Mittwoch, 23. August 2023

[Schnipseltime] Märchen schreibt die HochZeit von Lea Nicolas

 

Der fliegende Teppich legt ganz schön Tempo vor. Mit mindestens zweihundert saust er mit mir im Kreis. Oder hundertachtzig. Hundertsechzig jedenfalls ganz sicher, denn das ist die Geschwindigkeit, bei der mir auch im Auto schwindlig wird. Da sind Gläser, die aneinander klirren, meine Schon-immer-für-immer-Beste Claire sprudelt unter Schluchzern Entzückensworte hervor. Vorbeifliegend strahlt mich Toms bester Freund Ruben an, der romantisch überwältigt die Pfeffermühle umklammert. Apropos Tom, wo ist der überhaupt? Ah da, er hält meine Hand und scheint auf etwas zu warten. Irgendwie sehen mich alle erwartungsvoll an, inklusive des schick befrackten Kellners, den ich während eines waghalsigen Loopings des Teppichs erspähe.

Habe ich irgendwas verpasst?

Mal rekapitulieren.

Überraschungstrip nach Verona (gut). Gleiches Hotel wie vor verflixt schönen sieben Jahren (wirklich gut). Französisches Restaurant als Hommage an meine kulinarisch prägende erste Liebe (extrem gut). Heimlich unsere besten Freunde eingeladen (affenstark). Ergriffene Claire. Glitzerring. Bin ganz geblendet von dem Glitzerring.

Oh. Oooh.

Ja! Ich will!

Ja, selbst auf hundert Erbsen will ich bei dir schlafen! Ja, für dich will ich mein knallrotes Haar den Turm hinunterlassen (Erdgeschoss). Ja, dich will ich auch in Froschgestalt küssen, ja, dir will ich mein Hemdchen zum Sammeln der Sterntaler schenken, ja, nur dein Gesicht will ich im Spieglein betrachten …

Warum starren die denn immer noch so?

Toms Kastanienaugen blicken mich beschwörend an, als wolle ich dem Lebensgefährten seines Vaters erneut eröffnen, dass ich Bettwäsche-Bügler für bekloppt halte. Claires Blick ist intensiv auf meine Kontaktlinsen gerichtet wie damals im Schulsport, wenn ich meine Übelkeit nicht ausreichend überzeugend darstellte. Ruben sieht mich auch so auffordernd an, sogar der Frack scheint zu warten, was ist bloß –

Herrje, achso!

Unter der konzentrierten Aufmerksamkeit der beim Franzosen versammelten Italiener öffne ich den Mund und lege alles an Emotion in die entscheidenden drei Worte.

»Oh, oh, okeee!«

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