Im Clubhaus herrschte ein Treiben, welches mit einem Bienenstock
vergleichbar war. Fasziniert folgte Charlotte Timothy und blieb dann am
Geländer stehen, um sich die Etagen von dort aus anzusehen. Die Bewohner
wuselten hin und her und riefen wild durcheinander. Dauernd gab es kleinere und
größere Explosionen, bei denen Charlotte zusammenzuckte und sich nach dem
Ursprung umsah. Bevor sich das Mädchen völlig darin verlor, schob Timothy
weiter zu einer der Treppen, welche zu den oberen Stockwerken führten.
»Wir fangen oben an«, erklärte der junge Mann und eilte dann schnellen
Schrittes vor.
Kopfschüttelnd folgte Charly ihm. Bereits auf der Treppe war es ihr
möglich sich ein ungefähres Bild davon zu machen, wie chaotisch es hier
tatsächlich war. Von ganz oben – sie zählte sechs Etagen – warf jemand nun
schon die achte Rolle Toilettenpapier durch die Luft. Offenbar versuchte,
derjenige so weit zu werfen, dass sie es auf der anderen Seite über das
Geländer schafften. Bei zwei Rollen hatte es offensichtlich funktioniert, die
Übrigen hingen kreuz und quer über die Etagen verteilt, so dass sich Charlotte
zum Teil unter dem Klopapier durch ducken musste.
»Ich wusste schon, warum ich zuerst oben anfangen wollte«, fluchte
Timothy und machte dem Mädchen den Weg, so gut es ging, frei.
»Warum machen die das überhaupt?«, fragte sie.
»Ich habe keinen Schimmer. Das sind eigentlich unsere Entwickler. Und
von denen sollte man theoretisch mehr erwarten dürfen, aber mit Erwartungen
halte ich mich hier inzwischen doch eher zurück.«
»Entwickler?«
»Siehst du gleich, wenn wir oben sind«, entgegnete Timothy grinsend.
Die nächste Treppe, die sie nehmen wollten, war von einem Haus
versperrt, welches von der Etage darunter bis hier hochreichte. Geübt kletterte
Timothy auf das Dach und drehte sich zu Charlotte, um dieser zu helfen. Da
stand sie bereits neben ihm und stieg auf die Treppe. Ein Grinsen huschte über
sein Gesicht, welches sie nur aus den Augenwinkeln bemerkte und kopfschüttelnd
hinnahm.
»Sie sind jedenfalls unsere brillantesten Köpfe«, setzte Timothy nach
und versuchte, sein anerkennendes Lächeln zu unterdrücken.
Charlotte schien kein gewöhnliches Mädchen zu sein – klar, sie war eine Steam
Angel und damit schon ungewöhnlich. Aber das allein war es nicht. Die
jungen Frauen, die Timothy bisher hier kennengelernt hatte, waren... Er konnte
es selbst nicht beschreiben und fand keine passenden Worte dafür. Er starrte
sie an und bemerkte gar nicht, wie die Sekunden verstrichen.
»Ähm okay«, meinte Charlotte und wurde rot, wodurch er endlich merkte,
wie er sie anstarrte und sich verlegen zur Seite drehte. Eilig versuchte das
Mädchen, die Situation wieder aufzulockern. »Dann liegen Genie und Wahnsinn
wohl doch näher beieinander, als ich dachte.«
»Kann sein«, lachte Timothy unbeholfen.
Er lief weiter und sie folgte ihm. Dann kamen sie endlich oben an und
Charlotte sah, was er mit Entwicklern meinte. Die komplette Etage war
vollgestellt mit seltsamen Apparaturen und Gerätschaften, die aussahen wie
Roboter. Nur das sie scheinbar nicht mit Mikrochips oder Ähnlichem betrieben
wurden, sondern mit Dampf und Zahnrädern. Was deutlich unheimlicher war.
»Willkommen bei unseren Genies«, erklärte Timothy.
Der junge Journalist sah nicht begeistert aus, während er das sagte.
Schmunzelnd wandte sich Charlotte von ihm ab und ging einige Schritte. Der
Boden war schwarz vom Maschinenöl und Ruß. Am Geländer standen zwei Männer, mit
dicken Schutzbrillen, die einen Ball nach unten fallen ließen. Dieses Mal
rechnete Charly mit der Explosion und hielt sich die Ohren zu, aber alles, was
folgte, war Stille.
Verwundert senkte Charlotte die Hände und lief zum Geländer, um runter
zu sehen. Genau wie die beiden Männer suchte sie den Boden nach dem Ball ab.
Doch der war verschwunden.
»Okay?«
»Das ist höchst ungewöhnlich«, meinte selbst Timothy und trat neben sie.
»Normalerweise hätte eine Explosion folgen müssen.«
»Hey!«, rief einer der beiden, die den Ball hatten nach unten fallen
lassen. »Habt ihr den Ball gesehen?«
Jemand auf der dritten Etage
schaute hoch und zuckte kopfschüttelnd mit den Schultern. Der Ball war weg.
Einfach verschwunden. Enttäuscht wanden sich die Männer vom Geländer ab und
verzogen sich in einem der Räume. Die beiden anderen sahen ihnen schweigend
nach, ehe sich die Sechzehnjährige wieder den Robotern zuwandte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Mit dem Abschicken des Kommentars bin ich mit den Datenschutzrichtlinien des Blogs einverstanden.