Wie lange ich
mit der kranken Stute meine Runden drehte, wusste ich nicht, als endlich einer
unserer Tierärzte durch die Hallentür kam.
„Na, wen haben wir denn da?“, erkundigte sich Dr. Nolden und reichte mir kurz
die Hand.
„Das ist Glenna, fünf Jahre jung und erst seit sechs Wochen hier. Sie gehört
einem Kunden, Rafael Köhler. Wir vermuten eine wetterbedingte Kolik“, fasste
ich knapp zusammen, während wir zu seinem Auto gingen. Darin befand sich alles,
was ein mobiler Tierarzt so brauchte.
Er stellte ein paar Fragen, begann währenddessen mit der Untersuchung. „Ich
stimme eurem Verdacht zu, werde ihr jetzt entsprechende Medikamente
verabreichen“, meinte er schließlich. „Du weißt ja Bescheid, kennst dich damit
aus. Die nächsten Stunden solltet ihr ein Auge auf sie haben.“ Er zog zwei
Spritzen auf, die sich Glenna zum Glück ohne Proteste verabreichen ließ. Bei
ihrer Größe und Masse hätten wir sonst ernsthafte Probleme bekommen. Sie war
groß genug, dass ich nicht über ihren Rücken schauen konnte und gefühlt doppelt
so breit wie eine meiner Stuten.
Er streichelte der Stute über den Hals. „Meldet euch, falls es nicht bald
besser wird. Dann komme ich nochmal vorbei.“
Der Tierarzt
fuhr gerade zum Tor hinaus, als Rafael im Laufschritt den Innenhof durchquerte.
Abgehetzt wirkte er, sein Gesicht mit dem ernsten Ausdruck war gerötet, die
Haare nass und verwuschelt. Sein Blick fixierte die Stute.
„Glenna, was
machst du denn nur?“, brachte er aufgeregt hervor, als er uns erreichte.
Liebevoll tätschelte er ihren Hals, bevor ich ihm ihren Führstrick in die Hand
drückte. Dann wandte er sich mir zu: „Tut mir leid, dass ich nicht erreichbar
war, die Arbeit …“ Er schluckte. „Danke, dass du, beziehungsweise ihr euch um
sie gekümmert habt.“
„Schon okay“, gab ich leicht lächelnd zurück. „Dafür sind wir ja da. Es scheint
ihr bereits besser zu gehen, wie es aussieht schlagen die Medikamente gut an.“
Leicht schüttelte er den Kopf. „Selbst wenn, ich sehe das nicht als
selbstverständlich an. Und ich bin so froh, dass es ihr bereits besser geht.
Ich habe mir echt Sorgen gemacht. In dem anderen Stall wurde ein Pferd wegen
einer Kolik eingeschläfert, ihm war nicht mehr zu helfen.“
„Das hatten wir hier auch schon“, gestand ich
betrübt. „Es ist schrecklich, aber kann leider immer mal passieren. Du solltest
noch ein paar Runden mit ihr laufen. Ich mache inzwischen ihre Box fertig, die
nächsten Tage sind Sägespäne besser als Stroh und ihr Heu bekommt sie
vorsichtshalber in mehreren kleinen Portionen“, erklärte ich auf seinen
fragenden Blick hin. „In einer Viertelstunde kannst du mit ihr rüberkommen.“
„Danke nochmals, Chris. Es tut gut zu wissen, dass sie hier so gut versorgt
wird.“ Ein schüchternes Lächeln zeigte sich in seinen Mundwinkeln.
„Und das, wo er eigentlich ein Date heute Abend hätte“, kicherte Nina, die
plötzlich hinter uns stand.
Prompt bekam Rafael einen roten Kopf. „Oh, verdammt, das … das …“, stammelte
er, sichtlich nervös zu mir schauend.
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