Sonntag, 15. Mai 2022

[Schnipseltime] Leidenschaftliche Blicke in Cherryoak Falls - Pictures of us


Laster nahm die Hände von den Augen und blinzelte gegen die plötzlich wieder viel zu grelle Helligkeit an. Zwei Sekunden sah er nur verschwommen. Dann bemerkte er eine Gestalt in der Tür. Ein Glück, dass er nicht sofort losgelegt hatte.

»Alles in Ordnung, Blaine?«, fragte er, bevor seine Sicht sich klärte und er bemerkte, dass er nicht seinen Assistenten vor sich hatte.

Der Mann in der Tür trug eine Ledermaske, die sein ganzes Gesicht bedeckte. Lediglich Augen, Nase und Mund waren frei. Nicht einmal die Haarfarbe war zu erkennen. Die Lippen bewegten sich nicht. Er stand nur reglos da.

Panik raste durch Laster. Was zum Teufel ging hier vor? Was wollte der Kerl? Handelte es sich um einen üblen Scherz, den Blaine sich erlaubt hatte? Steckte Megan dahinter? Oder wurde Laster gerade überfallen?

Die beruhigende Musik, die ihn aus den Kopfhörern beschallte, passte nicht zu der angsteinflößenden Situation. Rasch nahm Laster die Kopfhörer ab und erhob sich. »Wer sind Sie? Was tun Sie hier?«

Keine Antwort. Stattdessen machte der Mann einen Schritt auf ihn zu und hob seinen Arm.

Sofort wich Laster zurück. Sein Blick flog zu dem Gegenstand in der Hand des Fremden. Ein Block. Keine Waffe. Dennoch blieb er vorsichtig.

Mit bedachten Bewegungen trat er neben seinen Schreibtisch und streckte sich, bis er den Block erreichte. Es handelte sich um einfache Abreißblätter, die durch eine Spiralbindung zusammengehalten wurden. Die erste Seite war aufgeschlagen und in Druckbuchstaben stand etwas darauf geschrieben.

Laster zog sich wieder hinter seinen Schreibtisch zurück und las die Zeilen, während er immer wieder zu dem Fremden sah. Anscheinend hatte der Mann nicht vor, Laster zu überfallen, sonst hätte er nicht gewartet, bis er bemerkt worden war. Trotzdem wollte Laster nichts riskieren.

Ich habe den Flyer gelesen, mit dem Models für ein Fotoshooting gesucht werden. Auch wenn Sie keinen Namen vermerkt haben, wusste ich sofort, dass er von Ihnen stammt.

Verwirrt suchte Laster den Blick des Unbekannten. Wodurch er sich wohl verraten hatte?

Gern würde ich an dem Projekt mitarbeiten. Mir ist bewusst, was genau passieren wird. Anonym. Ich stelle keinerlei Ansprüche auf die Bilder, die entstehen. Allerdings habe ich keinen Partner, mit dem ich daran teilnehmen kann. Wenn Sie dafür eine Lösung finden, kann ich sofort für Sie vor die Kamera treten.

Was für eine seltsame Bewerbung. Warum wollte sich der Mann Laster nicht einmal beim Vorgespräch zu erkennen geben? Misstraute er Laster? Dachte er, man würde ihn bloßstellen?

»Meine Models unterschreiben Vereinbarungen, mit denen sie mir nicht nur die Erlaubnis für die freie Verwendung der Bilder geben. Es ist auch eine Verschwiegenheitsvereinbarung enthalten, die wir beide unterschreiben würden. Sie müssen nicht befürchten, dass ich Sie verrate.«

Der Mann schwieg, streckte allerdings die flache Hand aus und deutete mit dem Kopf auf den Block, den Laster festhielt. War er vielleicht stumm? Laster reichte ihm den Block zurück. Aus seiner Hosentasche holte der Mann einen Stift, beugte sich über den Schreibtisch und begann etwas auf den Zettel zu kritzeln.

Das gab Laster die Möglichkeit, den Mann genauer zu betrachten. Obwohl er nur ein paar Schritte gegangen war, glaubte Laster am Bewegungsablauf und der Haltung zu erkennen, dass es sich um einen jungen Mann handelte. Er trug eine dicke Jacke, die nicht viel über seinen Körperbau verriet. Seine schlanken Beine steckten allerdings in engen Jeans, was vermuten ließ, dass auch der Rest von ihm gut gebaut war. Weshalb versteckte er sich hinter einer Maske?

Der Unbekannte schob Laster den Block wieder zu. Neugierig überflog Laster die Zeilen.

Ich unterzeichne diese Vereinbarung, wenn Sie darauf bestehen. Allerdings mit einem Pseudonym. Die Fotos sind auch nur heute Abend möglich. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, werde ich wieder gehen.

Die Masche, den Geheimniskrämer zu spielen, funktionierte verdammt gut. Laster befürchtete nicht länger, vielleicht einem Kriminellen gegenüberzustehen, der ihn ausrauben wollte. Er nahm nicht mehr an, dass es sich um einen Scherz handelte, den ihm jemand spielen wollte. Dennoch wusste er, dass er ein Problem hatte.

»Für heute sind keine Aufnahmen geplant gewesen. Ich habe niemanden, mit dem Sie Aufnahmen machen können. Um das zu organisieren, ist es heute zu spät.«

Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern. Dann veränderte sich der Ausdruck in den braunen Augen. Mit dem Kinn deutete der Mann auf Laster.

Erst verstand er nicht. Doch als ihm klar wurde, dass er als Partner für diese Fotos gedacht war, schüttelte er den Kopf. »Das geht nicht. Ich bin der Fotograf, der dieses Projekt umsetzen will. Ich kann nicht selbst vor die Kamera.«

Der andere schrieb etwas auf den Block. ‚Machen Sie die Aufnahmen live, während Ihre Models miteinander schlafen?


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