Mittwoch, 24. März 2021

[Autoreninterview] Andreas Tietjen

 Autoreninterview

Andreas Tietjen

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Hallo liebe Leser, mein Name ist Andreas Tietjen. Ich lebe größtenteils in einem kleinen Dorf in der norddeutschen Tiefebene. Bevor ich mich ganz dem Schreiben zugewandt hatte, war ich schon Maler, Kunsttherapeut, Musiker und Chef einer eigenen Firma. Ich leide unter einer unheilbaren Krankheit: Dem Fernweh. Zum Glück gibt es dafür (außerhalb der Corona-Zeit) sehr gute Therapiemöglichkeiten, die ich zusammen mit meiner, ebenfalls reisesüchtigen Frau, auf zahllosen Reisen weltweit am Köcheln halte. ;-)
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Wer viel erlebt, kann auch viel erzählen. Nur wollen dem nicht immer alle Freunde und Bekannten zuhören. So fing ich vor etwa fünfundzwanzig Jahren an, Anekdoten, Reiseberichte und Kurzgeschichten niederzuschreiben. Es folgten Kolumnen und Reiseblogs, und schließlich mein erster Roman, der parallel zur Publikation als Taschenbuch, in einem deutschsprachigen Magazin in Thailand in siebzehn Folgen komplett veröffentlicht wurde.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Tod am Mekong (2005) ISBN 978-3-7347-5784-6
Was als ein erholsamer Badeurlaub auf der Ferieninsel Phuket geplant war, entwickelte sich für den Hamburger Architekten Thomas Defries zu einer turbulenten Road-Story quer durch Thailand. Ein Junkie, ein cholerischer Manager, ein thailändischer Hotelboy und, nicht zuletzt, eine Gangsterbande aus Bangkok kreuzen dabei ständig ihre und seine Wege.
Roberts Restaurant (2007) ISBN 978-3-7347-5783-9
Das Restaurant des deutschen Auswanderers Robert Fendrich wird in einer thailändischen Kleinstadt zum Anlaufpunkt der in der Umgebung ansässigen Ausländer. Durch die thailändischen Gesetze zur Untätigkeit gezwungen und mit kaum überwindbaren sprachlichen und kulturellen Verständigungsproblemen konfrontiert, bilden sie in der Fremde eine fragile Schicksalsgemeinschaft.
Dorf Guerilla (2009) ISBN 978-3-8495-7701-8
Ein Wochenendbesuch in seine frühere Heimat entwickelt sich für Andreas Behrens zu einem wahren Horrortrip, mit Gewaltexzessen und völlig irrationalem Verhalten der Bevölkerung. Bei seiner Rückreise ist er auf die Hilfe völlig durchgedrehter Typen angewiesen und verfängt sich immer tiefer in einer surrealen Endlosschleife.
Der Käsesturm (2015) ISBN 978-3-7650-9112-4
Peter Loetsch – Astronom, talentfreier Bestsellerautor und verkrachte Existenz – geht in seiner neuen Heimat Hamburg zufällig seinem alten Studienfreund Ferdinand Rauterberg in die Fänge, der ihn in eine Parallelwelt des Hamburger Großmarkts einführt. Hier schart Maximilian Sturm einen schillernden Kreis illustrer Persönlichkeiten um sich. Die Dekadenz kennt keine Grenzen und reißt so manche Seele in den Abgrund ...
Bangkok Oneway (2016) ISBN 978-3-9577-7068-4
Drei ältere Damen, zwei Vermisste und eine verstümmelte Leiche in der Thailändischen Metropole. Die Touristin Dagmar sucht ihren verschollenen Mann, die kleptomane Hermine ihren Sohn und die Reiseleiterin Ute einen neue Job.
Flugangst … und weitere amüsante Kurzgeschichten (2017) ISBN 978-3-7481-1113-9
Amüsante Kurzgeschichten um Dirk und Tanja, einem typischen, kinderlosen Paar unserer Zeit. Anfang Dreißig, unabhängig, stilbewusst, vielleicht manchmal eine Spur zu materialistisch eingestellt.
Mein unfassbarer Sommer in Sitebüttel (2020) ISBN 978-3948218164
Tim ist siebzehn, sein Onkel holt ihn zu Ferien auf dem Lande ab. Mit Onkels Uralt-Vespa landen sie auf einem Bauernhof. Eine Rockband probt für ein Festival. Oldie-Musik, Schwarzweiß-TV, D-Mark … eine 13-jährige Göre vom Nachbarhof nervt. Tim merkt allmählich, dass hier die Zeit stehengeblieben ist. Tim verliebt sich auf dem Festival in Nele, ahnt nicht, welche Probleme sich nun ergeben werden …
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Ja, ich kann es einfach nicht lassen! Es befinden sich noch sechs angefangene Romane auf meiner Festplatte. Einige von ihnen bestehen bisher lediglich aus einem Plot und mehr oder weniger umfangreichen Skizzen und Notizen.
Ein Roman hat jedoch schon vier Fünftel des angestrebten Umfangs erreicht. Es ist die fiktive Autobiografie eines Jungen aus den Sechzigerjahren, der sich, auf sich alleine gestellt, durch die turbulenten Folge-Jahrzehnte schlägt. Es ist eine spannende Geschichte mit unerwarteten Wendungen und einem dramatischen Ende.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Da gäbe es so viel aufzuzählen! Reisen steht natürlich an erster Stelle. Dann habe ich einen großen Garten, eine liebe Frau und zwei verrückte Katzen. Am allerliebsten fahre ich jedoch mit meinem Vespa-Roller durch die schöne Landschaft, und dann bin ich auch schon mal für ein-zwei Wochen weit weg in ganz Europa.
