach hin, nicht ohne zuvor mit
seinem Kopf eine der Haltestangen zu rammen. Bewusstlos blieb er liegen.
Natürlich war es Efi, die ihr Handy zückte und einen Notarzt rief, der den
Mistkerl an der nächsten Station aus dem Wagen hievte. Alle anderen Menschen hatten
sich desinteressiert abgewandt. Zum Glück schien niemand meine Intervention
bemerkt zu haben, sodass ich die Verfolgung unbemerkt fortsetzen konnte. Wir
erreichten die U‑Bahnstation an der Zeil, einer der größten Einkaufsstraßen von
Frankfurt, und Efi stieg aus. Ich schlängelte mich durch das Gewühl aus Beinen
und blieb an ihr dran.
Ein Obdachloser beäugte mich verwundert und vergaß darüber, sein mantraartiges
»Haste mal ’nen Euro« weiter aufzusagen. Ich zwinkerte ihm zu und lief weiter.
Hinter mir hörte ich Kleingeld zu Boden fallen. Eine Stimme sagte: »Oh,
verdammt. Na ja, wissen Sie was? Das können Sie alles behalten.« Beschwingt
beschleunigte ich meine Schritte.
Samstag, 23. März 2024
[Schnipseltime] Ein Kater namens Karma von Guido Ewert
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