Samstag, 7. Mai 2022

[Buchvorstellung einmal anders] Ein Nordlicht auf Sizilien von Jennifer Summer



Buchvorstellung einmal anders


Nach dem Autoreninterview drückt mir Jennifer ihren Kindle in die Hand und verlässt einfach das Zimmer. Da mir das schon öfter passiert ist in letzter Zeit, erahne ich, was da kommen wird.

Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das Buch der Autorin „Ein Nordlicht auf Sizilien“, um schon ein bisschen hineinzulesen. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Jetzt ist sie weg, dann interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«

Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Also, dann lege ich mal los. 😊

Hallo, danke, dass du heute Zeit gefunden hast, um mit mir zu reden.
Ciao bella, aber sicher, gerne doch. Da nicht für.
Kannst du dich meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Ich bin ein Reiseroman! Und zwar nicht von der Art „Was ich toller Hecht auf meiner unglaublich abgefahrenen Tour xy erlebt habe“, sondern eine Liebesgeschichte, in der die Schauplätze eine wichtige Rolle spielen. Keine Angst, ich werde dich nicht mit seitenweisen Landschaftsbeschreibungen langweilen, aber du wirst mit mir das Gefühl haben, tatsächlich in Hamburg, Sizilien und im Bijagos-Archipel zu sein.
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen?
Ich glaube, meine Autorin mag meine Protagonistin Katja mehr als ihre beste Freundin Julie, die im letzten Roman die Hauptrolle gespielt hat. Ihr hat sie übel mitgespielt. Katja hat es aber auch nicht gerade leicht, da sie lernen muss, anzukommen und zu vertrauen. Aber auch wenn sie verzweifeln könnte, weil ihr Lebenskonzept zerplatzt, so bleibt sie doch stark und geht weiter, statt sich zu bemitleiden.
Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest?
Naja, als Reise-Liebesroman mag ich natürlich besonders die Stelle, wo die beiden Protagonisten zum ersten Mal in Hamburg aufeinandertreffen, nachdem klar ist, dass sie ein Kind erwarten.

