Donnerstag, 5. August 2021

[Autoreninterview] Anaïs Goutier

Autoreninterview
Anaïs Goutier

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Mein (Autoren-)Name ist Anaïs Goutier. Ich bin 36 Jahre alt und schreibe im Grunde, seit ich denken kann. Schon in der Grundschule erzählte ich meinen Mitschülern Geister- und Gruselgeschichten, die ich später mit einem Diktiergerät aufnahm und zu Papier brachte.
Selbstredend war Deutsch (neben Kunst) mein liebstes Fach in der Schule. Da lag es nahe, nach dem Abitur Kunstgeschichte und Germanistik (sowie Psychologie und Geschlechterforschung) zu studieren. Parallel zu meiner Magisterarbeit entstand mein erster Roman. Damals stellte ich fest, dass das literarische Schreiben der ideale Ausgleich zum wissenschaftlichen Arbeiten ist. Ich blieb als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum Promovieren an der Uni und dem Schreiben treu.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Geschrieben habe ich eigentlich immer schon. Die Geschichten wurden nur immer umfangreicher. Meinen ersten, im Wien der Gegenwart angesiedelten (Vampir-)Roman veröffentlichte ich 2010 noch ohne jegliche Erfahrung mit Verlagen und Veröffentlichungsstrategien unter einem anderen Pseudonym über die Selfpublishing-Plattform Neobooks. Damals hätte ich mich noch nicht als Autorin bezeichnet, aber ich hatte Blut geleckt, wie man so sagt. Als Anaïs Goutier veröffentliche ich seit 2012 sinnliche Liebesromane mit Niveau, französischem Flair und regelmäßigen Ausflügen in die schillernde Welt der Kunst. 2014 passierte mir, wovon viele Autoren träumen: Mit Droemer Knaur meldete sich ein großer Publikumsverlag bei mir, um meinen ursprünglich bei Neobooks erschienenen Fortsetzungsroman Fly Me To The Moon ins Verlagsprogramm aufzunehmen. Als ich mein Buch dann 2015 auf der Buchmesse in Frankfurt am Verlagsstand entdeckte, wusste ich, dass ich nun tatsächlich eine Autorin bin.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Inzwischen sind 21 Romane und einige Kurzgeschichten und Novellen (überwiegend im Selfpublishing, aber auch in Verlagen) zusammengekommen. Sie hier alle vorzustellen, würde vermutlich den Rahmen sprengen. Ihnen allen gemeinsam ist aber, dass ich in meine Bücher gern meine Liebe zu Frankreich und zur Kunst einbringe. Häufig handelt es sich um in der Pariser Künstlerszene angesiedelte New-Adult-Liebesromane, aber es sind auch explizit erotische Romane, ein Romantic Thriller, sinnliche Märchenadaptionen und romantische Wintergeschichten dabei.
Drei meiner Romane möchte ich euch dennoch etwas näher vorstellen:
Die Algorithm-Trilogie
Meine Algorithm-Reihe ist eine New-Adult-Trilogie, die sich kritisch mit den Einsatzmöglichkeiten von Algorithmen und künstlichen Intelligenzen auseinandersetzt. Darin lasse ich die junge Pariser Kunsthistorikerin Valérie auf den ebenso attraktiven wie exzentrischen Milliardär und Tech-Visionär Adrien Rice treffen. Während sich Valérie die Schuld am folgenschweren Verkehrsunfall ihres Bruders gibt, trägt Adrien schwer an seiner traumatischen Kinderzeit.
Doch eher ich zu viel verraten, ist hier der Klappentext:
Eine schwere Schuld, ein intelligenter Algorithmus, ein teuflischer Pakt und eine Liebe gegen die Regeln.
Seit dem folgenschweren Verkehrsunfall ihres Bruders Sébastien, an dem sie sich die Schuld gibt, ist im Leben von Valérie Bataille nichts mehr, wie es einmal war. Dennoch nimmt sie auf Sébastiens Drängen hin den begehrten Assistenzjob in der legendären Londoner Flashlight Gallery an. Und dann flattert ihr auch noch völlig unerwartet die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch bei Cybe ins Haus – dem innovativsten Technologie-Unternehmen der Welt. Was die junge Kunsthistorikerin zunächst für einen technischen Irrtum hält, entpuppt sich als Masterplan des smarten Cybe-CEOs Adrien Rice. Der exzentrische Milliardär und Tech-Visionär unterbreitet ihr ein unvorstellbares Angebot. Denn ein ausgeklügelter Algorithmus macht Valérie zur idealen Kandidatin für ein Arrangement, das ihr Leben und das ihres Bruders in jeglicher Hinsicht verändern wird. Doch in einer Welt, in der Algorithmen und künstliche Intelligenzen unser Leben bestimmen und alles berechenbar zu sein scheint, haben unvorhergesehene Gefühle die Macht, alles ins Wanken zu bringen.
Keusch. Ein Daniel-Géricault-Roman. Sinnlicher Romantic Thriller
Man kann ja nicht immer nur Liebesromane lesen und schreiben - finde ich jedenfalls. Hin und wieder muss es auch mal ein richtig guter Krimi oder ein nervenzerrender Thriller sein.
