Mittwoch, 23. Juni 2021

[Buchvorstellung einmal anders] Schrank mit Ausblick von Irvin L. Kendall

  


Buchvorstellung einmal anders

Heute treffe ich mich mit dem Autor Irvin L. Kendall, um mit ihm über sein Buch „Schrank mit Ausblick“ zu sprechen.

Hallo, danke, dass du heute Zeit gefunden hast, um für dein Buch zu antworten.
Ich freue mich, hier zu sein. 😊
Kannst du uns dein Buch in möglichst wenig Sätzen beschreiben?
„Schrank mit Ausblick“ hat zwei Handlungsstränge – zum einen geht es um den Mord an Deans Großmutter und wie sich das auf seine Familie auswirkt, zum anderen um seine Liebhaber -, die in der Rahmenhandlung des „Schranks“ stattfinden.
Für die, die sich damit nicht so auskennen – „im Schrank sein“ bedeutet in der LGBT*-Community, dass man die sexuelle Orientierung nicht offen lebt. Dean und Jayleen haben dafür einen außergewöhnlichen Weg gefunden und sich durch ihre Ehe auch noch einige Vorteile verschafft. Durch den Mord werden diese Vorteile plötzlich zu einem Motiv …
Außerdem stehen die Schranktüren weiter offen, und einige von Deans Liebhabern melden Ansprüche an. Somit ist es in erster Linie ein Entwicklungsroman, Coming of Age-ähnlich, wenn auch mit älteren Protagonisten.
Deine Charaktere erleben ja so einiges. Fällt es dir leichter sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen?
Ich mag Konflikte am liebsten. Sowohl das eine Extrem, dass alles schön und glücklich ist, als auch, dass alles schwierig und dunkel ist, wird schnell langweilig. Ein Konflikt ist irgendwas dazwischen. In Deans Fall wird er aus der Sicherheit seines sehr bequemen, luxuriösen „Schranks“ gerissen, und das war es, was ich reizvoll fand.
Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest?
Da gibt es natürlich einige. Ich wähle mal eine, in der das Dilemma mit den drei Liebhabern so richtig zum Tragen kommt.
Ich war mit meinem abendlichen Plänen bis zum Dinner gekommen, das ich mit Jayleen auf der hinteren Veranda eingenommen hatte. Die Dating-App wurde mir durch ein Klingeln an der Haustür vermiest.
Neuerdings handelte es sich dabei immer um irgendein Problem. Mein heutiges war Mason.
„Ich dachte, ich überrasche dich.“ Er lächelte strahlend und zauberte einen Strauß Rosen hinter seinem Rücken hervor.
„Oh!“
Die romantische Seite lugte verwirrt aus ihrem Versteck hervor. Die devote schlug einen Purzelbaum und legte sich mit gespreizten Beinen Mason zu Füßen. Nur die dominante fragte, was der Kack sollte.
Fuck! Wieso musste gerade alles ein einziges Chaos sein, bei dem es mir unmöglich schien, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen?
„Das ist … nett von dir“, stotterte ich. „Ich hole besser eine Vase. Geh doch schon mal rüber.“ Ich gestikulierte in Richtung des rechten Turms.
Mit dem Strauß Rosen im Arm huschte ich in die Küche, wo Jayleen das Geschirr wegräumte.
„Das ging aber schnell mit dem Praktikanten“, bemerkte sie. „Beim Essen noch von ihm geschwärmt und – zack – kommt er mit Blumen vorbei.“
„Es ist Mason“, erklärte ich. Wer würde mir sonst auch Rosen schenken? Dunkelrote, die betörend dufteten. Ich schnupperte an einem der zarten Blütenkelche und strich sacht darüber. Es war schon eine sehr … romantische Geste. Aber … „Ich muss wohl mal ein bisschen aufräumen und etwas Ordnung in mein Leben bringen.“
„Ja, wenn Corey auch noch auftaucht und Ansprüche anmeldet, wird es echt voll.“ Jayleen grinste frech.
Corey. Seitdem ich ihn am Montag während der „Totenwache“ abgewimmelt hatte, hatte er mich noch einmal angerufen und mir drei Textnachrichten geschrieben. Ich hatte ihn weggedrückt und ihm nicht geantwortet, dennoch fühlte ich mich verfolgt.
Was in gewisser Weise auch auf Mason zutraf. Wieso kam er unangekündigt vorbei?
Schicksalsergeben ordnete ich die Rosen in einer Kristallvase an und machte mich dann auf den Weg in den rechten Turm.
Da ich Mason unten nicht antraf, ging ich weiter hinauf ins Schlafzimmer und stockte im Schritt, sobald mein Blick auf das Bett fiel.
Heiliger Strohsack! Nelly hing sabbernd in den Seilen. Meine devote Seite war die unzuverlässigste, wenn es um Mason ging. Erst recht, wenn dieser Gott nackt auf meinem Bett lag und sich in den dunkelblauen Satinlaken räkelte.
Wie viel echter Irvin steckt in dem Buch oder auch in dem ein oder anderen Charakter?
Der eine oder andere Charakterzug fließt immer ein, doch im Fall von „Schrank mit Ausblick“ haben die Figuren relativ wenig mit mir zu tun. Ich hatte gewisse Vorbilder im Kopf, die ich geformt und denen ich dann Raum gelassen habe, sich so zu entwickeln, wie sie wollten. Dadurch haben sie sich eher von mir entfernt.
Wie würden dich deine Charaktere beschreiben?
In diesem Fall würden sie mich wohl als großzügig beschreiben, weil ich sie so habe werden lassen, wie sie gern sein wollten. Ich bin sonst recht pedantisch und oft auch etwas zu kühl, aber abseits des Krimiplots habe ich die Zügel lockergelassen. So ist die Sache mit den Liebhabern ganz anders geraten als sie mal angedacht war.
Wann kam die Idee zum Titel? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert?
Ich tue mich oft sehr schwer mit dem Titel, aber in diesem Fall kam er recht früh im Schreibprozess auf und blieb dann auch. Er passt einfach gut.
Bist du zu 100% zufrieden mit dem Cover oder würdest du nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Das Cover war sehr viel schwieriger als der Titel. Was macht man zu einem „Schrank mit Ausblick“? Noch dazu, wenn der „Schrank“ nicht wörtlich gemeint ist? Haut man da echt einen Schrank aufs Cover? Meine Coverdesignerin und ich haben daher nach einem Symbol gesucht und fanden dieses Hochzeitsbild, auf dem sich das Paar eher zögerlich, zweifelnd festhält, passend. Ich habe dennoch lange überlegt, ob es eine gute Wahl ist, denn für Gay Romance ist das ungewöhnlich, und so mancher, der keine GR liest, könnte es für einen Heteroroman halten. Andererseits geht es auch viel um diese Ehe und um die Definition von „Ehe“ an sich. Muss sie immer so aussehen, wie die meisten Leute sich das vorstellen? Insofern denke ich schon, dass das Cover sehr gut zur Geschichte passt.
Zum Abschluss würde mich noch dein Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
„Ich bin für dich einfach ein Mensch. Eine eigenständige Person mit eigenen Vorstellungen und einer eigenen Sexualität, die trotz der Bindung unabhängig von dir existiert.“
Danke für das Gespräch.
Ich danke ebenfalls. 😊

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