Samstag, 3. Juni 2023

[Autoreninterview] Bettina Barkhoven


Autoreninterview
Bettina Barkhoven

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Ich bin Bettina, Jahrgang 69 und Lehrerin für Bio und Latein. Ich lebe mit meinem Mann und einigen Tieren in einem alten Haus in Bochum.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Hm, so ganz genau weiß ich das nicht mehr. Es hat sich so peu á peu entwickelt. Als Teenie habe ich Comics gezeichnet (damals total einfache Strichmännchen, heute wäre das wahrscheinlich ganz modern) und zig Romane angefangen, die ich nicht beendet habe (zum Glück). Also, sie sind auch nie über zwanzig, dreißig Seiten hinausgekommen.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
- Der Geist der Zeche ist eine Mini-Anthologie mit drei Geschichten aus meiner Feder. Sie alle spielen in Nordrhein-Westfalen, es soll eine Reihe werden. Im ersten Band ist ein Ruhrgebiets-Märchen mit einer Liebesgeschichte und zwei weitere Liebesgeschichten.
- Der Fuckepott Teil 1 und Teil 2: Mein Debüt-Roman, der in den Neunzigern spielt. Er handelt von einem etwas verkorksten, schwierigen 24-jährigen Typen, der in den Neunzigern seine große Liebe trifft und mit dessen Hilfe seine traumatischen Erinnerungen verarbeiten kann. Der Roman ist auch eine Zeitreise in die alternative Szene der Neunziger im Ruhrgebiet.
- Adventskalendergirl ist eine kurze Adventsgeschichte über eine Studentin, die auf dem Weihnachtsmarkt jobbt, und der hübschen Politesse Ida.
- Oster-Desaster ist eine kurze Ostergeschichte über einen Mann, der seine Familie in Essen besucht und sich in einen One-Night-Stand verliebt. Eingebettet ist das in eine (zum Teil) wahre Geschichte, die in der Essener Gruga spielt.
- Außerdem ist "Das Märchen von den Lichtermädchen und den Stechpalmenrittern" in der Anthologie mit lesbischen Märchen "Ayumi und die Prinzessin der Meere" von Jana Walther erschienen.
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Ich habe die Fortsetzung des Fuckepotts so zu siebzig Prozent fertig. Es ist ein Episodenroman mit sieben Protagonist:innen, die alle schon aus dem Roman bekannt sind. Einen Roman, der im letzten Jahr des Bosnienkriegs spielt, habe ich angefangen, aber ich scheue die Recherche noch ziemlich.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Aufwendiger kochen und ich male gerne am iPad mit ProCreate. Und mit zwei Hunden, fünf Kaninchen und drei Schafen gibt es immer genug zu tun.
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Ich mag sehr die Niederländer:innen, z. B. Jaap Robben, Judith Visser usw. Aber generell lese ich momentan selten bzw. langsam und wenige Bücher im Jahr.
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Meistens in ungesunder Haltung auf dem Sofa oder auf dem Arbeitsweg im Zug.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Wochentags: 5:45 Uhr aufstehen, mit den Hunden gehen, die Kaninchen füttern, zur Arbeit, Unterrichten, genervt nach Hause fahren, entweder erst Kochen und dann mit den Hunden oder umgekehrt, Kochen, Essen, Kaninchen füttern, Schafen was Leckeres bringen (die sind alle schon älter und kriegen täglich eingeweichte Heucobs) und dann so langsam in eine Art Dämmerzustand übergehen. ;-)
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Bei beiden eigentlich nicht so klar zuzuordnende Bücher. Ich habe gerne überall eine Liebesgeschichte dabei, aber so klassische Romances lese ich äußerst selten. Es sollte auch nicht zu "nett" sein und ich mag gar nicht so "künstlich" in London oder New York angesiedelte Geschichten. Sprich: Ich mag es authentisch, realistisch, gerne auch eher schonungslos, bedrückend mit einem Schimmer Hoffnung. So schreibe ich auch gerne.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
Manchmal zitiere ich für mich selbst "Du hast nichts zu verlieren außer deiner Angst" aus dem Song "Der Traum ist aus" von Ton Steine Scherben.
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Wenn es danach geht, wo wir am häufigsten hinfahren, ist das die Provinz Friesland in den Niederlanden. Aber ich mag auch Portugal und Italien sehr.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Ich habe manchmal Schwierigkeiten mit Kritik, gerade weil ich auch viel negative Kritik für meinen Roman eingesteckt habe. Wenn ich sie nachvollziehen kann: wunderbar! Ich habe ein paar tolle Testlesende, die mich immer wieder "erwischen", wenn ich irgendwo zu dick auftrage, und die mich zum Nachdenken bringen können. Aber viele Entscheidungen (Erzählperspektive und -tempus, Charakterentwicklung, Plot) treffe ich sehr bewusst - auch sehr bewusst gegen den Strom, sodass ich ein anderes Buch schreiben müsste, um den Kritiker:innen zu entsprechen. Das wirkt oft arrogant, stur oder nicht kritikfähig auf andere.
Warum hast du dich entschieden Selfpublisher zu werden und nicht zu einem Verlag zu gehen?
Ich war ja bei einem queeren Verlag. Die sehr langen Wartezeiten, unterschiedliche Vorstellungen von gelungener Kommunikation und die unsichere Situation, was weitere Bücher angeht (die z. T. "hetero-lastiger" sind) haben mich dazu bewogen, das Buch kurz vor der Veröffentlichung zurückzuziehen. Das Lektorat musste ich bezahlen, aber das war auch richtig gut. Ich bin sehr froh über meine Entscheidung, denn so habe ich über alles die Kontrolle und kann auch Änderungen sofort und ohne viel Trara veranlassen. Vielleicht bin ich auch einfach zu sehr Kontrollfreak für die Zusammenarbeit mit einem Verlag.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Ach, nicht so direkt. Vielleicht nur eine kleine Bitte: Es fühlt sich immer ein bisschen blöd an, wenn ich irgendwo lese: "Ich lese grundsätzlich keine Bücher in der 1. Person Präsens / mit gezeichnetem Cover." Das beziehe ich mich immer ein bisschen auch auf mich und fühle mich direkt ganz … chancenlos. Gebt ruhig mal Büchern eine Chance, die rein formal nicht Eurem "Beuteschema" entsprechen. Damit meine ich nicht nur mein Buch. Es gibt eine Menge unkonventioneller Bücher, die sich lohnen, gelesen zu werden.

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