Mit „Keusch“ veröffentlichte ich meinen ersten Thriller. Genau genommen einen 600 Seiten starken erotischen Ladythriller, angesiedelt in der ebenso kultivierten wie dekadenten Pariser Oberschicht. Doch natürlich kommt neben dem Kriminalfall auch die Liebesgeschichte nicht zu kurz.
Beim Schreiben stellte ich schnell fest, dass ein Kriminalroman eine ganz andere, deutlich strengere und peniblere Arbeitsweise erfordert als ein reiner Liebesroman.
Ein viel größeres Figurenensemble, parallel verlaufende Handlungsstränge, personale Perspektivwechsel und falsche Fährten verlangen nach einer gehörigen Portion Disziplin und man muss die Figuren an einer deutlich kürzeren Leine halten als bei anderen Projekten. Deshalb hat die Arbeit an „Keusch“ auch beinahe ein Jahr gedauert. Dennoch hat mir das Projekt viel Freude gemacht und die Protagonisten Daniel Géricault und Céline Noël fordern schon lange ihre versprochene Fortsetzung, die hoffentlich nächstes Jahr kommen wird …
Hier ist der Klappentext:
Daniel Géricault, Playboy und Millionenerbe, ist der Star der Pariser Mordkommission. Doch sein neuester Fall geht auch dem smarten super-flic an die Nieren.
Wie ein Engel liegt die schöne junge Frau auf dem Altar der Église Saint-Séverin. Doch der friedvolle Eindruck täuscht: vor ihrem gewaltsamen Tod hat ihr Peiniger sie ausgepeitscht, gebrandmarkt und ihre Körperöffnungen auf perfide Weise verschlossen. Und damit nicht genug, deuten alle Anzeichen darauf hin, dass sie nicht das einzige Opfer bleiben wird.
Zusammen mit der schönen, aber unnahbaren Profilerin Dr. Céline Noël versucht Daniel Géricault, den Täter zu stoppen.
Die Ermittlungen führen sie in die höchsten Kreise der französischen Gesellschaft, in denen dekadente Ausschweifungen und das extravagante Spiel um Dominanz und Unterwerfung als exklusive Abendunterhaltung kultiviert werden.
Während sie der Lösung des Falles immer näherkommen und Daniel zudem allmählich mit viel Einfühlungsvermögen Célines Vertrauen und sogar ihr Herz gewinnt, gerät Céline selbst ins Visier des Täters.
Nightborn – Nachtgeboren. Ein Rockstar-Vampir-Liebesroman
Am 05.08.2021 wird mein neuester Roman das Leselicht der Buchwelt erblicken. Mit "Nightborn" begebe ich mich gewissermaßen "back to the roots", denn es handelt sich um einen Vampirroman und damit um meinen ersten Ausflug ins fantastische Fach seit meinen schriftstellerischen Anfängen. Doch beim Vampir-Genre enden auch schon die Gemeinsamkeiten mit meinem Erstling. "Nightborn" ist ein in der Dark-Rock-Szene angesiedelter Künstler- und Musikerroman mit fantastischen Elementen und einer sinnlichen Liebesgeschichte.
Klappentext:
Die hübsche französische Kunststudentin Léa Delaunay ist ein echtes Mauerblümchen. Ins pulsierende London kommt sie nur, um für ihre Abschlussarbeit über den anonym agierenden Streetart-Künstler Corvus zu recherchieren. Doch ihre Nachforschungen laufen immer wieder ins Leere. Stattdessen begegnet sie im Museum einem geheimnisvollen, äußerst attraktiven Fremden, der sie augenblicklich in seinen Bann zieht und der seinerseits ein unerklärliches Interesse an Léa zu haben scheint.
Aric Wilde, Frontmann und Gitarrist der weltweit erfolgreichen Dark-Rock-Band The Bohemian Libertines, ist der Schwarm einer ganzen Generation. Doch der düstere Dandy des Rock mit den faszinierenden türkisblauen Augen hütet Geheimnisse, die weitaus finsterer sind als seine Musik. Aric weiß, dass er sich von der jungen Französin aus dem Museum fernhalten sollte, um sie nicht in seine Dunkelheit zu ziehen. Doch ist es dazu nicht schon zu spät? Kann er verhindern, dass die Dämonen seiner Vergangenheit ihn einholen und für Léa zur tödlichen Gefahr werden?
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Gerade steht "Nightborn" in den Startlöchern. Doch tatsächlich ist das nächste Projekt bereits in Planung. Neben meiner alljährlichen französischen Winterromanze arbeite ich gerade am Plot für die Fortsetzung von "Keusch". Darauf lasse ich meine Protagonisten Daniel und Céline sowie die Leser ohnehin schon viel zu lange warten.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Lesen, Reisen, Kunst erleben. Also alles, was den Horizont erweitert und der Seele guttut.
