
Unfassbar.
Wirklich unfassbar.
Zähneknirschend polterte ich die
Stufen hinab, passierte den blöden Salon meines noch blöderen Uropas und trat
hinaus auf die dunkle Straße. Heute würde ich in meinem Geheimversteck
übernachten, so viel stand fest! Wer so eine Familie hatte, brauchte keine
Feinde mehr. Die konnten mir gestohlen bleiben, aber so was von!
Grummelnd und murrend schloss ich
mein Fahrrad ab und wollte gerade abdampfen, als mein Blick auf einen
leuchtenden Punkt im Laden fiel.
›Nanu?
Was ist das denn?‹
Verunsichert trat ich ans
Schaufenster und spähte hinein.
Mein Cousin Montgomery hatte sich in
einem der Friseurstühle zusammengerollt und schien tief zu schlafen – mit
brennender Kippe im Mund.
›Der
spinnt wohl?‹
Genervt schloss ich mein Fahrrad
wieder an und stapfte zurück in den Laden. Dort schaltete ich das Licht ein und
rüttelte meinen Cousin an der Schulter. »Hey! Wach auf!«
Monty brummte leise und drehte sich
schmatzend zur Seite. Dabei fiel ihm die Fluppe aus dem Mund und landete direkt
auf seinem Schoß.
Sogleich brannte die Glut ein Loch in
seine Jeans. Ich schnappte mir den Glimmstängel und schlug die Funken hastig
aus.
»Bist du irre? Willst du den ganzen
Laden abfackeln, du Vollidiot?«
Ich lag zwar im Klinsch mit meiner
Familie, hatte aber nicht vor, Urgroßvaters Lebenswerk in Rauch aufgehen zu
lassen. Daher drückte ich die Kippe in einem der Aschenbecher aus – unsere
Kundschaft paffte gern während ihres Spa-Erlebnisses –, bevor ich einen
weiteren Versuch wagte, die alte Schnarchnase zurück ins Land der Lebenden zu
holen.
»Montgomery!«
Statt aufzuwachen, rülpste der
Mistkerl mich an. Ich kniff die Augen zusammen. Seine Alkoholfahne war so
beißend, dass mir fast die Tränen kamen.
»Boah, wie du stinkst!« Ich zog die
Nase kraus. »Hast du in Wodka gebadet oder was?«
›Pff!
Diesen Säufer lassen sie nachts
allein, aber ich bin nicht bereit für meinen eigenen Salon. Schon klar! Was hat
dieser Blödmann um diese Zeit überhaupt in Uropas Laden zu suchen?‹
Frustriert grollend ließ ich meinen
Blick umherschweifen.
›Wie
sieht’s hier überhaupt aus? Ich sollte dieser Pfeife eins mit dem Besen
überziehen.‹
Haare und Staubflusen wirbelten durch
die Luft, wann immer ich mich bewegte. Der Boden war voller Seifenschlieren und
auf dem Tresen türmten sich leere Shampoo-Flaschen, die offenbar nicht mehr in
den überfüllten Mülleimer gepasst hatten. Fauliger Geruch quoll daraus hervor
und mischte sich mit der scharfen Note unseres Rasierwassers.
Bäh! Was hatte Monty hier bloß
getrieben?
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