„Das Café Elbterrassen hatte geöffnet, einige sonnenbebrillte Besucher genossen den Nachmittag. Für Anfang Mai war es erstaunlich warm. Rasch gelangte ich an den Beginn des Elbstrandes. Ich folgte nicht weiter dem kleinen Fußweg, sondern zog die Turnschuhe aus und lief durch den kühlen Sand. Ein großes Containerschiff fuhr laut brummend stadtauswärts, Wellen schwappten ans Ufer. Vor mir saß ein kleines Mädchen mit goldenen Locken im Sand. Es übte, mit seiner Schippe Sand in den Eimer zu befördern und wirkte dabei unbeholfen. Ich musste lächeln. Die Mutter des Mädchens lächelte mich ebenfalls an. Ob sie erahnte, welches Geheimnis ich unter dem weiten Pulli versteckte?
Ich ging ein bisschen schneller. Eine dieser gefühlsduseligen, weichen Mütter wollte ich auf keinen Fall werden. Ich würde die eigenwillige, toughe Frau bleiben, als die ich mich in den letzten Jahren an Bord der Kreuzfahrtschiffe kennengelernt hatte.
Von weitem konnte ich die gemütlichen Klappliegestühle der Strandperle erkennen. Die meisten waren frei, normale Menschen waren auf Arbeit an diesem Mittwochnachmittag. War Antonio schon da? Ich scannte das Areal und plötzlich blieb mein Herz kurz stehen.
In einem der Liegestühle saß ein gutaussehender Typ mit Designerjeans und weißem Hemd. Die Ärmel hatte er hochgekrempelt, den Kopf angelehnt. Die Augen waren hinter einer stylischen Sonnenbrille verborgen: Antonio. Ich hatte fast vergessen, wie verdammt attraktiv er war. So elegant, wie es auf Sand eben möglich ist, ging ich auf ihn zu. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Als ich nur wenige Meter entfernt war, hob er den Kopf und schob die Brille ins Haar. Seine tiefblauen Augen trafen mich mitten ins Herz. Ein Lächeln breitete sich um seine Mundwinkel aus.
„Ciao Bella.“
„Ciao Antonio.“ Meine Stimme klang gepresst. Verdammt, konnte ich nicht locker bleiben?
„Come stai?“ Er erhob sich geschmeidig wie eine Raubkatze aus der bequemen Liegeposition und begrüßte mich mit den obligatorischen Küsschen auf die Wange. Ich sog den Duft seines holzigen Aftershaves ein und sofort wallte die Lust in meinem Unterbauch empor.
„Bene grazie, e tu?“
„Tutto a posto, grazie. Cosa vuoi bere?“
Ich lächelte. Meine rudimentären Italienischkenntnisse waren am Limit. „Eine Rhabarberschorle.“
Er nickte, setzte die Sonnenbrille wieder auf und drehte sich auf dem Absatz um. Während er zur Bar ging, betrachtete ich seinen knackigen Hintern. Ja, ich konnte mich schon verstehen. Er bewegte sich so leichtfüßig, als habe er im Sand das Laufen gelernt. Hatte er vermutlich auch. In ein paar Metern Entfernung renkte sich ein Mädel den Hals nach ihm aus. Ich verkniff mir ein Grinsen und setzte mich auf seinen Liegestuhl.
Mit den Getränken in der einen Hand kam Antonio zurück, mit der anderen Hand zog er einen zweiten Liegestuhl heran und ließ sich darin nieder. Er hielt mir die Rhabarberschorle hin und wir stießen mit den Flaschenböden an. Es fühlte sich vertraut an. Unsere Stühle standen nicht weit auseinander, aber ich wäre ihm gern näher gewesen. Am liebsten hätte ich mich auf seinen Schoß gesetzt und ihm sanft die Brille ins Haar geschoben, um ihm in die Augen zu sehen, bevor ich ihn küsste. Waren das die Mutterhormone?
Er lehnte den Kopf an und hielt das Gesicht in die Sonne. Wie konnte er nur so entspannt sein? Die Flasche hatte er neben sich in den Sand gestellt, die Arme vor der Brust verschränkt. Was sollte mir diese Geste der Distanz sagen? Vermutlich würde er es mir nicht leicht machen.
Mein Herz wummerte und meine Sinne waren hellwach. Hinter uns diskutierten zwei Mädels darüber, ob man um diese Uhrzeit schon Alkohol trinken konnte. Von etwas weiter weg drang eine stümperhaft gespielte Gitarre an mein Ohr. Kein Vergleich zu den Jungs aus der Crew, die manchmal nachts auf dem Vorschiff der Golden Crown geübt hatten. Und wir lagen ein paar Decks höher, eng aneinandergekuschelt und schauten in die Sterne, nachdem wir uns geliebt hatten. Er war so ein unglaublich guter Liebhaber. Kurz bevor er zum Höhepunkt kam, wurden seine tiefblauen Augen immer eine Spur heller.
Ich sah zu ihm herüber. Antonio hatte noch immer die Sonnenbrille auf der Nase und deutete mit der Flasche in Richtung Elbe. Ein Kreuzfahrtschiff mit Kussmund schob sich gerade flussabwärts.
„Ich hätte nicht gedacht, dass die großen Pötte auch nach Hamburg fahren“, sagte er.
„Na hör mal, wir sind doch hier kein Provinzhafen.“
Das Frotzeln tat gut und doch war alles anders. Eine kleine Wölbung zeichnete sich dank der Liegestuhl-Position unter meinem Oversize-Pullover ab.
Sein Kopf war zu mir gewandt, vermutlich musterte er mich hinter der Sonnenbrille, während ich die Nase in die Sonne hielt und ihn aus dem Augenwinkel beobachtete.
