
Die
Fahrt nach unten ist nicht weniger übel, weshalb ich mich an der Tür
festkralle, bis wir ankommen, was Keng amüsiert.
Bevor
wir aussteigen, will ich dem DJ ein Trinkgeld zustecken, was er dankend
ablehnt.
Ein
Seufzer der Erleichterung entfährt mir, als ich endlich Boden unter den Füßen
habe.
»So
schlimm war es doch gar nicht.«
»Na
ja, angenehm aber auch nicht. Immerhin besser als mit dem Pickup-Truck.«
»Jetzt
dürfen wir erst einmal hoffen, um diese Uhrzeit einen Bus zu erwischen.«
Seine
Worte beunruhigen mich ein wenig. »Okay, Mister! Wir sind in einem
Touristengebiet, zumindest hier sollten einige fahren.«
Er
nickt, was mich wieder beruhigt. »Siehst du außer uns noch andere Touristen
herumlaufen?«
»Nein«,
antworte ich langgezogen.
»Eben.
Hier in der Gegend ist auch nichts.«
Innerlich
sacke ich zusammen. »Wenn es keinen Bus gibt, dann doch wenigstens ein Taxi,
das wir rufen könnten, oder?« Als er nicht gleich reagiert, sage ich abermals:
»Oder?«
Dieser
Mistkerl grinst nun auch noch frech. »Bestimmt.« Es klingt weniger überzeugend.
»Keng!«
Ich boxe ihm leicht mit der Faust auf die Brust. »Du verarschst mich.«
Belustigt
greift er nach meiner Faust und beginnt mich zu drehen, wie vorhin schon beim
Tanzen.
Als
ich weiter spaßeshalber zetern will, dreht er mich noch mal und noch mal …
Bis mir schwindlig wird und ich einen Ausfallschritt mache, weil ich die
Balance nicht mehr halten kann.
»Hoppla!«
Er hält mich fest. Dabei stehe ich dicht vor ihm und blicke in die schönsten
Augen, die es auf der Welt gibt. Sie sind gütig, voller Wärme und Sehnsucht.
»Keng …«,
flüstere ich.
Zärtlich
streichelt er mir mit den Fingerknöcheln über die Wange, ehe sein Daumen meine
Lippen nachfährt. Automatisch schließe ich die Lider, weil diese Berührung ein
tiefes Kribbeln in mir auslöst. Mein Herz klopft vor Aufregung wie verrückt.
Ich kann mir keinen besseren Augenblick für den ersten Kuss vorstellen.
Und
ja, es folgt einer, allerdings nur auf die Stirn, kurz und sanft.
Meinem
innigsten Wunsch wurde entsprochen, nur nicht so, wie ich es gern hätte.
Dann
löst er sich wieder von mir und sieht amüsiert auf mich herab. So spielen
wir also?, schießt es mir durch den Kopf.
Er
will mich absichtlich zappeln lassen. Denn dass er mich genauso gut findet wie
ich ihn, steht zweifelsfrei fest.
»Du
hast Glück. Dort drüben kommt ein Bus.«
Ich
folge seinem Blick. Und tatsächlich sehe ich von Weitem ein bunt beleuchtetes
Gefährt, das mit rasender Geschwindigkeit auf uns zurauscht. Wir wechseln die
Straßenseite und machen uns winkend bemerkbar.
Der
Bus hält zu meiner Freude, und wir steigen ein.
Als wir losfahren und
meine Haare, wie schon bei der letzten Fahrt, in sämtliche Richtungen fliegen,
fasst Keng sie erst mit beiden Händen zusammen und hält dann den Schopf mit
einer hinter meinem Rücken fest. »Besser?«
Grinsend
nicke ich, noch immer in der Situation von vorhin gefangen, die überaus
prickelnd war. Irgendwie kann ich es nicht fassen, dass er mir einen Korb
gegeben hat. Es ist pure Berechnung, und ich falle auch noch darauf rein. Aber
zu sagen, dass er mich nun endlich küssen soll, ergibt für mich keinen Sinn,
schließlich will ich ihn nicht dazu nötigen. Ich seufze.
Zwanzig Minuten später
sind wir am Hotel angekommen. Wir bezahlen den Fahrer und steigen aus.
Gentlemanlike hilft Keng mir.
»Danke«,
hauche ich ihm zu, schenke ihm einen verführerischen Augenaufschlag und berühre
ihn kurz am Arm.
Seine
Brauen schießen nach oben. Er hat sofort erkannt, dass ich ein Spielchen
spiele. Mist!
Wir
betreten die Lobby und gehen in den zweiten Stock.
»Schon
müde?«, erkundigt er sich. Vielleicht möchte er da weitermachen, wo wir
vorhin aufgehört haben?
»Nein,
du?«
»Noch
Lust auf einen Tanz?«
Die
Frage verblüfft mich nun doch, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass er in
dem Fall tatsächlich meint, was er sagt. Wir bleiben vor meinem Zimmer stehen.
»Was meinst du damit?«
Er
wirkt amüsiert. »Soll ich dir das jetzt wirklich erklären?«
Diese
Zweideutigkeiten immer …
»Keng,
du verwirrst mich.«
»Weil
ich mit dir tanzen will?« Man erkennt, dass er große Mühe hat, nicht gleich
loszulachen.
Ich
runzle die Stirn.
»Pass
auf!« Aus seiner Hosentasche holt er sein Handy hervor und öffnet eine
Musik-App. Dann drückt er auf eine Playlist und lässt ein Lied abspielen. Es
ist der Bachata-Song von vorhin. »Und, Botschaft angekommen?«
Innerlich
verdrehe ich die Augen und werde rot. »Ach, du meintest wirklich tanzen …«
»Nichts
anderes habe ich behauptet«, erwidert er belustigt. »Zu dir oder zu mir?«
Lächelnd
öffne ich meine Tür und bitte ihn herein.
Keng
startet Bailando Bachata neu, wirft sein Smartphone aufs Bett und kommt
mit ausgestrecktem Arm auf mich zu.
Ich
lege eine Hand in seine und die andere auf der Schulter ab, während er mich
näher zu sich zieht. Wir finden schnell in den Rhythmus und bewegen uns mit
Leichtigkeit zu dieser Musik. Schwungvoll beugt er mich nach hinten und gleich
wieder zurück. Ein paar Drehungen folgen, und zum Schluss tanzen wir so eng
beisammen, dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns passen würde. Ich könnte
schwören, seinen Herzschlag dabei zu spüren. Meine Gefühle fahren gerade
Achterbahn, und ich wünsche mir einfach beim Universum, dass es nie wieder
aufhört.
Als
das Lied zu Ende ist, löst Keng sich von mir und dreht mich zum Abschluss noch
einmal im Kreis. Gleichzeitig verbeugt er sich. »Danke, für den Tanz …
Emma.« Meinen Namen haucht er fast, was unglaublich sexy klingt. »Gute Nacht«,
schiebt er hinterher. Bevor er meine Hand loslässt, deutet er einen Handkuss
an, nimmt sein Handy und verlässt lächelnd das Zimmer.
Was
für ein Schelm!,
denke ich breit grinsend und lasse mich rückwärts ins Bett fallen.
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