Freitag, 27. Mai 2022

[Autoreninterview] Cendriya S.

Autoreninterview
Cendriya S.

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Hinter Cendriya S. verbirgt sich ein im wahren Leben moralisch hoch korrekter Sonnenschein. Ich bin Mitte 30, arbeite in einer KiTa, habe eine Hündin aus dem Tierschutz und engagiere mich in verschiedenen sozialen Projekten.
Kreativ und ein Buch-Nerd bin ich, solange ich denken kann. Allerdings habe ich meine erzählerischen Fähigkeiten bis vor kurzem eher in Pen & Paper Rollenspielgruppen ausgelebt. Unter anderem mit Cendriya, einer vampirischen Assassina, die ihre Opfer erst in Sicherheit wiegt und dann hinterrücks meuchelt. Ich spiele sie inzwischen seit mehr als fünfzehn Jahren und sie ist ein fest verankertes Ventil für die dunkleren Aspekte meiner Persönlichkeit.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe jahrelang Improvisations-Theater und Pen & Paper Rollenspiele gespielt und konnte dort meine kreative Ader ausleben. Dann kam Corona. Theater war verboten, die Rollenspielrunden mussten immer öfter ausfallen, meine Kreativität quoll über. Genau in diesem Moment startete die Ausschreibung für den dritten Redrum Fiction Award. Ich schrieb mehrere Kurzgeschichten, konnte damit gar nicht mehr aufhören, nahm auch an weiteren Ausschreibungen teil. Intuitiv ließ ich meine Rollenspielerfahrung in meine Werke einfließen und bekam viele positive Rückmeldungen, sodass ich mich schließlich an ein „richtiges“ Buch gewagt habe.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Erschienen ist bislang meine weihnachtlich-schaurige Kurzgeschichte „Das 24. Türchen“ in der Anthologie „Badass Fiction 3“ des Redrum Verlags. Geplant für dieses Jahr sind die Veröffentlichungen zweier weiterer Kurzgeschichten. In „Kesseldreck“ für die Anthologie „Gothicsteam“ im Hammer Boox Verlag macht meine kleine Schimpfwortschleuder Claude das viktorianische London unsicher. In „Seifenblasen“ für die Anthologie AnXt des Muc-Verlags, nutze ich das vermeintlich Harmlose, um den Schrecken im Verborgenen zu offenbaren.
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
In Arbeit ist ein weiteres Buch, das ich als psychedelische Rape & Revenge Dystopie beschreiben würde. Die Zukunft wird hart und dreckig … in vielerlei Hinsicht!
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Lesen, mit dem Hund rausgehen, Escape Rooms lösen, Konzerte besuchen und Pen & Paper oder Konsolen Rollenspiele spielen. Ich bin ein ziemlicher Nerd!
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Natürlich lese ich viel von meinen Redrum-Kollegen. Ich bin ja schließlich nicht durch Zufall bei diesem Verlag gelandet, sondern war schon lange vor meinen Veröffentlichungen ein Fangirl und das aus gutem Grund, wie ich finde.
Festa und Hammer Boox zählen ebenfalls zu meinen Stammverlagen, doch auch bei Self-Publishern schaue ich mich gerne um. Hin und wieder genieße ich zur Abwechslung Fantasy-Literatur. Ich liebe Jaqueline Careys Kushiel und Kushiels Legacy Trilogien, sowie ihr Meisterwerk Starless. Ebenfalls hoch im Kurs steht die „Glory or Grave“ Dilogie von Leigh Bardugo.
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Ich sitze vor der Couch. Ja, wirklich! Nun gut, vorher ziehe ich mir noch meinen kuscheligen, eisblauen Hoodie mit der „Writing because murder is wrong“ Aufschrift an und mache mir ein Heißgetränkt fertig. Damit und mit meinem Laptop bewaffnet setze ich mich vor der Coach auf ein Sitzkissen. Die Couch selbst fungiert als Rückenlehne, den Couchtisch ziehe ich nah zu mir. Er hat die perfekte Höhe, so dass mein Rücken beim Schreiben immer gerade ist. Über meinen Beinen liegt eine Decke, in die kuschelt sich stets meine Mischlingshündin Abby. Ihr friedliches Schnarchen bietet einfach die perfekte Geräuschkulisse, um Gräueltaten zu schreiben.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Ich stehe früh auf, gehe mit Abby Gassi, dusche, frühstücke und gehe zur Arbeit in die KiTa. Ich leite eine Gruppe mit Kindern von drei bis sechs Jahren, freue mich mit ihnen über den ersten Schnee, albere rum, schlichte Streitigkeiten, bestücke ein Schneckenterrarium, bastele viel, organisiere und dokumentiere alles und lese häufig vor. Nach der Arbeit stehen der Haushalt und eine lange Runde mit Abby an. Dann gibt es ein gemeinsames Abendessen mit meinem Lebensgefährten und ein wenig Auszeit. Etwa ein bis zwei Stunden versuche ich mir pro Tag für meine Autoren-Tätigkeit zu nehmen, ehe ich todmüde ins Bett falle.
