
Keuchend rannte ich durch die schmalen Gassen von Neo-Tokio.
Verdammt, gleich zwei Typen waren mir auf den Fersen und langsam ging mir die
Puste aus. Der Anruf bei dieser merkwürdigen Cyberanzeige war pure Verzweiflung
gewesen. Ich machte mir keine Hoffnung, dass mich von dort Hilfe erreichen
würde. Wie denn auch? Wahrscheinlich befand sich der Inserent oder die
Inserentin am anderen Ende des Planeten. Wer wusste das schon. Der Lärm der
Stiefel hinter mir kam immer näher. Ich bog ein weiteres Mal ab und – landete
in einer Sackgasse. Fuck. Panisch sah ich mich um. Nirgends war ein Ausweg
erkennbar. Ich hastete zurück zur Abzweigung, doch ehe ich sie erreichte,
schälte sich eine riesige Gestalt aus dem Halbdunkel. Eine Zweite drückte sich
im Windschatten der ersten mit in die Gasse.
»Das war es dann wohl für dich«, grinste der Riese mich an
und ließ einen Schlagstock in seine Handfläche klatschen. »Endstation. Gib mir
die Daten, die du gestohlen hast, dann lass ich dich vielleicht am Leben.«
Hektisch schaute ich mich um, sah aber nichts, was meine Chancen verbessern
würde. Jetzt schlängelte sich der zweite Mann an dem freundlichen Muskelberg
vorbei. Er sah aus wie ein Wiesel. »Du weißt, dass das keine Option ist, Erich.
Der Chef will sie tot sehen und außerdem hat mir das Miststück die Nase
gebrochen«, schniefte er und ich konnte das Blut, das an seinem Kinn hinunter
tropfte, im hellen Licht des Mondes schimmern sehen. Langsam zog er einen
Gegenstand aus seiner Tasche. Erschrocken stellte ich fest, dass es sich um
eine altmodische altmodische Schusswaffe handelte. Verdammt. Dagegen war mein
Anzug machtlos. Ich hob die Arme. Meine Gedanken huschten zu Akiko. Was würde
jetzt nur aus ihr werden?
»Bitte. Ich gebe euch die Daten und ihr lass mich laufen«, flehte ich. Doch das
Wieselgesicht grinste nur gehässig.
»Der Zug ist abgefahren«, fauchte er und spannte den Hahn. Ich schloss mit
meinem Leben ab und presste die Augen zu, riss sie aber gleich wieder auf, als
ich ein brutzelndes Geräusch hörte. Der Muskelberg sackte bewusstlos zusammen
und riss das Wiesel dabei mit zu Boden. Eine Kugel löste sich aus der Pistole,
verfehlte mich aber um mehrere Meter. Eine Gestalt materialisierte sich aus dem
Schatten und trat dem Wiesel einmal kräftig ans Kinn. Ich konnte hören, wie der
Kieferknochen krachte, und sah, wie der Schleimbeutel das Reich der Träume
betrat. Pfeifend entwich mein Atem, den ich offensichtlich die ganze Zeit
angehalten hatte. Die Gestalt trat näher an mich heran und ich erkannte einen
leicht untersetzten, eher gemütlich wirkenden jungen Mann mit freundlichen
Gesichtszügen, der mich nun besorgt musterte.
»Wow. Die Kakerlaken werden heutzutage auch immer größer, oder? Alles o.k.?«
»Äh, ja«, stotterte ich. »Alles okay.« Ich schüttelte den Kopf, um meine
Gedanken klar zu bekommen. »Wer bist du und wieso hast du mir geholfen?«
»Na ja. Ich bin hier, weil du mich angerufen hast«, grinste er und entblößte
eine Reihe makelloser weißer Zähne, während sich kleine Grübchen auf seinen
Wangen zeigten. Lässig steckte er einen, verdächtig nach einer
Raumschiff-Enterprise-Phaser-Replik aussehenden, Elektroschocker zurück in eine
seiner Taschen. Die antike Serie war gerade wieder schwer in Mode.
»Du bist Bo? Der Typ, der diese Anzeige geschaltet hat?«, ich schüttelte
verwundert den Kopf. Er schaute an sich herunter.
»Kein weißer Bart, kein roter Anzug, also der Weihnachtsmann scheine ich schon
mal nicht zu sein.« Er grinste. »Hi. Ich bin, wie du richtig vermutet hast, Bo.
Freut mich, dich kennzulernen.« Ich sah mich um, blickte auf die beiden
bewusstlosen Männer und dann fiel mein Blick auf die Waffe, die zu meinen Füßen
auf dem Boden lag. Mein Gott war das knapp gewesen. Ich fühlte, wie sich die
Erde um mich drehte und mein Sichtfeld von schwarzen Wolken verengt wurde. Dann
wurde alles dunkel.
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