Donnerstag, 19. Dezember 2024

[Schnipseltime] Schutzengel mit Biss - Zauberhafte Dresdner Weihnacht von Vanessa Carduie

 

„Lasst mich in Ruhe oder ich rufe die Polizei!“, drohte sie und verfluchte das leichte Zittern in ihrer Stimme. Gleichzeitig war ihr klar, dass diese Mistkerle sich nicht von ihrer Drohung abschrecken lassen würden. Als die drei nur lachten und sie weiter einkesselten, ging Sina zum Angriff über. Mit einem gezielten Tritt in den Schritt schickte sie den dunkelhaarigen Typen zu Boden, der ihr den Weg versperrt hatte. Doch das verschaffte ihr nur einen kurzen Vorteil. Durch das jahrelange Kickboxtraining war sie fit und wendig, aber gegen drei Männer standen ihre Chancen trotzdem schlecht. Sie musste sich schnellstmöglich durchkämpfen und dann die Beine in die Hand nehmen.

„Du verdammtes Miststück!“, fluchte der blonde Anführer und starrte sie hasserfüllt an. „Das wirst du büßen!“

Drohend kamen die beiden verbliebenen Männer näher, während der dritte sich schimpfend wieder auf die Beine kämpfte.

„Die junge Dame hat sehr deutlich gemacht, dass sie keinen Wert auf eure Gesellschaft legt“, mischte sich plötzlich eine neue Stimme ein. Sinas Kopf ruckte automatisch in diese Richtung, doch schnell konzentrierte sie sich wieder auf die unmittelbare Gefahr vor ihr.

„Halt die Fresse und verzieh dich oder willst du, dass wir sie dir polieren?“, raunzte Typ Nummer drei mit der teuren Marken-Bomberjacke und New York Yankee-Basecap.

„Danke, ich verzichte. Aber ihr solltet abhauen, wenn euch euer Leben lieb ist“, gab der Fremde erstaunlich gelassen zurück. Sina konnte ihn nicht sehen, weil sie lieber ihre Angreifer im Auge behielt, aber sie bezweifelte, dass er eine reelle Chance gegen die drei aufgepumpten Idioten hatte. Offenbar waren die derselben Meinung, denn sie lachten und gingen auf den unbekannten Helfer los. Sina wirbelte herum. Mehr als eine schlanke, dunkle Gestalt konnte sie jedoch nicht erkennen. Die Ablenkung der drei Mistkerle bot ihr allerdings die einmalige Gelegenheit, sich aus der brenzligen Situation zu befreien. Trotzdem zögerte sie, denn sie wollte ihren Retter nicht im Stich lassen.

Vorsichtig zog sie sich zurück und zückte ihr Smartphone. Gerade als sie den Notruf wählen wollte, erklang ein Schrei und der erste Rüpel ging zu Boden. Kurz darauf wurde Nummer zwei gepackt und ein unheilvolles Knacken ertönte, auf das ein weiterer Schmerzensschrei folgte. Nummer drei landete nur ein paar Sekunden später bei seinen Kumpanen auf dem schmutzigen Gehweg.

Sina lief ein kalter Schauer über den Rücken. Das alles war so schnell passiert, dass sie nur einen dunklen Schatten hatte erkennen können, der ihre Angreifer innerhalb weniger Augenblicke niedergestreckt hatte. Nun stand der Fremde ihr zugewandt über den jetzt ganz kleinlauten Großmäulern, die so schnell wie möglich von ihm wegkrochen.

„W-was zur Hölle bist du?“, stotterte der Anführer der Gruppe, der Sina bedrängt hatte.

„Batman?“, konterte der Fremde und grinste. „Sammle deine Freunde ein und verzieh dich, sonst reiße ich euch eure kümmerlichen Eier ab, verstanden?“

Sina hatte den leisen Verdacht, dass er diese Drohung wörtlich meinte. Offenbar sahen das ihre Angreifer ähnlich, denn sie rappelten sich mühevoll auf und humpelten davon.

„Ähm, danke!“, sagte Sina unsicher, ob die Gefahr nun wirklich gebannt war. Ihr Helfer war etwas größer als sie und schlank, soweit man das beurteilen konnte. Er trug einen dunklen Parka und eine schwarze Hose. Die Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, sodass man nur die untere Hälfte seines Gesichts erkennen konnte. Als er auf sie zuging, machte Sina instinktiv einen Schritt zurück. Obwohl er ihr geholfen hatte, war der Fremde irgendwie unheimlich. Das Ganze war Sina nicht geheuer. Er hatte sich viel zu schnell bewegt und die drei Kerle in Rekordzeit fertiggemacht.

„Keine Ursache. Diese Vollpfosten hatten sich die Abreibung verdient. Geht es dir gut?“, erkundigte sich der Fremde und kam näher. Seine Bewegungen wirkten ungewöhnlich geschmeidig und die junge Frau fühlte sich unweigerlich an eine Raubkatze erinnert, die sich an ihre Beute heranpirschte.

„J-ja“, antwortete sie und wich noch einen Schritt zurück.

„Keine Sorge, ich werde dich nicht belästigen“, sagte er. „Du riechst nur sehr gut.“

Verwirrt von seinem letzten Satz zog Sina die Stirn in Falten. Nach dem anstrengenden Dienst am Glühweinstand hatte sie wirklich keine Ähnlichkeit mit einer duftenden Blumenwiese.

Der Fremde lachte und hielt nur einen Schritt von ihr entfernt an. „Stimmt. Das Aroma wird ein wenig durch den Glühwein- und Essensgeruch verdorben.“ Er schnupperte und grinste dann. Mehr als die Spitze seiner Nase und den Mund konnte Sina nicht erkennen, was es ihr zusätzlich erschwerte, die Situation richtig einzuschätzen. „Wie wäre es, wenn du mir für meine Hilfe einen Snack spendierst?“

„Ähm, ja … natürlich“, antwortete Sina überrascht. „Der Schnellimbiss dort drüben hat noch geöffnet.“

„Danke, aber mir steht der Sinn gerade nach etwas anderem“, meinte er.

 


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