„Wie geht es dir?“, fragte er erneut und nahm die Brille ab. Ich war kurz davor, im Meerwasser seiner Augen zu versinken und senkte rasch den Blick.
„Gut, danke, ich habe ein bisschen zugelegt.“ Ich lachte unbeholfen.
Antonio legte seine Hand auf meinen Bauch. „Bewegt er sich schon?“
Ich schüttelte den Kopf. Obwohl wir uns noch vor ein paar Monaten an ganz anderen Stellen berührt hatten, kam mir diese Berührung intimer vor als alles, was bisher zwischen uns gewesen war.
„Ich möchte für dich da sein“, sagte Antonio. Seine Stimme klang warm und weich.
Als ich nicht antwortete, zog er die Hand zurück und fragte vorsichtig: „Hast du ein Bild?“
Sein Interesse rührte mich. Ich kramte in meiner Handtasche und zog den blauen Mutterpass hervor. Die Ultraschallbilder hatte ich in die Schutzhülle gesteckt, das jüngste lag obenauf.
„Das ist von gestern“, sagte ich, während ich das Bild herauszog. Ich zitterte ein wenig, als ich den Arm ausstreckte. Unsere Hände berührten sich für einen Funkenschlag.
Er sah mir in die Augen, bevor er sich in das Bild vertiefte. Rasch wanderten seine Mundwinkel nach oben. „Habe ich doch gesagt, dass es ein Junge ist.“
Ich sah ihn empört an.
Er tippte auf das Bild. „Na hier, das ist doch eindeutig ein Penis.“
„Das ist sein Arm, Antonio.“
„Du hast sein gesagt. Also habe ich Recht, oder?“ Er grinste wie ein Honigkuchenpferd.
Ich musste lachen. „Ja, hast du“, gab ich zu.
Weißt du wie viel Jennifer tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt?
Die Reiselust haben die Protagonisten und Jennifer gemein.
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
Julie: „Jennifer hat am Anfang ihres Autorendaseins etwas gebraucht, um sich von mir zu emanzipieren?“
Katja: „Hä? Julie, du bist eine Figur, Jennifer ist die echte Person. Ich finde ja, dass Jennifer mir viel ähnlicher ist als dir.“
Julie: „So ein Nonsens, ich bin Journalistin, genau wie sie. Und einige der Erlebnisse an Bord in „Zwischen Meer und Sternen“ – naja, lassen wir das.“
Katja: „Ach ja? Meine Schwangerschaft hat sie sich doch auch ausgedacht.“
Julie: „Jedenfalls kann sie in letzter Zeit ganz schön nervig sein. Wenn sie immer fragt: ,Und wie fühlst du dich jetzt?‘ Oh Mann, ich komme mir manchmal vor wie beim Psychologen.“
Katja: „Selbstreflektion tut dir ganz gut. In „Verliebt in einen Mörder“ hast du eindeutig bewiesen, dass du in diesem Punkt Nachholbedarf hast. Vielleicht solltest du Jennifer mal zeigen, wie weit du inzwischen gekommen bist.“
Julie: „Das weiß sie doch selbst. Du wärst auch weit gekommen, wenn man dir Mann und Job an einem Tag weggenommen hätte. Die hat sie doch nicht mehr alle.“
Katja: „Mir hat sie ein Kind zugeschustert, obwohl sie genau weiß, dass Reisen mein Lebensinhalt ist. Aber davon lasse ich mich doch nicht unterkriegen.“
Ein Nordlicht auf Sizilien: „Mädels, ist jetzt mal gut? Ihr könnt froh sein, dass eure Freundschaft mehrere Bücher überdauert! Gemeinsam schafft ihr alles.“
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Anfangs wollte Jennifer unbedingt etwas finden, das so ähnlich klingt wie der Titel vom letzten Buch „Zwischen Meer und Sternen“. So sollte klar werden, dass wir zusammengehören. Aber „Zwischen Hamburg und Palermo“ klingt langweilig. Meinen Vorschlag „Zwischen Pasta und Pannfisch“ hat sie ignoriert. Sie sagt, „Ein Nordlicht auf Sizilien“ kitzele den Konflikt besser heraus: Die gebürtige Ostfriesin Katja fühlt sich in Sizilien fehl am Platz. Man sieht eben nur sehr selten Nordlichter im Mittelmeerraum.
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdest du nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Mit dem Titel kam auch schnell die Coveridee Nordlichter über Sizilien zu zeigen. Ich liebe den Entwurf von Grit Bomhauer. Und meine Farben passen perfekt in den Frühling.
Kannst du uns vielleicht auch schon verraten, ob der Autor viele echte Plätze eingebaut hat oder ob die Orte im Buch der Fantasie entspringen?
Als Reisejournalistin hat Jennifer alle Orte, über die sie schreibt, selbst besucht und dort intensiv recherchiert. So werden sie richtig lebendig im Text. Ich bin stolz darauf, ein echter Kosmopolit zu sein.
Zum Abschluss würde mich noch dein Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
„Das Glück kitzelte meine Nasenspitze.“
Nun betritt die Autorin wieder das Zimmer und blickt mich ungläubig an. Scheinbar ist es selbst in Autorenkreisen nicht üblich, dass das Buch antwortet. Leise flüstere ich dem Buch noch zu: »Danke für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht.«
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Alle meine Fragen sind beantwortet, ich danke dir für den sehr interessanten Tag bei dir.«

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