Dienstag, 8. Juni 2021

[Schnipseltime] Kong-Fu Mama von Petra Liebkind

  




Textschnipsel zu »Kung Fu Mama«


Seite 12
Rasch zog Marlene den Schal höher, um das chinesische Drachen-Tattoo zu verdecken. … Der Drache war in leuchtenden Farben gestochen und ein wahres Kunstwerk. Jedoch spürte sie deutlich, wenn die Blicke geringschätzig ausfielen, so wie die von Frau Wurmser und den braven Muttis dieser Schule.

Seite 17
Ein Unglück kam selten allein und am liebsten in Horden. Glücksmomente hingegen verteilte das Leben als kleine Zuckerl, ganz sporadisch – genug, damit man weitermachen wollte, zu wenig, um sich daran gewöhnen zu können. Diabetes bekam man davon jedenfalls keinen.

Seite 45
Marlene riss die Tür auf. »Charly!«
Lässig in Jeans, das Hemd über der Hose, und in Lederjacke stand ihr Ex-Freund wie ein zweiter Jim Morrison da und grinste breit.
»Mali«, erwiderte er mit Honigstimme, die Metall zum Schmelzen brachte. Marlene meinte beinahe Musik im Hintergrund zu hören. Dagegen gab es keine Medizin und keine Vorbeugeimpfung.

Seite 61
Marlene beim Kung-Fu-Training:
Marlene hätte heulen mögen. Und vielleicht tat sie es ja bereits, wer konnte das bei dem ganzen Schweiß im Gesicht schon wissen? Es tropfte aus allen Poren, ja, ihre gesamte Körperoberfläche heulte haltlos drauflos.

Seite 92
»Locker atmen.« Liwei sprach leise und erhöhte den Zug. Das sagte sich einfach.
Das Wort »locker« traute sie sich nicht mal denken. Nie wieder Brokkoli vor dem Training! Dies könnte der peinlichste Tag ihres Lebens werden, und da gab es wahrlich mächtig Konkurrenz. Mochte dieser Chinese vielleicht ein beinharter Shaolin sein, aber der Brokkoli würde sogar ihn umwerfen.

Seite 120
»Du bist meine Rettung«, flüsterte er, und Marlene konnte nicht anders, als ihm jedes einzelne Wort zu glauben. »Deswegen widme ich dir meinen nächsten Song.«
Schon summte er drauflos, die Vibrationen übertrugen sich von seiner Brust auf ihre. Der vertraute Duft der Lederjacke vermischt mit Gummibärchen, lullte sie ein.
Darauf bist du schon mal reingefallen, meldete sich ihr Verstand träge zurück.
Mit dem letzten Funken Willenskraft schob sie Charly von sich.

Seite 172
»Hoffentlich können chinesische Drachen fliegen.« Die Nervosität in ihrer Brust machte sie ganz hibbelig. »Ich stehe derzeit am Rande eines Abgrunds, weißt du. Die Zehen schauen bereits ins Tal.«
Liwei machte einen Schritt auf sie zu. Instinktiv sog Marlene seinen Duft ein, und wäre diese Mischung aus Sandelholz und Vanille ein Stoff gewesen, hätte er sich wie Samt um sie gelegt.

Seite 232
»Das Leben ist kein romantischer Song«, sagte sie anstelle einer Entschuldigung. »Im echten Leben schert sich keiner um deine Gefühle, sondern nutzt sie aus. Liebe ist eine Schwäche und kann gegen dich verwendet werden. «

Seite 278
»Eltern machen Fehler«, sagte Linda. Sie verzog den Mund. »Du bist selbst Mutter, du weißt das. Irgendwann musst du damit abschließen. Nicht wegen uns. Für dich selbst. Jetzt ist vielleicht die letzte Gelegenheit.«

Seite 286
Marlene blickte auf Stephan, der an sie geschmiegt mit geschlossenen Augen eingeschlafen schien. Da bewegten sich unmerklich seine Lippen.
»Ich wünsche mir, dass Mami wieder glücklich ist. Bibedi. Babedi. Bu.«

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