
Als ich an einem großen Kirschlorbeer vorbeigehe, schnellt ein Arm aus
der Dunkelheit hervor und greift nach mir. Ein Schrei löst sich aus meiner
Kehle und ich werde hinter das Gebüsch gezogen.
Dort lande ich an einer harten, warmen Männerbrust.
Eine Hand legt sich auf meinen Mund und jemand raunt mir ins Ohr: »Shhht!
Ich bin‘s.«
Gabriel!
Seine Stimme erkenne ich sofort.
Langsam lässt er die Hand sinken und ich atme keuchend ein.
»Bist du verrückt?«, flüstere ich atemlos. Mein Herz klopft wie ein
Presslufthammer, so sehr habe ich mich erschrocken.
»Warum läufst du hier ganz allein in der Dunkelheit herum?«
»Ich wollte weg«, erwidere ich. »Wo warst du die ganze Zeit? Warum hast
du dich hier versteckt?«
Ich höre ihn leise grinsen. »Wovor sollte ich mich bitte verstecken,
Cinderella?«
»Was weiß denn ich! Es war auf jeden Fall sehr unhöflich von dir, dass du
mich alleine hast sitzen lassen«, beschwere ich mich.
»Ich hab für dich den verdammten Prinzen gespielt, was willst du noch?«,
knurrt er.
»Etwas Beistand! Kaum warst du weg, da tauchte Luiz mit seiner neuen
Flamme auf.«
»Ach, deshalb bist du abgehauen«, murmelt er.
»Unter anderem. Außerdem hat Emma mir ständig Fragen wegen unserer
Trennung gestellt.«
»Also bist du nicht meinetwegen hier«, sagt er und es klingt wie eine Art
Feststellung.
Ich hebe den Kopf und suche seinen Blick. »Ich wusste doch nicht mal, wo
du bist«, erwidere ich wahrheitsgemäß. Erst jetzt wird mir sehr deutlich
bewusst, dass er immer noch meinen Arm festhält und dass ich viel zu dicht vor
ihm stehe.
Gabriel seufzt. »Ich weiß, dass ich das morgen bereuen werde, aber ich
kann nicht anders.« Er umfasst mit einer Hand meinen Nacken und zieht mich zu
sich heran.
Ich höre seine angespannten Atemzüge und nur Augenblicke später presst er
seine Lippen auf meine. Ein Zittern geht durch mich hindurch, der Boden unter
meinen Füßen bebt. Sehnsüchtig lege ich die Hände auf seine Schultern und halte
mich an ihm fest.
Er hat weiche Lippen, die zum Küssen gemacht sind. Seine Zunge dringt in
meinen Mund und trifft auf meine.
Sofort steht mein Innerstes in Flammen. Gabes Zunge umschmeichelt meine
und ich kann nicht glauben, dass dies wahrhaftig der Kuss ist, von dem ich seit
Jahren träume. Ein Kuss, wie ich ihn erwartet habe, seit ich zum ersten Mal ans
Küssen gedacht habe. Noch nie hat ein Kuss solche Gefühle in mir ausgelöst! Das
ist … ich fass es einfach nicht! Seine Hand gleitet meinen Rücken hinab und
stoppt auf Höhe des Kreuzbeins. Dort bewegt er seine Finger mit kleinen
Streichelbewegungen und sendet wohlige Schauer durch meinen ganzen Körper.
Ich keuche in seinen Mund, ringe nach Atem und neige den Kopf ein Stück
zur Seite, um ihn tiefer einzulassen. Himmel, ist das schön! Er kommt meiner
stummen Bitte nach und küsst mich tiefer, während er gleichzeitig den Druck auf
meinen Rücken verstärkt, mich an seinen Körper presst. Zwischen meinen Fingern
fühle ich den seidigen Stoff des Sakkos und als ich sie voller Sehnsucht
darunter schiebe, empfängt mich die Hitze seiner Haut, nur getrennt durch den
dünnen Stoff des Hemdes. Ein erstickter Laut dringt aus meiner Kehle und ich
drücke mich hoch auf die Zehenspitzen, um Gabe noch näher zu kommen. So eine
drängende Hitze habe ich noch nie gespürt und diesmal bin ich es, die seine
Zunge inniger umspielt, was er umgehend erwidert. Es kribbelt in meinen Adern
und ich fühle mich so lebendig. Zum ersten Mal habe ich das Bedürfnis, einem
Mann die Kleider vom Leib zu reißen und seine nackte Haut zu spüren. Ich sehne
mich danach, meine Finger unter das Hemd zu schieben und ihn zu berühren. Seine
Haut zu streicheln, zu fühlen, wie weich sie ist.
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