Samstag, 6. April 2024

[Schnipseltime] Three little secrets von Bettina Kiraly


 

Eigentlich hätte ich von Anfang an Nein sagen sollen. Gleich bei seiner Frage, ob er mir ein Bier spendieren dürfe. Und das Rauchen habe ich doch schon vor langer Zeit aufgegeben.

Trotzdem lache ich gerade viel zu laut über seinen Witz und lege dabei meine Hand auf seinen Unterarm. Die Flasche Bier ist fast geleert. Die Zigarette zwischen meinen Fingern schenkt mir ein Gefühl der Verwegenheit. »Ich mag deinen Humor.«

»Du weißt gar nicht, wie viel ich an dir mag«, sagt er mit einschmeichelnder Stimme und beugt sich etwas näher.

Das Lachen vergeht mir. Ich ziehe an meiner Zigarette. »Du kennst mich nicht.«

»Ich habe vor, das in den nächsten Stunden zu ändern.« Seine Augen blitzen auf, während er seine Brauen kurz nach oben zieht.

Ein paar Sekunden lang lasse ich den Gedanken zu, dass er die Wahrheit sagt, dass er tatsächlich an mir interessiert ist. »Wie alt bist du eigentlich?«

»Spielt das eine Rolle?«, fragt er zurück.

»Für mich schon.« Auch wenn sein Interesse ein sanftes Kribbeln in meinem Magen entstehen lässt, kann ich den offensichtlichen Altersunterschied zwischen uns nicht ignorieren. Nicht einmal, wenn er bloß aus Langeweile ein paar Minuten mit mir flirten will.

»Dreiundzwanzig.« Er sagt das so leicht dahin, doch ich zucke zusammen.

Dieser attraktive Mann ist zwanzig Jahre jünger als ich. Schon beim Hereinkommen ist er mir aufgefallen. Sein zerzaustes, etwas zu langes Haar, das ausdrucksstarke, sonnengebräunte Gesicht, die Muskeln auf seinem Oberkörper, die sich unter dem Shirt bewegen. Bei meinem Eintreten hat gerade eine kurvige Blondine erfolglos versucht, bei ihm zu landen. Dennoch hat er sich vor ein paar Minuten neben mich auf den Barhocker geschoben. Dank guter Karten im Gen-Poker werde ich oft für jugendlicher gehalten, als ich bin. Seinen Fehler wird er bestimmt bald bemerken.

»Solltest du nicht lieber eine der anderen Frauen hier anbaggern?«, erkundige ich mich.

»Ich mag Frauen, die Dank ihrer Erfahrung genau wissen, was sie wollen.«

Die perfekte Antwort, vorgebracht mit der idealen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Anmache. Und ich will ihm glauben. Ich verliere mich in seinen braunen Augen. Eine Mischung aus Karamell und dunkler Schokolade. Die hellen Flecken in seiner Iris scheinen zu funkeln. »Wie heißt du eigentlich, Romeo?«

»Louis«, antwortet er. »Nicht verwandt mit de Funès.«

»Bist du nicht zu jung, um den Komiker noch zu kennen?« Sein auf meine Frage folgendes Lachen sendet ein Kribbeln über meine Haut. Es klingt so rau, so dunkel, so voller Versprechen.

»Du scheinst mich zu unterschätzen, Julia.«

Ich öffne den Mund, um ihn zu korrigieren. Aber muss er meinen wahren Namen überhaupt kennen? Ist dieser Moment nicht zu magisch, um ihn mit der Realität in Berührung kommen zu lassen?

Seine Augen scheinen zu leuchten, als er sich näherbeugt. »Warum bist du heute allein hier, Julia? Weshalb hat mich nicht schon längst der Mann deines Herzens dafür verprügelt, dass ich mit dir flirte?«

»Vielleicht ist dein Charme nicht so offensichtlich, wie du glaubst.«

»Das wäre eine Schande. Lass mich anders fragen: Wieso sitzt eine wunderschöne Frau wie du an einem Wochentag abends ohne Begleitung in dieser Bar?«

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