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Ich lese gerne, Horror, Thriller und Fantasy, in seltenen Fällen auch gut recherchierte Dark Romance.
Da ich im wahren Leben so ein Sonnenschein bin, fröne ich als Autorin am liebsten der dunklen Seite der Kreativität: Horror, dunkle Fantastik und Thriller sind mein bevorzugtes Metier, wobei ich eine gehörige Portion Psycho und Perfidität bevorzuge.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
In Bezug auf mein Leben: „All knowledge is worth having.” aus Jaqueline Careys Kushiel Reihe. Ich bin ein sehr wissbegieriger Mensch und recherchiere auch für meine Bücher unglaublich viel.
In Bezug auf meine Tätigkeit als Schriftstellerin gibt es zwei passende Zitate, aus meinem aktuellen Werk:
»Bist du sicher, dass du in diesen Abgrund blicken willst?«, ist die Frage, die ich mir zu Beginn eines jeden Werkes stelle. Ich weiß die Idee wird mich mit dem Unfassbaren konfrontieren, ich weiß, dass mich die Recherche nachts nicht schlafen lassen wird und ich weiß, dass ich in die Köpfe von Tätern und Opfern gleichermaßen abtauchen werde. Keine Ahnung, warum ich es trotzdem tue, vermutlich bin ich Masochist.
Wenn die Idee und der Plot für eine Geschichte erstmal stehen, trifft folgendes Zitat auf mich und meine Arbeitsweise zu: „Was dein unmittelbares Schicksal angeht, das liegt nicht in meiner Hand.“. Im Pen & Paper Rollenspiel ist es so, dass der Spieleiter den Plot und die Schwierigkeiten, denen die Charaktere im Verlauf der Kampagne begegnen, plant und vorbereitet. Der Umgang damit ist hingegen den Charakteren überlassen. Genau so schreibe ich. Ich entwerfe den Plot, die Welt, die Schwierigkeiten, Hindernisse und die Fähigkeiten, sowie Fertigkeiten meiner Protagonisten. Im Laufe des Schreib-Prozesses entwickeln sie jedoch zunehmend ein Eigenleben. Ganz besonders Miran hat das getan und glaubt mir, der kann ein richtig großer Sturkopf sein.
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Ich bereise gerne neue Länder und Orte, da fällt die Wahl schwer. Am wohlsten gefühlt habe ich mich in einem Sami Camp in Norwegen. Frische Luft, Schnee, die Arbeit mit Tieren, Polarlichter, Joik und Geschichten am Lagerfeuer … Es war herrlich.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Ich nehme mir Kritik durchaus zu Herzen, versuche sie jedoch auch rational zu betrachten. Geht es um handwerkliche Fehler oder ist es eine Frage des Geschmacks? Ich schreibe zum Beispiel sehr explizit. Es ist klar, dass dies nicht allen Lesern gefallen wird, dennoch möchte ich daran nichts ändern. Bezieht sich eine Kritik hingegen auf handwerkliche oder auf Logik-Fehler, würde ich mich zwar über den Fehler ärgern, diese Kritik aber dankend annehmen und versuchen daraus zu lernen.
Warum hast du dich entschieden zu einem Verlag zu gehen und nicht Selfpublisher zu werden?
Ehrlich gesagt, war das in meinem Fall eine Verkettung glücklicher Umstände. Ich habe, wie oben geschrieben, mit Kurzgeschichten für Ausschreibungen angefangen. Direkt eine meiner ersten Einsendungen zählte zu den Gewinnern des Redrum Fiction Awards. Ich, als kleines Fangirl, konnte mein Glück kaum fassen und war unsagbar stolz auf meine erste Veröffentlichung!
Dadurch wuchs mein Selbstvertrauen und in der Ausschreibung stand explizit, dass die Chancen der Gewinner, sich mit einem später eingereichten Manuskript einen Verlagsvertrag zu sichern, überdurchschnittlich hoch seien. Ich hatte also quasi einen Fuß in der Tür und wäre schön blöd gewesen, diese Chance nicht zu nutzen.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Zunächst einmal: Vielen Dank für euer Interesse und für die Aufmerksamkeit! Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug in mein Leben gefallen.
Solltet ihr, wie ich, den Traum hegen selbst zu schreiben und zu veröffentlichen, so bedenkt bitte: Viele Wege führen nach Rom und manchmal sind es die kleinen Dinge, die die größte Wirkung erzielen. Meine Kurzgeschichten waren eine exzellente Spielwiese, um Erfahrungen zu sammeln, die gesponserten Lektorate und/oder Rückmeldungen haben mir dabei geholfen, mich zu verbessern und erste Kontakte zu Verlagen zu knüpfen. Im ewigen Kampf zwischen SP, Agentur, Verlag und dem Wunsch nach dem eigenen Buch, gehen Literaturausschreibungen kleinerer Verlage für Kurzgeschichten häufig unter, obwohl sie eine enorme Chance darstellen können.

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