Donnerstag, 1. Dezember 2022
[Schnipseltime] Zimtkaffee und Nordseewind von J.L. Mathew
Die Überlegung, das Bett nicht zu verlassen und diesen Tag einfach an mir vorbeiziehen zu lassen, war verlockend. Leider hatte ich diese Rechnung ohne den Einfallsreichtum von Noah gemacht. Ich hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss umdrehte. Mit offenen Augen lag ich im Bett und starrte an die Decke. War es das, was ich wollte?
Das Geschirr in der Küche begann zu klappern, und ich hatte nicht mehr die Muße, einfach liegen zu bleiben. So mühte ich mich aus dem Bett und ging zum Schrank, in dem dieses dämliche Elfen-Kostüm hing, das mir Christian an dem Abend gegeben hatte. Zusammen mit dem Kostüm verschwand ich im Badezimmer.
Die Verkleidung kratzte und die Strumpfhose war mindestens eine Nummer zu klein. Ich nestelte unelegant an der Strumpfhose, damit die Nähte wenigstens halbwegs dasaßen, wo sie hingehörten, als ich in die Küche kam.
Der Tisch war gedeckt, eine Kanne mit dampfendem Kaffee stand gleich neben einer Tüte mit Brötchen. Mein Magenknurren hatte mich wohl verraten, denn Noah drehte sich zu mir um und erstarrte, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach.
„Sag kein Wort!“, ermahnte ich ihn und zog mir den kurzen waldgrünen Rock noch etwas tiefer über die Oberschenkel.
Mittlerweile hielt er sich den Bauch vor Lachen, es fehlten nur noch die Lachtränen, und ich hätte ihn womöglich gleich vor die Tür gesetzt.
Er setzte an, etwas zu sagen, bekam aber vor Lachen keinen Ton raus. Wütend schnaubte ich ihn an und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
„Diese beschissenen Streifen“, murrte ich und versuchte, die zu enge Strumpfhose weiter nach oben zu ziehen.
„Eine Wurst in der Pelle ist nichts gegen mich“, zeterte ich leise weiter.
Dann brach ich jeden Versuch ab, irgendetwas an meinem Outfit retten zu wollen, und goss mir einen Kaffee ein. Hoffentlich würde er gegen die dumpfen Kopfschmerzen helfen, die sich seit gestern Abend in meinem Kopf ausgebreitet hatten. Noah stellte einen Teller mit Rühreiern und gebratenem Speck auf den Tisch. Wieder rumorte mein Magen vor Hunger, und ich musste an Gismo denken, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Du siehst echt sexy aus“, sagte er und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
„Mach dich nicht über mich lustig und schon gar nicht vor dem ersten Kaffee.“
„Wie ein altes Ehepaar“, ertönte eine Stimme hinter mir. Verwirrt sah ich mich um und sah Christian in der Tür stehen.
„Wo kommst du denn her?“, fragte ich überrascht.
„Na, von draußen“, gab er breit grinsend zurück.
„Ihr habt mein Klopfen nicht gehört und die Tür war nicht abgeschlossen.“
Ich schnaubte und biss die Zähne so fest aufeinander, dass mein Kiefer schmerzte.
Wann genau war bitte meine Privatsphäre zum Teufel gegangen, überlegte ich und verkniff mir einen entsprechenden Kommentar. Zu meinem Erstaunen störte sich Noah gar nicht an dem ungebetenen Besuch, im Gegenteil, er stellte ihm noch eine Tasse und einen Teller hin.
„Wie ich sehe, trägst du schon deine Arbeitskleidung“, witzelte Christian, „sieht echt flott aus.“
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