Hans hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Drei Mal hatte er das Transportmittel wechseln müssen, bis er schließlich mit seinen Mitgefangen in eine Halle gepfercht wurde. Hier war es fast so eng wie in den Bunkern Breslaus. Aber es stank mehr – es stank erbärmlich. Sie waren schon eine ganze Weile hier, aber wie lange genau, das konnte er nicht sagen. In der Halle gab es keine Fenster und nur zwei Türen, durch die zwei Mal am Tag Leute kamen und ein karges Mahl an alle verteilten. Tag und Nacht waren so kaum auseinanderzuhalten. Hans schlief, wenn er müde war und war froh, wenn er etwas zu Essen bekam. Hunger spürte er schon länger nicht mehr, stattdessen ein dauerhafter, dumpfer Schmerz in seinem ganzen Körper, den er bestmöglich ignorierte. Am besten ging es ihm, wenn er Schlaf finden konnte, da spürte er keine Schmerzen und keine Sehnsucht. Dabei dachte er oft an Marie und seinen Sohn. Wie alt er jetzt wohl schon war? Vielleicht war er schon eine Weile hier und sein Sohn konnte bereits laufen und sprechen, wenn er nach Hause kam. Obwohl er kraftlos war, zauberte ihm sein Sohn ein Lächeln ins Gesicht, wenn auch schwach.Vor seinem inneren Auge manifestierte sich ein Bild von Marie, wie er sie kennengelernt hatte. Im gepunkteten, adretten Kleid an der Straßenbahnhaltestelle. Für Hans hätte sie auch in jedem Film mitspielen können, so hübsch fand er sie in diesem Augenblick. Ob sie wohl auf ihn wartete? Sie hatten nicht viel Zeit gemeinsam verbracht, gewiss, aber die wenige Zeit war schön gewesen und er hatte gesehen, wie sehr sie ihren gemeinsamen Sohn liebte. Sie würde gewiss auf ihn warten.
Der Gedanke an seine eigene kleine Familie gab ihm Kraft und er fühlte sich etwas besser, die Schmerzen ließen nach. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schloss die Augen wieder. Ein Hustenanfall schüttelte ihn und er beugte sich zur Seite. Seit einiger Zeit hustete er Schleim und jeder Hustenreiz verursachte ihm schlimme Schmerzen. Die Sowjets um Hilfe zu bitten, war aussichtslos. Er war nicht der Erste mit diesen Symptomen und niemandem hatten sie bisher geholfen. Außerdem konnte er ihre Sprache nicht sprechen.
Aus Gewohnheit blieb sein Blick an dem hängen, was er ausgehustet hatte, und für einen Augenblick verharrte er in Schock. Zum ersten Mal war alles rot – tiefrot.
Vermutlich Blut, dachte er. Hans ließ sich auf den Rücken zurücksinken und starrte an die Decke. Sobald seine Mitgefangenen Blut gehustet hatten, hatte es nicht mehr lange bis zu ihrem Tod gedauert. War die Reihe jetzt auch an ihm? Dessen war sich Hans sicher.
Er holte das Bild aus seiner Brusttasche und betrachtete seinen kleinen Sohn, den er nun nicht mehr aufwachsen sehen würde. Mit Marie hatte sein Sohn die beste Mutter der Welt, ihm würde es gutgehen. Trotzdem schmerzte der Gedanke. Hans legte das Bild auf sein Herz und faltete seine Hände darüber. Wenn es wirklich so weit war, wollte er mit den letzten Gedanken bei Marie und ihrem Sohn sein, nicht in seinem Leid.
Eine Träne bahnte sich den Weg über Hans‘ eingefallene Wange.
Aus Gewohnheit blieb sein Blick an dem hängen, was er ausgehustet hatte, und für einen Augenblick verharrte er in Schock. Zum ersten Mal war alles rot – tiefrot.
Vermutlich Blut, dachte er. Hans ließ sich auf den Rücken zurücksinken und starrte an die Decke. Sobald seine Mitgefangenen Blut gehustet hatten, hatte es nicht mehr lange bis zu ihrem Tod gedauert. War die Reihe jetzt auch an ihm? Dessen war sich Hans sicher.
Er holte das Bild aus seiner Brusttasche und betrachtete seinen kleinen Sohn, den er nun nicht mehr aufwachsen sehen würde. Mit Marie hatte sein Sohn die beste Mutter der Welt, ihm würde es gutgehen. Trotzdem schmerzte der Gedanke. Hans legte das Bild auf sein Herz und faltete seine Hände darüber. Wenn es wirklich so weit war, wollte er mit den letzten Gedanken bei Marie und ihrem Sohn sein, nicht in seinem Leid.
Eine Träne bahnte sich den Weg über Hans‘ eingefallene Wange.
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