Donnerstag, 24. März 2022

[Schnipseltime] Mythalia - Zwischen zwei Welten von C. Berz

 

Die Zeit verflog so schnell wie Rauch im Wind. Sie lag gerade auf einer weich gepolsterten Liege, während der halbnackte Freiherr sich daran machte, die Verschnürung ihres Kleides zu lockern, um ihren Oberkörper freizulegen, als sie Tia erblickte. Marion starrte regungslos über die Schulter des Freiherren nach oben. Die Gardisten auf der Galerie waren verschwunden. Stattdessen stand dort Tia gegen die Brüstung gelehnt, ein Blasrohr aus dem hellen Holz des Knallbuschgewächses im Anschlag.

Die Blicke der beiden Frauen trafen sich – Marions voller Bedauern und Tias voller Hass. Die Jüngere stützte ihre Ellenbogen auf die Brüstung und beugte sich vor. Als sie Luft holte und das Blasrohr an ihre Lippen setzte, schloss Marion die Augen. Einen Herzschlag lang spürte sie nur den Atem des Freiherren auf der Haut. Das Unausweichliche erwartend, grub sie unwillkürlich ihre Fingernägel in seinen nackten, muskulösen Rücken.

Dann hörte sie bereits den Pfeil durch die Luft zischen. Gleich darauf bohrte sich die Metallspitze in Hagels Fleisch. Der Freiherr gab nur einen winzigen Schmerzenslaut von sich. Reflexartig hob er die Hand in den Nacken und richtete sich halb auf. Doch seine Kraft verließ ihn wahnsinnig schnell. Schon gab er ein ersticktes Stöhnen von sich und musste sich mit beiden Armen an der Liege abstützen. Seine schwarzen Augen flackerten. Dann brach er über ihr zusammen. Marion seufzte. Sie hatte gehofft, Tia ließe ihr etwas mehr Zeit mit ihm.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Abschicken des Kommentars bin ich mit den Datenschutzrichtlinien des Blogs einverstanden.