Mittwoch, 9. Februar 2022

[Buchvorstellung einmal anders] Die Geschenke meiner dunklen Seele von Simone Gütte

 



Buchvorstellung einmal anders

Nach dem Autoreninterview drückt mir Simone ihren Kindle in die Hand und verlässt einfach das Zimmer. Da mir das schon öfter passiert ist in letzter Zeit, erahne ich, was da kommen wird.

Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das Buch der Autorin „Die Geschenke meiner dunklen Seele“, um schon ein bisschen hineinzulesen. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Jetzt ist sie weg, dann interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«

Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Also, dann lege ich mal los. 😊

Hallo, danke, dass du heute Zeit gefunden hast, um mit mir zu reden.
Aber gerne doch, ich freue mich, auch mal zu Wort zu kommen.
Kannst du dich meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Ich bin ein Seelenbuch. In mir stecken zwei Seelen, Sonnenseele und die dunkle Seele Frau Niefried. Sonnenseele erzählt die Geschichte aus ihrer ganz persönlichen Sicht. Während ihres letzten Erdenlebens hat die Arme das Selbstvertrauen ihres Menschen Clara Susann verloren. Das ist etwas, was ein Mensch dringend braucht, um trotz widriger Umstände mutig durchs Leben zu gehen. In diesem Leben bekommt Sonnenseele eine neue Chance, um es zurückzugewinnen. Wenn du dich jetzt fragst, wie man verlorenes Selbstvertrauen wiederfindet, dann müssen wir Frau Niefried fragen. Sie meint, Selbstvertrauen findet ein Mensch in Beziehungen. Ob das die Suche nicht eher verkompliziert? Frau Niefrieds Name ist Programm: Sie beschert Clara gleich zwei Männer, zwischen denen sie sich entscheiden darf. Und dann gibt es noch die Mutter-Tochter- und Vater-Tochter-Beziehung. Nicht zu vergessen Claras innere Stimmen. Puh, ich bin etwas außer Atem. Jedenfalls triggert Frau Niefried Sonnenseele, damit diese mutige Eingebungen sendet. Denn nur so findet Clara Vertrauen in ihre Entscheidungen und damit ihren Weg. Klingt anstrengend? Ja, manchmal ist es das. Keiner hat was von einfach gesagt, oder?
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne, lustige oder schwierige, düstere, traurige Zeiten und Situationen zu führen?
Die schwierigen, düsteren und traurigen Zeiten schütteln meine Autorin mehr durch und machen mich als Buch emotionaler. Aber sie legt auch eine gute Portion Humor und Selbstironie in mich hinein, um die Geschichte aufzulockern. Im Grunde genommen hat jede Situation zwei oder mehrere Seiten. Und meist stellt sich erst im Nachhinein heraus, was positiv war, also, was das Gute an den widrigen Umständen war.
Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest?
»Es passierte alles wie vorgesehen«, erzählt Wiland. »Für meinen Vater war es selbstverständlich, dass ich in seine Fußstapfen trete und später seinen Platz einnehme. Keine Abenteuer, keine Überraschungen. Pflichtschuldig habe ich ihm diesen Gefallen getan und es gefällt mir bisher besser als anfangs gedacht.«
»Du meinst das sichere Einkommen, was meiner Mutter so viel bedeutet?«
»Nein«, antwortet Wiland zögerlich. »Im Büro werde ich akzeptiert, natürlich für mein Wissen, aber auch …« Er überlegt, schaut dabei aus dem Fenster.
»Dort lacht keiner über dich«, vollendet Clara.
»Du bringst es auf den Punkt«, antwortet er. »In der Schule war ich der Außenseiter, der Spinner vom anderen Stern mit der dicken Hornbrille. Mit der habe ich nachts die Sterne beobachtet, fand, dass dort mein Platz wäre. Und zu allem Überfluss habe ich den Namen meines Urgroßvaters geerbt! Ich habe die Hänseleien meiner Mitschüler geduldig ertragen. War kein schöner Umgang. Ich hatte Angst, das bisschen Zugehörigkeit zu verlieren, wenn ich zugebe, dass mein Traumberuf eigentlich Astronom ist. Denn in der Schule hatte ich dafür zu schlechte Noten, weil mein Kopf ständig woanders war. Mein Körper saß herum und absolvierte Pflichtstunden. Aber irgendetwas musste aus mir werden. Also hat mein Vater für mich entschieden. Und ich habe gemacht, was er wollte. Was hast du Clara, hab ich was Falsches gesagt?«
