Mir war die Situation noch viel
unangenehmer als Franklin. Hinzu kam das Gefühl, mich in etwas hineingedrängt
zu haben. Dass Armand ungeachtet der Nacht, die wir zusammen verbracht hatten,
nicht zu mir gehörte.
»Ich will euch beiden nicht im Weg
stehen«, murmelte ich daher in das angespannte Schweigen hinein. »Du musst auf
mich nicht eifersüchtig sein, Franklin. Ich werde dir Armand nicht wegnehmen.«
Armands lautes Lachen tat mir weh. Wütend drehte ich mich zu ihm um. »Ich
wüsste nicht, was es da zu lachen gibt«, fauchte ich. »Du kannst schließlich
nicht uns beide haben.«
Noch immer grinsend sah mich Armand
mit hochgezogener Augenbraue an. »Ach! Ist das so, ja?« Er blickte zu Franklin
und dann wieder zu mir. Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht, und sein
Ausdruck wurde eisig. Von dem zärtlichen Liebhaber, der mich gestern verführt
hatte, war nichts mehr zu sehen. »Jetzt hör mir mal gut zu, Melissa, da es dir
im Moment nur um sexuelle Beziehungen zu gehen scheint, obwohl es weitaus
wichtigere Dinge gäbe, um die du dir Gedanken machen solltest. Ich werde mich
nicht zwischen euch beiden entscheiden. Franklin und ich standen uns nah, lange
bevor du geboren wurdest. Daran wird sich nichts ändern. Wir schlafen nicht
mehr miteinander, wenn es das ist, was dich stört. Unsere Liebe ist platonisch,
lebt von Gesprächen, von Vertrauen, von einer Verbindung, die so tief ist, dass
du davon noch nichts verstehst. Aber erstens sollte dir inzwischen klar sein,
dass ich nicht monogam lebe, da die Lust Teil meiner Jagd ist, mit der ich mich
am Leben erhalte.« Seine Stimme wurde härter, seine Miene verdunkelte sich.
»Und zweitens, selbst wenn Franklin und ich noch zusammen wären, könntest du
nichts daran ändern. Ich müsste nicht wählen. Ich könnte euch beide haben, und
keiner von euch könnte mir widerstehen. Das weiß Franklin, und du weißt es
auch. Ich habe dir nie etwas vorgemacht, was meine Natur angeht. Du wusstest,
worauf du dich einlässt, und du wolltest es.«
Ich schluckte. Natürlich hatte er
recht. Aber ich war noch immer trotzig. Mir lag auf der Zunge, dass die Jagd
etwas anderes sei, doch er kam mir zuvor. »Wenn du in mir einen Engel sehen
willst, liegst du falsch. Je suis désolé. Ich bin ein Geschöpf der Nacht, und
meine Seele ist dunkel wie sie. Ich bin kalt und grausam, ich töte und nehme
mir rücksichtslos, was ich haben will. Du hast es selbst vor wenigen Minuten
gesehen. Also akzeptiere endlich, was ich bin, denn genau das liebst du. Dieses
dunkle Geschöpf, das sich dir in jener ersten Nacht näherte. Geheimnisvoll,
gefährlich, tödlich. So tödlich, dass es deinen beiden Henkerinnen das Herz aus
der Brust gerissen hat, um dich zu retten. Hier ist kein Platz für romantische
Mädchenfantasien. Du bist kein Kind mehr.«
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