
Buchvorstellung einmal anders
Ich warte seit einer Ewigkeit auf die Autorin Birgit Gürtler, aber sie kommt nicht. Ich setze mich in dem Park auf eine Bank und sehe einen Kindle dort liegen. Da ich von Natur aus, ein neugieriger Mensch bin, nehme ich ihn zu Hand.
Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das darauf enthaltene Buch. Es ist genau das um das es heute gehen soll. „Der Liebe ewig Sehnen“ von Birgit Gürtler. Ich beginne ein wenig darin zu schmökern. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Hast du denn überhaupt keine Fragen? Interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«
Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Als ich gerade beginnen will, läuft Birgit auf mich zu und setzt sich zu mir auf die Bank. Nach einer Begrüßung lege ich mal los. 😊
Wollen wir das Interview nun zu dritt machen?
So ist es bestimmt viel lustiger! Sehr gerne.Danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.
Dir gilt der Dank, denn Du bist ja die Interviewerin 😊Kannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Gerne. Ich trage ganz besondere Stimmen in mir. Nicht der große Goethe oder der bekannte Schiller, noch Holderlin, sondern es kommen Frauen zu Wort, die ebenbürtig und ganz zauberhaft ihre Gedanken und Gefühle zum Klingen gebracht haben, in einer von Männern dominierten Gesellschaft. Liebesgedichte, die einen zum Träumen bringen.In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Texte spiegeln so einiges wider. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Siehst du es als Autorin genau so?
Habt ihr Lieblingsstellen, die ihr uns gerne vorstellen würdet?Hauptaugenmerk galt ja den verliebten Zeilen und die schmücken das Innere des Buches, sind sozusagen die Seele des Projekts. Und wer lässt sich nicht gerne von der Liebe umgarnen?Ich bin sehr angetan von der Epoche der Romantik, in der auch Goethe lebte, den ich als Schriftstellerin sehr verehre. Wenn man sich näher mit diesem Zeitabschnitt befasst, bemerkt man schnell, dass es für die schreibenden Frauen nicht so einfach war. Sie oft unter Pseudonym schrieben. Die Männer haben eher auf sie herabgesehen, konnten aber doch nicht leugnen, dass sie ebenbürtige Texte verfassten.Vielleicht sagt diese Aussage Schillers einiges über die Stellung von Mann und Frau aus:„Für die Horen (Zeitschrift) hat mir unsere Dichterin Mereau jetzt ein sehr angenehmes Geschenk gemacht, und das mich wirklich überraschte. [...] Ich muß mich doch wirklich darüber wundern, wie unsere Weiber jetzt, auf bloß dilettantischem Wege, eine gewisse Schreibgeschicklichkeit sich zu verschaffen wissen, die der Kunst nahe kommt.“(Schiller an Goethe)
Weißt du wie viel Birgit tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Hast du dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmst du deinem Buch zu?Oh ja, die haben wir!Das Gedicht „Ich denke dein“ von Friederike Brun inspirierte Goethe zu dem Gedicht „Nähe des Geliebten“.ICH DENKE DEINIch denke dein, wenn sich im Blütenregender Frühling malt;und wenn des Sommers mild gereifter Segenin Ähren strahlt.Ich denke dein, wenn sich das Weltmeer tönendgen Himmel hebt,und vor der Wogen Wuth das Ufer stöhnendzurücke bebt.Dein denk‘ ich, wenn der junge Tag sich goldender See enthebt,an neugebornen zarten Blumendoldender Frühthau schwebt.Ich denke dein, wenn sich der Abend röthendim Hain verliert,und Philomelens Klage leise flötenddie Seele rührt.Dein denk‘ ich, wenn im bunten Blätterkranzeder Herbst uns grüßt,Dein, wenn, in seines Schneegewandes Glanze,das Jahr sich schließt.Am Hainquell, ach! im leichten Erlenschattenwinkt mir dein Bild!Schnell ist der Wald, schnell sind die Blumenmattenmit Glanz erfüllt.Beim trüben Lampenschein, in bittern Leiden,gedacht ich dein!Die bange Seele flehte nah‘ am Scheiden:«Gedenke mein!»Ich denke dein, bis wehende Zypressenmein Grab umziehn;und selbst in Lethe’s Strom soll unvergessendein Name blühn!
