„Lasst mich in Ruhe oder ich rufe
die Polizei!“, drohte sie und verfluchte das leichte Zittern in ihrer Stimme.
Gleichzeitig war ihr klar, dass diese Mistkerle sich nicht von ihrer Drohung
abschrecken lassen würden. Als die drei nur lachten und sie weiter
einkesselten, ging Sina zum Angriff über. Mit einem gezielten Tritt in den
Schritt schickte sie den dunkelhaarigen Typen zu Boden, der ihr den Weg
versperrt hatte. Doch das verschaffte ihr nur einen kurzen Vorteil. Durch das
jahrelange Kickboxtraining war sie fit und wendig, aber gegen drei Männer
standen ihre Chancen trotzdem schlecht. Sie musste sich schnellstmöglich
durchkämpfen und dann die Beine in die Hand nehmen.
„Du verdammtes Miststück!“, fluchte
der blonde Anführer und starrte sie hasserfüllt an. „Das wirst du büßen!“
Drohend kamen die beiden
verbliebenen Männer näher, während der dritte sich schimpfend wieder auf die
Beine kämpfte.
„Halt die Fresse und verzieh dich oder willst du, dass wir
sie dir polieren?“, raunzte Typ Nummer drei mit der teuren Marken-Bomberjacke
und New York Yankee-Basecap.
„Danke, ich verzichte. Aber ihr solltet abhauen, wenn euch
euer Leben lieb ist“, gab der Fremde erstaunlich gelassen zurück. Sina konnte ihn nicht sehen, weil sie lieber ihre Angreifer
im Auge behielt, aber sie bezweifelte, dass er eine reelle Chance gegen die
drei aufgepumpten Idioten hatte. Offenbar waren die derselben Meinung, denn sie
lachten und gingen auf den unbekannten Helfer los. Sina
wirbelte herum. Mehr als eine schlanke, dunkle Gestalt konnte sie jedoch nicht
erkennen. Die Ablenkung der drei Mistkerle bot ihr allerdings die einmalige
Gelegenheit, sich aus der brenzligen Situation zu befreien. Trotzdem zögerte
sie, denn sie wollte ihren Retter nicht im Stich lassen.
Vorsichtig zog sie sich zurück und zückte ihr Smartphone.
Gerade als sie den Notruf wählen wollte, erklang ein Schrei und der erste Rüpel
ging zu Boden. Kurz darauf wurde Nummer zwei gepackt und ein unheilvolles
Knacken ertönte, auf das ein weiterer Schmerzensschrei folgte. Nummer drei
landete nur ein paar Sekunden später bei seinen Kumpanen auf dem schmutzigen
Gehweg.
Sina lief ein kalter Schauer über den Rücken. Das alles war so schnell passiert, dass sie nur einen
dunklen Schatten hatte erkennen können, der ihre Angreifer innerhalb weniger
Augenblicke niedergestreckt hatte. Nun stand der Fremde
ihr zugewandt über den jetzt ganz kleinlauten Großmäulern, die so schnell wie
möglich von ihm wegkrochen.
„W-was zur Hölle bist du?“,
stotterte der Anführer der Gruppe, der Sina bedrängt hatte.
„Batman?“, konterte
der Fremde und grinste. „Sammle deine Freunde ein und verzieh dich, sonst reiße
ich euch eure kümmerlichen Eier ab, verstanden?“
Sina hatte den
leisen Verdacht, dass er diese Drohung wörtlich meinte. Offenbar sahen das ihre
Angreifer ähnlich, denn sie rappelten sich mühevoll auf und humpelten davon.
„Ähm, danke!“, sagte Sina unsicher,
ob die Gefahr nun wirklich gebannt war. Ihr Helfer war etwas größer als sie und
schlank, soweit man das beurteilen konnte. Er trug einen dunklen Parka und eine
schwarze Hose. Die Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, sodass man
nur die untere Hälfte seines Gesichts erkennen konnte. Als er auf sie zuging,
machte Sina instinktiv einen Schritt zurück. Obwohl er ihr geholfen hatte, war
der Fremde irgendwie unheimlich. Das Ganze war Sina nicht geheuer. Er hatte sich
viel zu schnell bewegt und die drei Kerle in Rekordzeit fertiggemacht.
„J-ja“, antwortete sie und wich noch einen Schritt zurück.
„Keine Sorge, ich werde dich nicht belästigen“, sagte er. „Du
riechst nur sehr gut.“
Verwirrt von seinem letzten Satz zog Sina die Stirn in
Falten. Nach dem anstrengenden Dienst am Glühweinstand hatte sie wirklich keine
Ähnlichkeit mit einer duftenden Blumenwiese.
Der Fremde lachte und hielt nur
einen Schritt von ihr entfernt an. „Stimmt. Das Aroma wird ein wenig durch den
Glühwein- und Essensgeruch verdorben.“ Er schnupperte und grinste dann. Mehr
als die Spitze seiner Nase und den Mund konnte Sina nicht erkennen, was es ihr
zusätzlich erschwerte, die Situation richtig einzuschätzen. „Wie wäre es, wenn
du mir für meine Hilfe einen Snack spendierst?“
„Ähm, ja … natürlich“,
antwortete Sina überrascht. „Der Schnellimbiss dort drüben hat noch geöffnet.“
„Danke, aber mir steht der Sinn
gerade nach etwas anderem“, meinte er.
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