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Aber selbstverständlich! Viel zu viele sogar. Meine All-Time-Favorites sind Hermann Hesses "Steppenwolf", Oscar Wildes "Dorian Gray" und Michael Endes "Unendliche Geschichte". Die kann ich in regelmäßigen Abständen immer wieder lesen. Zu meinen Lieblingsautoren gehören darüber hinaus Benoîte Groult, E. T. A. Hoffmann, Gilbert Adair und viele mehr.
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Am liebsten schreibe ich mit dem Laptop auf dem Schoß und hochgelegten Füßen auf meinem Eames Lounge Chair oder meiner Corbusier-Liege. Aber im Grunde kann ich überall schreiben, wo ich ein bisschen Ruhe habe. Ich finde es fantastisch, meiner Arbeit in einem Hotelzimmer, an einem schattigen Plätzchen im Garten oder sogar auf einer Caféterrasse nachgehen zu können. Diese Unabhängigkeit von Zeiten und Orten ist ein riesiges Privileg, für das ich sehr dankbar bin.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Ich bin ein ausgesprochener Nachtmensch. Ein idealer (Arbeits-)Tag beginnt für mich daher nicht vor elf und endet erst in der Nacht gegen drei Uhr. Das ist so natürlich nicht immer möglich. Aber ich arbeite tatsächlich am effektivsten in den Nachtstunden, während ich die Sonnenstunden des Tages am liebsten draußen an der frischen Luft verbringe.
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Das ist tatsächlich eine gute Frage! Obwohl ich Liebesromane schreibe, lese ich bis zum heutigen Tag kaum in diesem Genre. Lieber lese ich "quer durch den Gemüsegarten" – vom klassischen Briefroman bis zum Psychothriller ist alles dabei.
Auch zum Schreiben inspiriert haben mich zunächst Autoren ganz anderer Genres. Die literarischen Helden meiner Kindheit und Jugend waren Michael Ende und C. S. Lewis, später kamen Autoren wie Hermann Hesse, E. T. A. Hoffmann und Oscar Wilde dazu. Ihre Fantasie und Fabulierkunst haben mich begeistert und zu meinen ersten Geschichten inspiriert.
Das Genre des klassischen Liebesromans hat mich ironischerweise zunächst überhaupt nicht interessiert. Das »Erweckungserlebnis« kam erst mit Robert James Wallers schmalem Roman »Die Brücken am Fluss«. Da habe ich erkannt, dass es auch in diesem Genre echte Perlen gibt – unprätentiös, stimmig und frei von Kitsch.
Einen wichtigen (literarischen) Einfluss auf mich und mein Schreiben haben aber vor allem auch die großen Französinnen George Sand, Colette, Anaïs Nin, Pauline Réage, Françoise Sagan und Benoîte Groult. Sie sind in meinen Augen literarische Feministinnen, die Frauen im Allgemeinen und der weiblichen Sexualität im Besonderen zu verdienter Aufmerksamkeit und einer literarischen Stimme verholfen haben. Intellektueller Anspruch und das Schreiben über Liebe, Sinnlichkeit und prickelnde Erotik müssen einander nicht widersprechen. Das war für mich eine ausgesprochen wichtige Erkenntnis.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
Nicht direkt ein Lebensmotto, aber zwei Zitate, die ich mir gern zu Herzen nehme:
Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche! – Ernesto (Che) Guevara
Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er für sich selbst spricht. Gib ihm eine Maske, und er wird dir die Wahrheit sagen. - Oscar Wilde
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Frankreich und Österreich. Frankreich wegen der Sprache, der Literatur, dem Essen, der Mode und aus vielen anderen kleinen und großen Gründen. Und Österreich wegen seiner wunderbaren Hauptstadt Wien. Ich liebe den Wiener Schmäh, die Wiener Moderne, den Jugendstil, die Kaffeehäuser, die Mehlspeisen und sogar den Wiener Aktionismus.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Ich denke, wer im Wissenschaftsbetrieb unterwegs ist, muss früher oder später Kritikfähigkeit lernen. Das gehört zum Handwerkszeug und zum Wesen der Wissenschaft. Allerdings muss Kritik konstruktiv sein. Unkonstruktive Verletzungen nehme ich mir oft zu sehr zu Herzen.
Warum hast du dich entschieden Selfpublisher zu werden und nicht zu einem Verlag zu gehen?
Ich bin Hybrid-Autorin. "Fly Me To The Moon" (und ein paar andere meiner Werke sowie meine wissenschaftlichen Veröffentlichungen) sind bei Publikumsverlagen wie Droemer Knaur erschienen. Allerdings ist die Verlagswelt einfach naturgemäß schwerfälliger als das neue Medium "Selfpublishing". Im Selfpublishing muss ich keine Kompromisse eingehen, kann veröffentlichen was und wann ich möchte. Dennoch bieten Verlagsveröffentlichungen natürlich auch große Vorteile. Ich denke, es kommt ganz auf das jeweilige Projekt an.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Aric Wilde, der Protagonist aus meinem aktuellen Roman "Nightborn" sagt bei einer Preisverleihung folgendes: "Wir danken unseren großartigen Fans und allen, die Musik hören, Bücher lesen, Filme schauen, die auf Konzerte gehen, ins Museum und ins Theater. Ihr haltet die Welt wach." Das kann ich so nur unterschreiben.

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