„Ich erinnere mich, als ich 18 oder 20 war, hielt ich Männer
für eine ziemlich überflüssige Erfindung, nur dazu gut, Frauen bei ihrer
Karriere im Weg zu stehen.
Natürlich ändert man Ansichten, die man in seiner Jugend
hatte, im Lauf des Lebens, und wenn man erst einmal 30 ist, beginnt man sich
sogar zu fragen, ob man nicht vielleicht doch etwas versäumt hat, wenn man auf
der Straße jungen Frauen mit überquellenden Einkaufstaschen und brüllenden
Babys in Kinderwägen begegnet.
Allerdings wird es mit zunehmendem Alter immer schwieriger,
den richtigen. Mann zu finden. Ich weiß das aus eigener Erfahrung: Ich hatte es
satt, alleine zu leben. Ich pfiff auf meine Selbstverwirklichung. Ich wollte
abends nach Hause kommen und irgendetwas haben, woran ich mich kuscheln konnte.
Damit begann meine Suche nach meinem Traummann.
Nachdem ich im Geist sämtliche Männer meines
Bekanntenkreises durchgegangen war und samt und sonders als ungeeignet abgehakt
hatte, kam ich auf die Idee, Kontaktanzeigen in Zeitungen zu lesen.
Kontaktanzeigen sind wie ein menschlicher Supermarkt: Ich dachte mir, ich
studiere die Angebote und suche mir aus, was mir am besten gefällt.
Für mein erstes Rendezvous ging ich sogar zum Friseur und
kaufte mir ein neues Kleid. Es entging mir, dass ein Mann, der mich nicht
kannte, auch meine alten Kleider nicht kennen konnte.
In der Anzeige hieß es: „Sportlicher Mittvierziger, sensibel
und anlehnungsbedürftig, mit viel Familiensinn, sucht gleichgesinnte
Ansprechpartnerin zwecks gemeinsamer Freizeitgestaltung.“
Ich erträumte mir eine romantische Segelpartie im Stil von
Grace Kelly und Bing Crosby in „Die Oberen Zehntausend“, ein leises „True Love“
im Hintergrund.
Ich traf einen Zwerg.
(aus „Der Traummann“, in der Anthologie „Liebe & Co“)
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