Versonnen am Cocktail schlürfend
schaute ich den anderen Besuchern zu, sodass ich diesen Typen tatsächlich erst
bemerkte, als er unmittelbar vor mir stand. „Hi. Bist du allein hier?“, fragte
der zierliche, dunkelhaarige Lockenkopf, der mir knapp bis zur Nasenspitze
reichte, mit einem dezenten Schmunzeln. Durchaus sympathisch, der Kleine,
dachte ich mir.
Ein wenig neigte ich den Kopf zur
Seite, zuckte mit der Schulter. „Sieht so aus.“
„Ich bin Francis“, stellte er sich
vor.
„Raphael“, gab ich knapp zurück.
Boah, das üben wir nochmal, grummelte ich innerlich. „Bist du öfter hier?“ Uff,
echt jetzt? Was Besseres fällt dir nicht ein, schalt ich mich. Ganz normaler
Small Talk war ja nie meine Stärke, aber das hier artete gerade in eine
Glanzleistung der Peinlichkeit aus. Wenn es nicht gerade den Job betraf, war
ich wohl voll aus der Übung, mich normal zu unterhalten.
Ich beugte mich näher zu ihm, um
nicht so laut reden zu müssen. „Also, ich meine, ich bin ziemlich neu in der
Stadt, kenne bisher kaum Leute hier“, erklärte ich.
„Okay. Ich bin fast jedes Wochenende
hier. Normalerweise mit der Clique, aber die waren heute alle verhindert. Ist
ne nette Truppe, wenn du wieder mal vorbeischaust, stelle ich sie dir gerne
vor.“
Ich beschloss, ehrlich zu sein.
„Gerne, kann aber eine Weile dauern. Der Job, du verstehst?“
„Nur zu gut“, gab er zurück. „Ich
bin Pfleger im Emergency Room des University Medical Centers. Und du?“
„Beim Fire Department.“ Mehr musste
er derzeit nicht wissen und ich trank den Rest des Cocktails aus.
Er legte den Kopf ein wenig schief,
musterte mich. „Okay“, kam es gedehnt. „Dann werden wir uns bestimmt mal über
den Weg laufen. Ihr kommt ja fast alle dorthin.“
Genau das dachte ich mir auch und
nickte nur. Derzeit genügte es mir, dass Dr. Castelli sich bestimmt schon ein
Bild über mein vermeintliches Liebesleben gemacht hatte. Daher kam keinesfalls
in Frage, dass ich mit diesem süßen Pfleger … was auch immer in Erwägung zog.
Meine unfreiwillige Enthaltsamkeit würde noch eine Weile andauern.
Endlich gab ich mir einen Ruck.
„Magst du tanzen?“, fragte ich ihn. Da war schließlich nichts dabei und er
schien mir durchaus angenehme Gesellschaft zu sein.
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