Clara blickt zum Fenster, spiegelt sich im Dunkel der Scheibe, sie in diesem edlen schwarzen Kleid, eine hauchdünne Goldkette um den Hals, das schokobraune Haar ordentlich gewellt auf den Schultern.
»Du wirst lachen, mir geht es genauso«, sagt sie, die Augen dem Spiegel zugewandt. »Nur, dass nicht mein Vater entschieden hat, sondern meine Mutter. Nicht über meinen Beruf, da bin ich vor ihrem Einfluss geflohen. Nein, sie hat entschieden, dass wir den Kontakt zu meinem Vater abbrechen, weil er sie verletzt hat.«
»Das ist traurig.«
Clara wendet sich ihm zu. »Ich habe versucht, zu vergessen und damit klarzukommen.«
»Das hat nicht funktioniert«, stellt Wiland fest.
»Merkwürdigerweise war es meine Mutter selbst, die das verhindert hat. Sie hat angefangen, sich über Vaters Eigenarten lustig zu machen oder seine neue Familie zu verspotten. Das Lachen half ihr über die Trennung hinweg. Aber ich hasse es noch heute, wenn man über andere lacht.«
»Haben die Herrschaften gewählt?«, fragt der Kellner, der unbemerkt an ihren Tisch getreten ist.
»Noch nicht«, antwortet Clara, den Blick auf Wiland geheftet.
»Wir sind dabei«, bestätigt er.
Ich habe mehrere Stellen, aber diese gefällt mir besonders gut. Ich mag sie, weil hier zwei Handlungen parallel laufen und am Schluss zusammentreffen. Clara und Wiland sitzen im Restaurant mit ihren Speisekarten in der Hand und stellen fest, dass bisher ihre Eltern über ihr Leben bestimmt haben. Zum anderen fragt schließlich der Kellner, ob die beiden „bereits gewählt“ haben. „Noch nicht“, sagt Clara. „Wir sind dabei“, bestätigt Wiland.
Weißt du wie viel Simone tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt?
Da steckt viel drin. Simone beschäftigt sich ja schon eine Weile damit, sich zu hinterfragen. Warum sind die Situationen, in denen sie steckt, manchmal so unbefriedigend? Warum trifft sie auf Menschen, die sie von oben herab behandeln oder besser ausgedrückt, warum lässt sie sich so behandeln? Was ist die Ursache dafür? - In Claras Geschichte hat sie ein paar Situationen und Menschen herausgegriffen und bettet sie in Claras Umfeld ein. Es ist ein Stück weit ein Aufarbeiten, aber auch Verstehen und Auflösen solcher Situationen.
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
Ja, danke für die Frage. Ich hab mich da mal bei den inneren Stimmen und den beiden Seelenschwestern umgehört und folgende Antworten bekommen:
Ich bin Prio, das Pflichtbewusstsein. Ich habe unsere Autorin ganz gut im Griff, ich treibe sie an. Sie ist fleißig, unermüdlich und voller Energie. Oft genug powert sie sich aus. Ja, ich weiß, das bekommt ihr nicht immer gut. Dann muss sie Kraft tanken und das kann sie am besten allein und in der Stille, da sie ein introvertierter Typ ist. Manchmal fragt sich die Autorin, ob ihr zu viel Pflichtbewusstsein wirklich guttut.
Mein Name ist Harmonia Ruhigblut, ich sorge für Harmonie im Umgang mit anderen Menschen. Ich gebe zu, dass eher die anderen etwas von Simones Gutmütigkeit haben als sie selbst. Im Gegenteil, manchmal wird sie ausgenutzt, weil ich mich einmische.
Ich, Urtana Besswiss, urteile, bewerte, schätze Menschen und Situationen ein. Harmonia und Prio behaupten, ich wäre vorlaut und voreingenommen. Ich lehne mich aus dem Fenster und haue manchmal etwas Unüberlegtes raus. So ist Simone nicht. Sie hält sich zurück, manchmal zu sehr. Auch nicht gut. Ich finde, sie könnte öfter mal ihre Meinung kundtun. Es wäre besser, wenn mehr von meiner frechen Art in ihr stecken würde. Werde mal dranbleiben, um sie forscher zu machen.
