Montag, 17. Januar 2022

[Autoreninterview] Gepo Lynx

Autoreninterview
Gepo Lynx

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Ich habe so ungefähr fünf verschiedene Vorstellungen, je nach Anlass und Buch, daher ist das gar nicht so einfach ;) Das Pseudonym Gepo Lynx ist für alle meine queeren Bücher. Ich schreibe über psychisch erkrankte Charaktere, die Inspiration dafür ist mein Alltag, denn im echten Leben bin ich Psychiater. Wenn ich etwas Neues lerne und mich viel damit beschäftige, kommt am Ende oft auch ein Roman nebenher dabei raus.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich hatte einen Stift in der Hand und dann... Scherz beiseite, ich schreibe, seit ich schreiben kann. Anfang meiner „Karriere“ waren Gedichte (anderes Pseudonym), dann kamen Kurzgeschichten (auch anderes Pseudonym) und schließlich Bücher. Heutzutage schreibe ich meistens queere Literatur oder Fachliteratur (die auch mit anderem Pseudonym). Ich habe das quasi nie nicht gemacht. Ich liebe es einfach.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Ich lasse mal die vielen Kurzgeschichten und Sammelbände weg und nehme nur die Romane:
Tote Gesellschaft: Es geht um den 17-jährigen Schüler Maik, der infolge der Gewalt seines Vaters und Armut selbst am Rande der Gesellschaft steht. Ein engagierter Lehrer und sein Änderungswille bringen ihn auf einen guten Pfad – leider übersieht er mit der rosa Brille alle Warnzeichen, dass mit dem Engagement dieses Lehrers etwas nicht stimmt. Als 1/3 Bänden im Wagner Verlag erschienen wird diese Buchreihe im MAIN Verlag neu aufgelegt werden.
Ethik der Sünde: Da mir der Klappentext sehr gut gefällt, gibt es den: Xavier, ein sehr erfolgreicher Anwalt für Wirtschaftsrecht, trifft auf einer Geschäftsreise den wesentlich jüngeren Riley. Trotz seiner selbst nicht ganz reinen Weste erschüttern ihn Rileys Lebensumstände. Kurzentschlossen nimmt er ihn mit nach London und gibt ihn als seinen Sohn aus. Das Zusammenleben dort zeigt ihm in wenigen Tagen, warum er seit über fünfzehn Jahren keine Beziehung mehr eingegangen ist: Er hasst Menschen, sich selbst inklusive, und wird unter Stress gewalttätig. Seine Moralvorstellungen zwingen ihn zu verschiedenen Entscheidungen, die seinem Herzen widersprechen. Weder wollte er seinen absolut heißen Therapeuten abschießen noch die Vaterrolle für einen hormonell gesteuerten Teenager übernehmen. Doch da hat er die Rechnung ohne Riley gemacht - der hat nicht im Geringsten vor, für Xavier ein Sohn zu sein
Mein Leben als drittes Rad am Wagen: Ling ist kein normales Kind. Sein sorgeberechtigter Bruder ist kein anderer als Tashi Wáng, Chef der Wáng Cooperation. Doch der Luxus geht auch mit Gefahren einher. Als Tashi von seinen Feinden um Firma, Ruf und Freiheit gebracht wird, tritt als Retter genau der junge Mann auf den Plan, den der erfolgsverwöhnte Geschäftsmann als „den größten Idioten der Welt“ betitelt hat. Für Ling beginnt ein Leben als Ziehkind von zwei Männern, die sich spinnefeind sind.
Mal eine andere Perspektive auf eine schwule Beziehung, denn dem chinesischen Teenie ist das alles sehr suspekt, was diese zwei halbgaren Erwachsenen da veranstalten.
Tanz des roten Teufels: Nurasyl ist ein kasachischer Tänzer, der mit seinen gerade mal 24 Jahren auf der Intensivstation landet und dort die Diagnose einer Immunschwäche bei HIV-Infektion, also kurz vor dem Stadium AIDS, erhält. Zwar schafft er es, wieder zu gesunden, aber kann sich die Medikamente kaum leisten, sodass sein bester Freund Dimitrij ihm hilft, in Deutschland – diesmal ohne Prostitution – Fuß zu fassen. Dort lernt Nurasyl den Dom Markus kennen, zu dem er sich zwar unglaublich hingezogen fühlt und der sogar mit dem HIV-Status klarkommt, aber … Beziehungen haben ihn seit jeher überfordert. Dass Dimitrij in Deutschland auftaucht und weiter mit ihm schlafen will, macht das Ganze irgendwie auch nicht einfacher.
