Buchvorstellung einmal anders
Ich warte seit einer Ewigkeit auf die Autorin Viola Eigenbrodt, aber sie kommt nicht. Ich setze mich in dem Park auf eine Bank und sehe einen Kindle dort liegen. Da ich von Natur aus, ein neugieriger Mensch bin, nehme ich ihn zu Hand.
Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das darauf enthaltene Buch. Es ist genau das um das es heute gehen soll. „Das phantastische Antiquariat“ von Viola Eigenbrodt. Ich beginne ein wenig darin zu schmökern. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Hast du denn überhaupt keine Fragen? Interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«
Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Als ich gerade beginnen will, läuft Viola auf mich zu und setzt sich zu mir auf die Bank. Nach einer Begrüßung lege ich mal los. 😊
Wollen wir das Interview nun zu dritt machen?
Ich bin bereit :-)Danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.
Liebe Claudia, mit dir zu reden ist uns immer ein VergnügenKannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Ich bin ein Buch mit vielen Seiten – also, es gibt eine Hauptgeschichte und etliche Untergeschichten, die beinahe alle einen Bezug zu einander haben. Das ist der rote Faden. Es ist keine Fantasie mit magischen Wesen (bis auf 2 Ausnahmen), sondern Magie in dem, was mit der Antiquarin und ihrem Leben passiert.In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihm leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Siehst du es als Autorin genau so?
In fast allen diesen phantastischen Geschichten spielt der Zauber der Liebe die Hauptrolle, wobei nicht alle Geschichten ein Happy End haben. Dennoch können sie trösten.Habt ihr Lieblingsstellen, die ihr uns gerne vorstellen würdet?
Weißt du wie viel Viola tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Hast du dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmst du deinem Buch zu?Aus „Der Fluch des Dracheneis“: Die Februarnacht des Jahres 1349 hätte schwärzer nicht sein können, und als wollte der Himmel seine Trauer über das unmenschliche Verbrechen, das unter ihm vor sich ging, bezeugen, regnete es in Straßburg in Strömen. In dieser Nacht wurde ein uralter Fluch erneuert, und es sollte fast 700 Jahre dauern, bis er endgültig gebrochen werden konnte. Unter dicken Wolken hatte sich der Vollmond versteckt, so gut, dass man ihn mehr erahnte, sehen konnte ihn niemand. Apolline Ginsberg, gehüllt in ein dunkelblaues, bodenlanges Cape stand mit tränenlosen, weit aufgerissenen Augen in einer dunklen Ecke zwischen zwei verkoteten Gässchen in der Nähe des noch lange nicht fertiggestellten Münsters. In Scharen befanden sich um sie herum von rasender Barbarei befallene Soldaten, die alles auf den gigantischen Scheiterhaufen aus Menschenleibern warfen, was sich ihnen in den Weg stellte. Die dunkle schmale Gestalt nahmen sie nicht wahr. Sie starrte auf den Ort ihrer Kindheit und Jugend, der sich gerade in Luft auflöste. Rauch stieg auf, als plötzlich ein runder leuchtender Mond sein Licht zwischen von Sturm gejagten Wolkenfetzen auf die brennenden Ruinen ergoss.Auszug aus „Himbeeren“: All diese Geschehnisse zogen vor ihrem geistigen Auge vorbei, als sie einige Jahre später, noch immer kinderlos, im hochglanzpolierten Gestühl des Doms vor sich hin spann. Aufrecht sitzend und fasziniert betrachtete sie das Madonnenantlitz, es brannte sich förmlich in ihr Gedächtnis ein. Eine übernatürlich schöne, zugleich stolze Frau mit einem leicht hochmütigen Ausdruck in den Augen, als wäre sie sich ihrer Einzigartigkeit durchaus bewusst. Sollte sie vielleicht doch einmal zu ihr beten, überlegte Irina und schämte sich gleichzeitig über diesen Aberglauben. Im kühlen Dunkel des ehrwürdigen Gotteshauses vertiefte sich die spirituelle Stimmung der Ehefrau, sie gab ihr nach und faltete die Hände automatisch zum Gebet. Bis