Mittwoch, 19. Oktober 2022

[Buchvorstellung einmal anders] Nachtwesen und Schattengeschöpfe - Schlimmer geht immer von Sabine Reifenstahl

 



Buchvorstellung einmal anders


Ich warte seit einer Ewigkeit auf die Autorin Sabine Reifenstahl, aber sie kommt nicht. Ich setze mich in dem Park auf eine Bank und sehe einen Kindle dort liegen. Da ich von Natur aus, ein neugieriger Mensch bin, nehme ich ihn zu Hand.

Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das darauf enthaltene Buch. Es ist genau das um das es heute gehen soll. „Nachtwesen und Schattengeschöpfe – Schlimmer geht immer“ von Sabine Reifenstahl. Ich beginne ein wenig darin zu schmökern. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Hast du denn überhaupt keine Fragen? Interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«

Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben der Autorin am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Als ich gerade beginnen will, läuft Sabine auf mich zu und setzt sich zu mir auf die Bank. Nach einer Begrüßung lege ich mal los. 😊

Wollen wir das Interview nun zu dritt machen?
»Mal sehen, wie oft ich zu Wort komme«, schmollt das Buch.
Die Autorin zuckt die Schultern. »Nicht so vorlaut, sonst bekommst du einen pink glitzernden Mantel, ähm, Einband«, erwidert sie. »Entschuldige die Verspätung, liebe Claudia.“
Das Buch gibt mir Morsezeichen mit dem Bildschirm. »Schlimmer geht immer!«, wispert es.
Danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um mit mir zu reden.
»Immer wieder gern. Ich gebe es zu, wie die meisten Autoren rede ich gern über meine Bücher.
Der Bildschirm des Kindles leuchtet zur Antwort nur auf.
1:0 für Sabine. Scheinbar steht ihr Buch nicht auf Smalltalk.
Kannst du dich als Buch meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
»In mir tummeln sich Monster und Schattengeschöpfe, verleihen alten Mythen neuen Glanz und erwecken noch unbekannte zum Leben. Meist zum Schmunzeln, manchmal zum Gruseln, es darf auch mitgefühlt werden.
Ein Werwolf wider Willen erlebt eine Verwandlung, ein Glitzervampir sein letztes Stündlein, Gevatter Tod hat seine liebe Not, einen Lebenskünstler zu entleiben. Fokalor, der Angsttrinker, steigt aus den Tiefen der Hölle auf und ein Serienkiller findet unerwartet seinen Meister. Am Ende wird ein Junge von einer Hexe verführt.«
In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt, sie durch einfache, schöne oder schwierige, düstere Zeiten und Situationen zu führen? Siehst du es als Autorin genauso?
Das Buch: »Ich habe das Gefühl, es bereitet Sabine diebisches Vergnügen, ihre Figuren zu quälen. Leicht kann ja jeder. Allerdings hat sie auch ein Faible für Happy Ends.«
»Das gute Ende müssen sich meine Protagonisten verdienen«, sagt Sabine. »Je mehr sie leiden, desto mehr wissen sie einen versöhnlichen Schluss zu schätzen. Bei einigen meiner Geschichten kommt es allerdings auf die Perspektive an, wer mit dem Ende happy ist.
Offen gesagt, überfällt mich manchmal das schlechte Gewissen, was ich meinen Figuren antue. Aber nur ganz kurz. Ewig Zuckerguss und Sahne wäre doch langweilig für die Leserinnen und Leser.«
Habt ihr Lieblingsstellen, die ihr uns gerne vorstellen würdet?
Das Buch: » Ich wünsche mich in meine einsame Gruft, wo ich die Nacht mit ein paar saftigen Knochen abwarten könnte, zuckele unglücklich durch den Wald und beiße mir auf die Unterlippe, um keine unachtsamen Worte auszustoßen. Das trug schon einmal bittere Früchte.
Wo soll ich mich verbergen? Hier gibt es weit und breit nichts. Wenn ich Pech habe, erschießt mich jemand, und ich erwache morgen mit einem mordsmäßigen Kater. Oder schlimmer, ich vergreife mich an der Hündin des Jägers. Meine humanoide Seite schüttelt sich bei der Vorstellung, doch die wilde winselt vor Vergnügen. Ein Hybridwesen zu sein, ist anstrengend, und die Unsterblichkeit bringt zusätzlichen Ärger.« (Aus: Wie man Monster bannt – Das Lied der Schwanenmaid)
Sabine: »Mit einem Schrei springt ein Kerl in langer Kutte hervor und schwingt ein bizarres Gerät.
Mein Vierbeiner klemmt den Schwanz ein und flüchtet spornstreichs heim.
Erfolglos rufe ich ihn und sehe dem sich eilig entfernenden hellen Hinterteil hinterher. Zum Glück wohnen wir am Dorfende, sodass ich mir um ihn keine Sorgen machen muss. Es ist nicht das erste Mal, dass er beschließt, mich mit meinem Glück und seiner Leine in der Hand stehen zu lassen.« Die Autorin grinst. »Das ist übrigens aus dem Leben gegriffen, nur heißt mein Hund nicht Attila. Na ja, und der Kerl ist auch frei erfunden. 😊“
