Buchvorstellung einmal anders
Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das Buch der Autorin „ÜberLeben LebensWert – Ein moralische Dilemma“, um schon ein bisschen hineinzulesen. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Jetzt ist sie weg, dann interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«
Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Also, dann lege ich mal los. 😊 Doch da klettern noch zwei Protagonisten aus dem Buch und setzen sich zu uns.
Wer seid ihr denn? Wollt ihr euch den Besuchern des Blogs vorstellen?
Herzlich Willkommen, Karo und Alina. Wollen wir das Interview nun zu viert machen?Karo: Hi, ich bin Karo, wahrscheinlich die Protagonistin in der Geschichte. Ich bin Streetworkerin und versuche suchtkranke Jugendliche von der Straße zu holen. Und ich bin Mutter, eines kranken Sohnes.Alina: Alina. Ich hab wohl ziemlich viel Mist gebaut in meinem Leben. Das wollte ich nicht.
Hallo, danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.Karo: Klar.Alina: Hm.
Karo und Alina haben wir schon kennengelernt. Kannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?Karo: Sehr gern.Alina: Hm.
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da ihr ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten müsst, könnt ihr uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Seht ihr es als Protagonisten genau so?Buch: Puh, harter Tobak. Ich bin voller tragischer Charaktere, wir schauen zusammen hinter die Fassaden, warum die Menschen so sind, wie sie sind. Niemand ist freiwillig auf der Straße, niemand ist freiwillig süchtig. Und doch gibt es so viele, die so leben.Ich bin keine voyeuristische Milieustudie, in mir geht es um gesellschaftliche Dynamiken und es geht darum, das um Hilfe zu bitten keine Schwäche ist, sondern eine Stärke.
Buch: Agatha hat ein gutes Herz, sie zeigt es nur nicht gern. Letztendlich weisen wir auf Missstände hin und das ist nicht romantisch. Aber sie hat immer das beste mit uns im Sinn. Nur zaubern kann sie auch nicht.Habt ihr eine Lieblingsstelle, die ihr uns gerne vorstellen würdet?
Wisst ihr wie viel Agatha tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Habt ihr dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmt ihr dem Buch zu?Karo muss lachen und prostet zurück, ebenfalls mit abgespreiztem kleinen Finger. »Ich glaube nicht an Gott, ich glaube auch nicht an Schicksal, ich glaube an mich und daran, was ich aus meinem Leben mache.«»Starke Worte, aber bist du wirklich so stark? Oder ist das die starke Frau, die du gern wärst?«Karo schaut Karl mit großen Augen an und neigt spöttisch den Kopf. »Vielleicht bin ich noch nicht die starke Frau, die ich gern wäre. Aber je öfter ich es sage, es mir einrede, umso realer wird es.«Karl lacht. »Dafür ehrlich.«Karo nickt.Er hakt nach: »Und was hast du aus deinem Leben gemacht?«Karo zieht ihre Augenbrauen zusammen. »Wie meinst du das?«»Na, du hast doch gesagt, du glaubst nur an das, was du aus deinem Leben machst. Deshalb frage ich dich: Was hast du aus deinem Leben gemacht? Wenn ich dir zu nahe trete, sag es.«Karo schüttelt den Kopf. Ihre Locken fallen ihr ins Gesicht. »Du hast ja recht, ich hab mit dem leicht-fertigen Spruch angefangen.« Sie greift an ihren Kettenanhänger. »Was habe ich aus meinem Leben gemacht?« Sie schaut Karl in die Augen und zuckt mit den Schultern. »Vielleicht ist die Frage besser: Was hat das Leben aus mir gemacht? Ich widme mein Leben anderen. Ich versuche zu helfen, mich einzusetzen. Andere zu schützen. Ich gebe damit meinem Leben einen Sinn.«»Klingt ehrenhaft. Und wie vielen hast du schon geholfen? «»Nun wird es aber hanebüchen! Man kann nur denen helfen, die Hilfe wollen. Es wird auch viel Hilfe präventiv gebraucht. Wenn ich mich klonen könnte, wäre ich zusätzlich Erzieherin. Ich würde schon bei Kindern die Resilienz fördern. Zum Glück gibt es da mittler-weile sehr gute Angebote. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Ich arbeite mit dem Scherbenhaufen, der sich während der Pubertät aufgebaut hat.«»Warum gerätst du in Erklärungsnot?«Karo schüttelt den Kopf. Die Locken kitzeln sie an der Nase. Sie steckt ihre Haare neu zusammen. »Was? Ich versuche, auf deine Fragen zu antworten. Mein Job ist nicht so leicht. Mein Leben auch nicht.«Karl lächelte wieder. »Du sagtest, du lebst dein Leben und gibst selbst deinem Leben Sinn, aber wenn ich näher frage, rechtfertigst du dich.«»Ich rechtfertige mich vor niemandem«, schnaubt Karo entrüstet. »Ich tue alles aus tiefster Überzeugung. Mir ist schon klar, dass mein selbstbewusstes Auftreten oft genug nur eine gelungene Täuschung ist. Ich möchte unnahbar sein, aus Angst, dass mir jemand zu nahe kommt, aus Angst, dass diese Nähe mich verletzt. Oft wünsche ich mich unsichtbar. Aber wenn einem Respekt und Vertrauen entgegengebracht werden, dann wird man stark. Meine Stärke ist es, meine Schwächen zu akzeptieren.« Sie nimmt einen Schluck Wein. »Warum kann die Gesellschaft nicht Respekt, Moral und Mental Health als oberstes Credo setzen, statt Egoismus, Gier und Ellenbogen?«