Wie würdest du oder ihre Gedichte / lyrischen Texte die Autorin beschreiben?Birgit schreibt selbst sehr gerne Liebeslyrik. Vielleicht war das der Grund, diese Sammlung zusammenzustellen.Ja, das stimmt. Ich schreibe selbst gerne in diesem Genre und überarbeite gerade meine Gedichte, um sie zu veröffentlichen.Zudem war es mir ein Anliegen, die weiblichen Stimmen von damals in der heutigen Zeit eine Stimme zu geben. Sie haben es verdient, wie ihre männlichen Kollegen, auch heute noch gehört zu werden.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?Birgis Gedichte könnte man als zartromantische Naturlyrik mit Märchenton beschreiben.Wie Spaziergänge durch Traumlandschaften, oft eingebettet in Naturbilder, die nicht bloß Kulisse sind, sondern Träger von Gefühlen – wie Wind, Sterne, Blumen, Dämmerung, Elfen, Regenbogen. Alles lebt und atmet mit der Seele der Sprecherin.Ob diese Worte nicht übertrieben sind? Schmunzel.Ich lasse einfach mal eines meiner Gedichte da, um das den Lesenden selbst entscheiden lassen zu können 😉Elfchens Lied .Noch einmal streift der laue WindDurch reife Mond beschiene FelderGar wundersam, es klingt ganz lindEin Liedchen durch die PinienwälderIm Dämmerduft ein Elflein singtVom einst‘gen sommerlichen ReigenVom Traum, der um Erfüllung ringtBevor im Frost sich Blüten neigenDas Lied ganz leis im Schnee verklingtUnd alle Hoffnung scheint zu scheidenÖd liegen die LavendelweidenBis dann der Frühling Träume bringtDie farbenfroh die Flure kleidenDie Melodie erfüllt die Heide
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?Eins der aufgenommenen Werke, der Dichterin Karoline von Günderrode hat uns dazu inspiriert.Der Titel des Buches Der Liebe ewig Sehnen taucht als Gedanke in diesem Gedicht auf:Wer die tiefsten aller WundenHat in Geist und Sinn empfunden,Bittrer Trennung Schmerz;Wer geliebt, was er verloren,Lassen muß, was er erkoren,Das geliebte Herz,Der versteht in Lust die TränenUnd der Liebe ewig SehnenEin in zwei zu sein,Eins im andern sich zu finden,Das der Zweiheit Grenzen schwindenUnd des Daseins Pein.Wer so ganz in Herz und SinnenKönnt ein Wesen lieb gewinnen,O‘ den tröstet’s nicht,Das für Freuden, die verloren,Neue werden neu geboren:Jene sind´s jedoch nicht.Das geliebte, süße LebenDieses Nehmen und dies Geben,Wort und Sinn und Blick,Dieses Suchen und dies Finden,Dieses Denken und EmpfindenGibt kein Gott zurück.
Das Cover ist meiner Meinung nach einfach bezaubernd!Zum Abschluss würde mich noch euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
Die Leute, die an mir vorbeigehen, sehen mich schon komisch an, deshalb höre ich auf zu reden und lächle den Personen einfach zu. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, noch einmal kurz zum Buch »Danke, für deine Geduld und Antworten« zuzuflüstern.Zitate gibt es ja nicht, aber vielleicht noch ein ganz kurzes Gedicht von Karoline von Günderrode. Ich liebe diese Entschlossenheit, die in ihren Worten mitschwingt.HochrotDu innig Rot,Bis an den TodSoll meine Liebe Dir gleichen,Soll nimmer bleichen,Bis an den Tod,Du glühend Rot,Soll sie Dir gleichen.
Was gibt es schöneres für ein Buch, zu den Menschen zu sprechen und eine so aufmerksame Leserin zu bekommen.Dann wende ich mich der Autorin zu. »Danke dir für das sehr interessante Interview.«
Mich hat es sehr gefreut, von dieser Sammlung von ganz besonderen Gedichten und Dichterinnen zu erzählen. Von Stimmen, die vor so langer Zeit gesprochen haben und noch heute die Herzen berühren. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast.Als Birgit weggeht, vertiefe ich mich wieder in das Buch.
Liebe Claudia, ich verrate Dir noch, woran Birgit auch großen Spaß hatte. Zwischen den Liebesgedichten tauchen immer wieder verspielte Illustrationen auf. Die hat sie ebenso akribisch gesammelt, wie die Verse. Und das Besondere daran ist, dass die Bilder auch aus jener Epoche stammen.
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