»Was wollen wir
denn heute noch machen?«, wechselt Aiden das Thema und lächelt mich
verführerisch an.
»Ich weiß nicht«,
sage ich und gähne lautstark.
Aiden lacht.
»Anscheinend war euer kleiner Ausflug ganz schön anstrengend.«
»Sieht so aus.«
Schon wieder entweicht mir ein Gähnen. Ich lächele Aiden verlegen an.
»Was hältst du
von einer Kinonacht?« Er lächelt.
Verwirrt starre
ich ihn an. »Hast du einen Fernseher?«
»Nein, so etwas
gibt es bei uns nicht. Aber wir haben andere Mittel. Worüber würdest du gern
mehr erfahren?«
»Äh, ich weiß
nicht. Vielleicht über eure Sagen?«
»Klingt gut. Lass
mich vorher noch Snacks und Getränke holen.« Wieder geht er zu dem Schrank.
Wenig später kommt er mit einer Schüssel samt der leckeren Kürbischips, einer
Flasche Wein und zwei Gläsern zurück. Er gießt uns ein und reicht mir ein Glas,
während er sich das andere nimmt. Anschließend setzt er sich wieder zu mir.
Ich will mit ihm
anstoßen, aber er schüttelt den Kopf. »Erst noch die richtige Stimmung.« Mit
den Händen vollführt er einige komplizierte Bewegungen und es erscheinen Bilder
vor meinen Augen. Ich erkenne den kleinen Gleach, der begehrlich auf einen
Teller voller Kekse blickt, die auf dem Tisch stehen. Dies muss die
Ursprungsgeschichte der Beschwörung des Windes sein, die Aiden mir in der
Sylphenstadt erzählt hat.
»So, nun wirst du
miterleben, wie eure Kraft geboren wurde. Bulan faighan!«
»Bulan
faighan!«, wiederhole ich.
Während ich den
deliziösen Wein genieße, sehen wir gemeinsam zu, wie der Junge sich nach den
Süßigkeiten streckt und reckt. Aber er ist zu klein, um sie zu erreichen. Er
versucht alles Mögliche, doch es bleibt vergebens. Schließlich pustet er so
lange, bis der Teller zu ihm schwebt. Ich genieße sowohl die Vorführung als
auch Aidens berauschende Nähe.
Es folgen weitere
Mythen des Sylphenreichs, bevor er sich elbischen Märchen zuwendet. Am meisten
gefällt mir die Fabel von der Prinzessin, die ihr Herz an einen einfachen Elben
verloren hatte. Als ihr Vater sie gegen ihren Willen mit einem Prinzen
verlobte, beschloss sie wegzulaufen. Inmitten der Nacht schlich sie aus dem Palast,
um sich mit dem Liebsten zu treffen. Aber ihre Zofe hatte sie verraten und so
erschienen ihre Eltern mit der Leibwache.
Der Vater toste
vor Wut; kein Wort wollte er hören, dass sie sich liebten. Stattdessen forderte
er seine Tochter auf, ihre Pflicht zu erfüllen. Als sie sich weigerte, richtete
er seinen Zorn auf ihren Liebsten und verwandelte ihn in eine marmorne Statue.
Er drohte, sie zu zerstören, wenn sie sich nicht füge. Aber die unglückliche
Prinzessin dachte nicht daran und legte einen Zauber über sich, der sie
ebenfalls versteinerte. Eng umschlungen stand sie nun an der Seite ihres
Angebeteten, ein ewiges Bekenntnis ihrer Liebe. Der König wollte die Statue vor
lauter Wut zertrümmern, doch seine Frau hielt ihn auf und zauberte sie fort.
»Seit Jahrhunderten
gilt die Marmorfigur als verschollen. Aber es heißt, wenn ein Paar sie findet,
das sich aufrichtig liebt, befreit es die Seelen der Liebenden.« Seine Stimme
verklingt, woraufhin die Bilder der schönen jungen Frau und ihres nicht minder
aparten Geliebten verblassen. Aiden lächelt mich an und streichelt meine
Hand.
Staunend sehe ich
ihn an. So viel Romantik hätte ich den Elben gar nicht zugetraut. Aber ich
hätte auch nie gedacht, dass er sich jemals in mich verlieben würde. Glücklich
kuschele ich mich an ihn.
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