auf ein paar alte, schwarz gekleidete Italienerinnen war um diese Uhrzeit, es ging auf die Mittagszeit zu, niemand mehr da, der ihre fromme Anwandlung hätte stören können. Hier, zwischen den hohen Wänden des Doms, direkt neben dem Palazzo Ducale, den sie vorher besichtigt hatte, fühlte sie sich ein wenig klein. Gedanken krochen mit ganzer Macht aus ihrem Unterbewusstsein und eroberten ihren Kopf. Staubfasern leuchteten wieder kurz wie Sternschnuppen in dem Licht, das durch die bunten Fenstergläser auf den Boden fiel. Ihre Hände bedeckten automatisch ihren flachen Bauch. Ich will ein Kind, bat sie in ihrem Herzen, ja, ich will wirklich ein Kind. Irina lächelte unwillkürlich und erhob sich. Ja, sagte alles in ihr, ich will ein Kind. Egal, ob Junge oder Mädchen, ein Kind eben, nur gesund soll es sein, das wünsche ich mir. Sie schaute ein weiteres Mal zum Kirchenfenster, zu der hellen Lichtgestalt, durch die jetzt in diesem Moment die Sonne schien und den roten Mantel wie Blut aufleuchten ließ. Die Dame bewegte den Kopf, wie es der Wünschenden vorkam. Aber – hatte sie wirklich genickt, drehte Irina jetzt vollkommen ab? Weg hier, bevor sie irre wurde.Auszug aus „Das merkwürdige Erdbeerfeld“: Täglich erklomm er die kleine Anhöhe, der für hiesige Verhältnisse mit 186 m als solcher zählte, bei jedem Wetter. Manchmal sah man ihn einen alten Karren hinter sich her ziehen, auf dem ein altertümliches Grammophon stand. Gerne unternahm er diesen speziellen Ausflug bei starkem Wind, der Fetzen von Musik in das entfernte Winchester trug. Die Noten von flotter Tanzmusik aus den 1920er- und 1930er-Jahren schwebten dann wie Vögelchen über die Ebene, um sich auf den Türmen des gotischen Meisterwerks kleine Nester zu bauen. Bis der nächste Wind die Gebilde wieder forttrug, unterhielten sich die Noten mit den Pfeifen der weltberühmten Orgel im Inneren der hohen Kirche und nahmen die eine oder andere Anregung mit zurück zu dem Farmer auf dem Hügel.
Von Viola steckt ganz sicher ihre Lebenserfahrung, ihre positive Grundeinstellung und ihre Fähigkeit zur Beobachtung auf den meisten Seiten.Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
Meine Hauptprotagonistin ist eine alte Frau, die schon viel erlebt hat und der ihre große Liebe plötzlich starb, als beide 60 Jahre alt waren. Trotzdem verzweifelt sie nicht, und steckt ihre Energie in ihre Antiquariat. Bis auf eine narzisstische Mutter gibt es ihrem Leben keine wichtigen Figuren, die negativ sind. Alle haben ihren Spleen und das ist gut so.Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Der stand von Anfang an fest, hat sich allerdings mehrfach verändert. Der Wunschtitel “Das Antiquariat der Träume”, der perfekt gepasst hätte, war leider schon vergeben.Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?
100 Prozent, ein besseres hätte ich mir nicht wünschen können.Zum Abschluss würde mich noch euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
Ohnehin war sie, wie Irina schon während der Pubertät feststellen musste, reichlich eigensinnig. „Ich bin nicht der Meinung, Mutter“, Mutter sagte sie nur, wenn eine Diskussion zu erwarten war, „dass eine Konfirmation nur wegen der gesellschaftlichen Relevanz, also für Eure Gesellschaft, gefeiert werden sollte, wenn derjenige, der konfirmiert werden soll, eigentlich lieber aus der Kirche austreten würde“, überraschte der Teenager eines Tages die Eltern.Die Leute, die an mir vorbeigehen, sehen mich schon komisch an, deshalb höre ich auf zu reden und lächle den Personen einfach zu. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, noch einmal kurz zum Buch »Danke, für deine Geduld und Antworten« zuzuflüstern.
<3Dann wende ich mich der Autorin zu. »Danke dir für das sehr interessante Interview.«
Als Viola weggeht, vertiefe ich mich wieder in das Buch.
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