Gut, wenn ich mich mal einschalten darf. Ich bin Sonnenseele, eine wegweisende Seele. Mutig und tatkräftig bin ich ins Leben gestartet, um meinem Menschen Selbstvertrauen zu schenken. Dann kamen diese vorlauten Kopfstimmen aus Vater Verstands grauen Zellen und haben mich übertrumpft. Ich muss sagen, auch Simone hört manchmal zu sehr auf ihren Verstand und ihre Kopfstimmen als auf ihre Seele. Aber, das darf ich auch sagen, sie ist schon besser geworden, folgt mehr ihrer Intuition und damit ihrem Herzen. Trotzdem sollte sie mutiger werden.
Dafür wäre ich dann da, die dunkle Seele. Ich heiße Frau Niefried und mein Name ist Programm. Ich mahne an, was zu bearbeiten ist. Zum Beispiel sich verstecken, sich nicht trauen, den Mund aufzumachen, nicht sagen, was man will im Leben - das ist zu ändern. Auch Simone muss besser Nein sagen lernen und zudem ihre Ziele festlegen. Ich weiß, das ist nicht leicht, wenn man ein Leben lang Pflichtbewusstsein und Harmonie gelernt hat. Diese Eigenschaften sind wichtig, aber sie dürfen nicht gegen das Herz eingesetzt werden.
Danke erst mal, liebe Bewohner meines Buchbauches. Es gibt noch mehr Charaktere, zum Beispiel Claras Eltern und Claras Männerbekanntschaften, aber die können Simone nicht so eingehend beschreiben wie die Seelen und die inneren Stimmen. Ich jedenfalls bin aufgrund von Simones Fleiß in einem Jahr fertig geworden, inklusive 10-maligen Überarbeiten und eingekleidet in ein hübsches Cover.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Der Arbeitstitel war ein anderer, nämlich: „Briefe an meine dunkle Seele“. Ursprünglich sollte nur Sonnenseele erzählen, wie sie Claras Leben in die Spur bringt. Aber diese Erzählperspektive war schwierig. Clara ist ja auch eine Persönlichkeit. Sie lebt ein Leben, lernt ihre Männer kennen, setzt sich mit ihrer Mutter und der Trennung ihrer Eltern auseinander. Die Handlung wäre undurchsichtiger geworden. Am Schluss musste alles zusammenkommen: Die Geschenke, die Sonnenseele von ihrer dunklen Schwester erhält und die gleichzeitig der Protagonistin Clara von Nutzen sind. Daraus entstand der neue Titel.
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdest du nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Ich finde mich hübsch, ich bin passend von der Coverdesignerin Laura Newman eingekleidet worden. Mein Romaninhalt spielt im Februar 2020. Das Cover spiegelt den Winter wieder. Außerdem sind Sonnenseele in ihrem weißen Kleid und ihre dunkle Seelenschwester Frau Niefried zu sehen. Letztere wendet sich verschmitzt dem Betrachter zu, als ob sie sagen will: „Warte mal ab, was ich euch für Geschenke beschere.“
Kannst du uns vielleicht auch schon verraten, ob die Autorin viele echte Plätze eingebaut hat oder ob die Orte im Buch der Fantasie entspringen?
Mein Romaninhalt spielt in der Leinemasch, einem wunderschönen Naturschutzgebiet im Süden Hannovers. Hier wächst Clara auf, hier lebt sie, bis sie die Flucht vor ihrer vereinnahmenden Mutter ergreift und ein Studium an der Hochschule Bremen beginnt. Somit sind alle Orte real.
Zum Abschluss würde mich noch dein Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
„Einen aufgebrachten Friedensstifter vor sich zu haben, ist kein Spaß“, sagt Sonnenseele über die harmoniesüchtige innere Stimme Harmonia. Das musst du dir mal bildlich vorstellen: Jemand versucht Frieden zu bringen, indem er zornig mit den Füßchen trampelt … 😉
Nun betritt die Autorin wieder das Zimmer und blickt mich ungläubig an. Scheinbar ist es selbst in Autorenkreisen nicht üblich, dass das Buch antwortet. Leise flüstere ich dem Buch noch zu: »Danke für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht.«
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Alle meine Fragen sind beantwortet, ich danke dir für den sehr interessanten Tag bei dir.«

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