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Einer meiner Lieblingsautoren ist der leider im letzten Jahr verstorbene katalanische Schriftsteller Carlos Carlos Ruiz Zafón.
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Mein Haupt-Arbeitszimmer besteht aus sechzehn Quadratmetern Chaos. Dort stehen mein Arbeitsgeräte, ein großer Computer, Drucker, Papierschneider, Ringbinder und vieles mehr, umgeben von Wänden voller Zettel, Grafiken und Tabellen. Mein Lieblingsarbeitsplatz jedoch ist ein ringsherum verglaster Holzpavillon weit hinten in meinem Garten. Dort gibt es viel Licht, viel Grün und viel Ruhe … meine Katzen wissen aber, dass auch dieser Pavillon eine eigene Katzenklappe hat!
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Für mich gibt es keine normalen Tage, jeder Tag ist anders. Ich bin jedoch Frühaufsteher und in der glücklichen Situation, mir meine Zeit nach Belieben selbst einteilen zu dürfen. Das Frühstück nimmt davon schon mal bis zu drei Stunden ein.
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Ich liebe erzählende Belletristik, die gerne auch ins Surreale abschweifen darf. Wenn man sich immer nur streng an Logik und Realität halten möchte, dann braucht man keine Bücher zu lesen.
Hast du (A) ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du (B) ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
A: Man darf nie aufhören, sich die Welt vorzustellen, wie sie am vernünftigsten wäre. (Friedrich Dürrenmatt)
B: »Die Zeit erobert man nicht durch Eile, sondern durch Erkenntnis.« (Aus: »Mein unfassbarer Sommer in Sitebüttel«)
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Ausgehend von Thailand, sind die Länder Südost Asiens meine Sehnsuchtsländer. Ich habe viel Zeit in Thailand, Laos Kambodscha Vietnam und Burma zugebracht, habe mehrfach Indien, China, Indonesien und andere Länder bereist. Es folgten Kuba, Kolumbien und die Karibik. Seit ein paar Jahren bin ich auf Entdeckungstour in ganz Europa, und mit Österreich und Spanien habe ich zwei weitere Länder gefunden, in die ich mich ganz heftig verliebt habe.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Kritik, solange sie nachvollziehbar und angemessen ist, ist mir stets willkommen. Ich bemühe mich darum, aus solcher Kritik Lehren zu ziehen.
Warum hast du dich entschieden zu einem Verlag zu gehen und nicht Selfpublisher zu werden?
Ich kenne meine Fähigkeiten und Schwächen, und ich möchte mich vollständig auf das konzentrieren, was ich kann. Eigenlektorat, Korrektorat, Coverdesign und alles, was mit Produktion und Marketing zu tun hat, gehören nicht zu meiner Kernkompetenz. Verlage beschäftigen Profis, die sich hiermit viel besser auskennen als ich. Leser meiner Bücher sollen ein Werk in Händen halten, an dessen Entstehung alle Beteiligten mit größter Sorgfalt mitgewirkt haben. Ich halte jedoch das Selfpublishing für einen wichtigen und legitimen zweiten Weg der Publikation, habe selbst auch schon selbst Publiziert. Man muss sich jedoch sehr gut auskennen, um hier nicht ins Zweitklassige zu geraten.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Ich möchte Leser daran erinnern, dass Autor*innen Menschen sind, die in der gleichen Realität leben wie alle anderen Menschen auch. Sie arbeiten hart, manchmal monate- oder gar jahrelang an ihren Manuskripten. Sind sie mit einem Werk fertig, und tritt dieses Werk seine ungewisse Reise in die Buchwelt an, dann fallen sie meist in ein tiefes Loch. Bisher wurde ihre Arbeit ausschließlich mit professionellen Augen betrachtet, Lob oder Tadel betraf in der Regel sachliche und handwerkliche Aspekte. Doch wie wirkt ihre Geschichte auf die Leser? Welche Gedanken und Emotionen löst das aus, was sie sich erdacht und erarbeitet haben?
Meine Bitte an Leser ist, dass sie, wann immer es möglich ist, Resonanz auf die gelesenen Bücher zeigen. Schreibt Rezensionen, schreibt Emails an die Autoren oder Verlage, sagt es euren Buchhändlern, wenn euch ein Werk gut gefallen hat.
Der Applaus ist das Brot des Künstlers, nicht die paar Euro, die er mit seiner Kunst verdient!

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