Weißt du wie viel Sabine tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt? Hast du dazu noch etwas hinzuzufügen oder stimmst du deinem Buch zu?
»Das hat sie schon einmal selbst beantwortet. Mein erster Absatz lautet: Halloween, wie ich es hasse! Der Brauch schwappte über den Großen Teich, sein Ursprung liegt jedoch hier in Europa. Schlimmer geht immer, ist auch ein Spruch, den sie häufig gebraucht. Oder was meinst du, Schöpferin?«
»Hör schon auf zu schleimen, Schöpferin ist wirklich übertrieben. Aber du hast recht, mehr oder weniger steckt immer etwas von mir in den Figuren. Etwas mehr in Rosalind, allein wegen ihres Hündchens und der runden Hüften. Conor teilt meine Ansichten zu Halloween. In Josua finde ich mich nicht wirklich wieder, nein, da gibt es keine Parallelen.« Nachdenklich wiegt Sabine den Kopf. Vielleicht findet sie doch gerade Ähnlichkeiten zu ihrem Vampir von Berlin?
Wie würdest du oder ihre Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?
»Ziemlich zynisch«, meint Conor aus Wie man Monster bannt. »Allein die Tatsache, dass der Fluch von mir selbst heraufbeschworen wurde, ist typisch für sie.«
»Lass sie das lieber nicht hören«, mischt sich das Buch ein. „Ansonsten fällt ihr noch etwas Schlimmeres ein.«
»Stimmt, du willst doch nicht enden wie ich“, murmelt Josua aus Liebe auf den zweiten Blick.
»Ich finde, sie hat ein gutes Herz«, meint Rosalind aus Butterkuchen mit viel Sahne. »Mir hat sie was Nettes auf den Weg gelegt.«
»Wenn du das sagst«, erwidert das Buch grinsend. »Würde wohl nicht jeder als gute Partie bezeichnen.«
»Ich mag ihre schrägen Einfälle«, sagt eine große, sehr attraktive Frau und leckt sich die Lippen. »Eine Werwölfin, die ihr Rudel dazu zwingt, vegetarisch zu leben, nur um ihre Macht zu demonstrieren. Welcher Werwolf mag schon Rucola?«
»Ich kenne Sabine von euch allen am längsten«, sagt ein dunkelhaariger Riese mit auffallend grünen Augen.
»Sicher?«, fragt das Buch.
»Ganz sicher. Ich bin eine der ersten Figuren, die sie erdacht hat. Mir hat sie wohl auch das schwerste Schicksal auf den Leib geschrieben. Ich bin ein Monster, das nicht sterben kann. Und wenn ich der Frau, die ich liebe, zu nahe komme, verbrenne ich.
Dennoch sitze ich abends gern in Sabines Arbeitszimmer. Ich weiß, dass sie mit uns mitfühlt. Manches muss eben geschehen. Hätte sie mich nicht zu Frida geschickt, wäre ich heute nicht, wer ich bin, und ich hätte Enyo niemals kennengelernt. Zugegeben, sie ist eine Nervensäge, aber das ist etwas, was ich an unserer Autorin schätze: Ihre Figuren wirken lebendig, weil sie nicht perfekt sind, sondern Macken und Fehler haben. Und Sabine liebt uns dennoch.«
Die Autorin lächelt. »Da hast du recht, Warg, ich mag euch alle. Aber du bist mir fast am liebsten. Wenn mein Fantasyroman erschienen ist, wird es vielen so gehen. Aber ich denke, auch nach Verflucht mögen dich einige mehr und sind gespannt auf deine ganze Geschichte.«
»Das bezweifle ich. Wer mag schon ein Monster?«
»Wie oft denn noch, mein Lieber?«, antwortet Sabine. »Du bist kein Monster. Der Fluch hat dein Äußeres verändert, dennoch bist du treu und liebenswert.«
»Ich mag dich auch«, schließt sich das Buch an, ohne sich an jemand bestimmten zu wenden.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?
Nachtwesen und Schattengeschöpfe stand spontan, aber ich hieß anfangs mit Untertitel: Geschichten rund um Halloween. Passt zwar, aber ich möchte ja auch noch im Frühjahr gekauft werden. Daher heiße ich nun: Schlimmer geht immer.
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdet ihr nachträglich gerne etwas ändern wollen?
Ja, da sind wir uns einig. Das Cover passt zu den Geschichten.
Zum Abschluss würde mich noch euer Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
»Schlimmer geht immer«, sagen Buch und Autorin unisono und lachen.
»Wie im Leben so auch in den Geschichten«, fügt Sabine hinzu.
Die Leute, die an mir vorbeigehen, sehen mich schon komisch an, deshalb höre ich auf zu reden und lächle den Personen einfach zu. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, noch einmal kurz zum Buch »Danke, für deine Geduld und die Antworten« zuzuflüstern.
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Danke dir für das sehr interessante Interview.«
Als Sabine weggeht, vertiefe ich mich wieder in das Buch.

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