Mittwoch, 18. Juni 2025

[Schnipseltime] Diary of Tears & Secrets von Laura Lee Johnes

 

Der warme Wind wehte mir um die Ohren, als ich gegen halb sieben auf das Kino zulief. Eigentlich war es für die Lederjacke viel zu warm, doch sie gab mir einfach den perfekten Look für den Abend. Zusammen mit dem weißen T-Shirt darunter, der eng anliegenden schwarzen Jeans und den derben Boots so einen Touch von hartem Kerl. Dazu hatte ich mir das dunkle, fast schwarze Haar ein wenig mit Wachs in Form gezupft, sodass es verwegen verstrubbelt wirkte, statt einfach nur platt am Kopf anzuliegen. Wenn ich schon nicht mit solchen Muskelpaketen punkten konnte, wie er sie besaß, wollte ich wenigstens optisch das Bestmögliche aus mir herausholen.

Zittrig vor Aufregung setzte ich mich, die Beine ein wenig gespreizt und die Ellenbogen auf den Knien abgestützt um eine lässige Haltung bemüht, auf eine Bank seitlich des Eingangs. Der Baum direkt dahinter spendete mir ein wenig Schatten, denn die Sonne brannte unerwartet heiß zu dieser Jahreszeit. Kein Wunder, dass alles Grünzeug auszutreiben begann und erste Blüten überall zu sehen waren.

Mein bisher ruhiger Herzschlag begann zu rasen, als schräg gegenüber von mir die Straßenbahn anhielt. Ob Thilo wirklich kam? Wenn er pünktlich sein wollte, müsste er in dieser Bahn sein. Hektisch ließ ich den Blick über die Fensterreihe schweifen, versuchte durch den Werbeaufdruck auf dieser etwas, oder besser, jemanden zu erkennen. Vor Aufregung wurde mir ganz kribbelig zumute.

Erleichterung machte sich in mir breit, als Thilo ausstieg. Verdammt, allein diese lässige Art und seine Körpersprache, mit der er ausstieg, strotzte von einem Selbstbewusstsein, das ich so nie erreichen würde. Suchend schaute er sich um, drehte sich um die eigene Achse und ließ den Blick schweifen. In meinem Hals klopfte es vor Aufregung und mir blieb fast die Luft weg, als er zu mir sah – und lächelte.

Also nicht, dass es irgendwie ein besonders sexy Lächeln gewesen wäre oder so, nein. Einfach so, als würde er sich tatsächlich freuen, den Abend mit mir zu verbringen.

Erst jetzt wurde mir bewusst, wie groß meine Angst wirklich war, er würde es sich anders überlegen.

Schließlich, wer war ich schon? Etienne, den die anderen gerne aufzogen, weil er lieber las als Sport zu machen oder tagtäglich stundenlang vor der Konsole abzuhängen. Der Streber, der eine gute Note nach der anderen ablieferte und als Liebling der Lehrer verschrien war. Der kleine süße Twink, wie mich mal in einem der Onlineforen jemand bezeichnet hatte.

Möglich, dass mein Selbstbewusstsein daher nicht das allerbeste war.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Abschicken des Kommentars bin ich mit den Datenschutzrichtlinien des Blogs einverstanden.