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?Karo: Agatha hat mich am Anfang skizziert. An mir wurde viel radiert, bis ich hab das Zepter selbst in die Hand genommen.Alina: Mich hat sie eigentlich auch von Anfang an selbst entwickeln lassen. Hier und da hat sie mich ermutigt, etwas mehr aus mir herauszugehen. Ich finde, ich bin sehr gut geworden.Buch: In jedem steckt etwas Agatha, im einen mehr im anderen weniger. Einige Szenen hat sie so ähnlich selbst erlebt oder sind in ihrem direkten Umfeld so passiert.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?Buch: Lahmarschig.Karo: Was?Buch: Naja richtig zu Potte kam sie nicht.Karo: Ist ja auch ein schwieriges Thema. Sensibel. Und sie ist verdammt respektvoll damit umgegangen. Sie hat ständig eine Extrarunde gedreht, um niemanden auf den Schlips zu treten.Buch: Das stimmt. Der Plot ist wie eine Zwiebel gewesen, Stück für Stück hat sie freigelegt, mit dem ein oder anderen Tränchen.Alina: Ich find sie hat Mut. Alle schauen bei diesen Themen nur weg. Sie hört zu und schaut hin.Karo: Und Ideen hat sie! Ein ganzes ÜberLeben~Universum baut sie auf. Und nur schwierige ThemenBuch: Ja, das nächste Buch geht auch schneller.Alina: Ich find sie nett.Karo: *lacht* Ja, sie kann auch nett sein.Buch: Warum? Sie ist doch nett. Vielleicht etwas chaotisch.Karo: Und direkt.Buch: Das hat sie von dir.Karo: Hey…Buch: Also fassen wir zusammen: Agatha Huxley ist eine großartige Frau :DKaro: Auch wenn sie ständig alles in Frage stellt. Und überall nachfragt. Und während sie die Fragen formuliert, beantwortet sie sie sich selbst.Alina: *hihi* ja, neugierig ist sie.
Seid ihr zu 100% zufrieden mit dem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?Buch: Der Titel steht bei ihr immer am Anfang. Er kommt aus dem Nichts und dann schreibt sie darum.Karo: Bei dem nächsten Buch aus der ÜberLeben-Reihe war zuerst die Idee, bzw die Ideen.Buch: Das ist ja was anderes. Das hat sich aus der geschichte heraus so entwickelt. Aber Agatha schreibt gerade eine Novelle aus einem ganz anderen Genre – einen Beziehungsroman, das stand auch erst der Titel.Alina: Ja aber der Titel passt ja jetzt schon nicht mehr zur Geschichte.Buch: Das stimmt. Da bin ich auch schon gespannt, wie meine kleine Schwester dann heißen wird.
Zum Abschluss würde mich noch euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.Buch: Tja, so leicht geht das nicht. Das Cover ist cool.Karo: Hey, sie ist sogar ihren Marketingfarben treu geblieben.Alina: Ich mag das Cover.Buch: Ja, das Cover ist toll. Aber es löst keinen erhöhten Puls aus.Karo: Es geht um den Inhalt. Es ist genau richtig, das es so schlicht ist.Buch: Sagt ja niemand was. Aber jetzt mal ehrlich. Es wird kein Cover-Kauf.Alina: Doch. Der Titel überzeugt. Es geht ja um den Titel.Buch: Ja, ohne Frage, der Titel ist fantastisch. Aber jetzt mal ehrlich. Das ist ein Debüt, Agatha wird sich im Laufe der Zeit (weiter) entwickeln. Aber jetzt, zu diesem Zeitpunkt, ist es super.
Nun betritt die Autorin wieder das Zimmer und blickt mich ungläubig an. Scheinbar ist es selbst in Autorenkreisen nicht üblich, dass das Buch und seine Hauptcharaktere antworten. Leise flüstere ich den beiden, bevor sie wieder ins Buch zurückkehren, und dem Buch noch zu: »Danke für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht.«Karo: Heute ist es nicht mehr nur das Wegsehen. Heute ist es eine Unkultur des Ergötzens, des Voyeurismus. Man gafft und schaudert wohlig angesichts des Leidens anderer. Das bringt Schwung in das eigene unbedeutende Dasein.Die meisten suchen die Schuld bei anderen. Ich suche die Schuld der anderen bei mir.Warum kann die Gesellschaft nicht Respekt, Moral und Mental Health als oberstes Credo setzen, statt Egoismus, Gier und Ellenbogen?
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Alle meine Fragen sind beantwortet, ich danke dir für den sehr interessanten Tag bei dir.«
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