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Absolut! Der aktuelle Arbeitstitel ist „Im Zeichen Heels“ und handelt von einem Psychiatrie-Assistenzarzt auf der Psychosestation (diesmal ist der Hauptcharakter mal psychisch stabil, nur halt alle anderen nicht). Er sieht in kurzer Zeit sehr viel sehr komisches Zeug, aber womit er nicht gerechnet hat, ist, dass seine drei religiös Wahnhaften ernsthaft ein Tor in die Hölle mitten auf der Station geöffnet kriegen. Ein Darkfantasy-Roman mit einem asexuellen Hauptcharakter und einem sehr (ver)queeren Engel.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Lesen. Jedes Interview denke ich mir wieder, dass meine Antworten wie aus dem 1x1 für Autoren klingen, aber es ist die Wahrheit T.T Wenn ich nicht lese, schreibe ich. Manchmal mache ich noch Cosplays oder koche. Das war es mit Hobbys.
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Da gibt es viele Klassiker, die ich gern lese, ansonsten natürlich viele Mitautoren aus dem Genre. Jobst Mahrenholz oder Jona Dreyer lese ich gern, da beide schwierige Themen nicht scheuen, aber sie spannend und mitreißend verpacken. Ansonsten mag ich die Krimis von Magdalena Fritz. Es gibt noch ganz viele andere, die ich toll finde, aber das wird sonst sehr ausschweifend ;)
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Überall, wo ich Strom und Zeit habe, ich schreibe am Laptop. Meistens in der Bahn, im Bett, im Urlaub, manchmal am Strand, im Cafe, im Hotelzimmer (in der Klinik, wenn man mal nicht 24h durchgehend arbeitet...). Wo auch immer ich halt Zeit finde. Der Laptop ist immer dabei.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Aufwachen, Arbeiten, Hausarbeit, Lesen, Schlafen und betrauern, dass keine Zeit zum Schreiben da war.
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Ich lese, was ich schreibe. Die einzige Ausnahme sind historische Romane. Ich schreibe zwar auch gern Historisches, aber bisher vor allem Fanfictions und nicht Romane. Das ändert sich bestimmt noch, aber aktuell schreibe ich vor allem fremde Kulturen in meine Bücher, nicht auch noch andere Zeitalter.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
Dazu vielleicht ein Gedicht von Mikis Theodorakis:
Ein Dichter hier braucht keinen Mut
Bei uns wird ihn kein Zensor binden
Er darf sogar ganz frei erfinden
Und das verkauft sich auch noch gut
Ein Dichter hier braucht keinen Mut
Es sei er spricht in aller Klarheit
In seinem Buch nichts als die Wahrheit
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Deutschland ist schon ganz nett, ich lebe gern hier. Japan wäre für mich sogar noch etwas schöner, aber nur, wenn ich all meine Freunde mitnehmen könnte. Ich mag die Ordnung, die Sauberkeit, die Regeln (und dass Leute sich daran halten), das entspannt mich.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Absolut! Das war nicht immer so, das gebe ich zu, aber mittlerweile ja. Am Anfang hat mich Kritik (auch wirklich gute) zum Weinen gebracht, aber mittlerweile begrüße ich sie sehr. Es geht so weit, dass ich mich manchmal sogar freue, wenn man mich beschimpft oder mir Vorhaltungen macht, weil ich auch daraus manchmal gute Rückmeldung ziehen kann. Natürlich ist mir konstruktive Kritik aber am liebsten, ich bin kein Masochist.
Warum hast du dich entschieden zu einem Verlag zu gehen und nicht Selfpublisher zu werden?
Ich habe weder die Zeit noch die Ausdauer für Self-Publishing. Ich brauche meinen Verlag für die Organisation, die Werbung, die Unterstützung und vor allem für die tolle Autorengemeinschaft. Das kann man alles als Self-Publisher auch haben, aber es braucht wesentlich mehr Aufwand.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Ich bekam zuletzt vermehrt Kritiken und Nachrichten, dass der entsprechende Leser – trotz Ankündigung, dass der Hauptcharakter psychisch erkrankt ist – schockiert war, als dass dann wirklich so war und man das als Leser auch mitbekam. Da ging es um mehrere Leser, kein Einzelfall. Also habe ich gerade das Bedürfnis, darauf hinzuweisen, dass die Warnungen im Vorwort meiner Bücher ernst gemeint sind. Nur „Ethik der Sünde“ hat kein entsprechendes Vorwort, also hier nochmal der Hinweis: Ich schreibe wirklich über psychisch erkrankte Charaktere. Das ist kein Scherz und kein Euphemismus.

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