Autoreninterview
Nina Pilckmann
Gerne. Danke erst einmal für dein Interesse und die Möglichkeit dieses Interviews. Ich bin Nina Pilckmann, Schriftstellerin und Psychotherapeutin. Ich schreibe überwiegend literarische Entwicklungsromane über Themen, die ich für gesellschaftlich relevant und / oder psychologisch interessant halte. Ein wenig Philosophie spielt auch immer mal rein.Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Es gab weniger einen Schlüsselmoment als vielmehr eine grundlegende innere Haltung seit meiner Kindheit, mich für Sprache zu begeistern und schon damals gerne damit zu experimentieren. Meine ersten Bücher schrieb ich im Alter von 8 Jahren. *lach* Den ersten richtigen Roman aber „erst“ mit Anfang 20.Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?Zum einen „Das zweite Leben“ – ein Roman über die Antagonismen des Lebens, in dem die junge Journalistin Ava 1968 nach Venedig reist, um über die italienische Widerstandsbewegung während des 2. Weltkrieges zu recherchieren. Dort begegnet sie dem Venezianer Toma, mit dem sie sich augenblicklich verbunden fühlt, ebenso wie mit der Stadt selbst, die ihr mit ihrer morbiden Schönheit wie ein Wesen aus Fleisch und Blut an Herz wächst. Gerne würde sie sich dort ihr Leben aufbauen, doch daheim in München erzählt ihr Rachel, eine Überlebende aus dem Vernichtungslager Birkenau, von ihrem Erlebnissen. So steht Ava vor der Frage, wofür sie ihre Lebenszeit nutzen will: für die Aufklärung über die Gräuel der Nazis oder für das Streben nach eigenem Glück.Zum anderen ist „Die Menschenfängerin“ erschienen. Darin geht es um die junge Deutschitalienerin Ilaria, die im Heimatdorf der verstorbenen Nonna deren Tagbücher findet und einem alten Familiengeheimnis auf die Spur kommt – und damit auch einer Erklärung für ihre eigene besondere Gabe, denn Ilaria zieht, ohne es zu wollen, Menschen in ihren Bann und scheint Verhaltensweisen Anderer vorhersehen zu können. Dabei erkennt sie, dass dahinter nichts Mystisches steckt. Die Wahrheit trägt aber ganz eigene Schatten, die Ilaria zu bewältigen versucht. Vor allem in Hinblick darauf, eine echte tiefe Liebe zu finden.
Leider nein. Dadurch, dass ich gerade ein Doppeldebüt rausgebracht habe, ist noch irre viel drumherum los. Aber ich reduziere aktuell die Marketingarbeit und werde voraussichtlich ab Oktober mit der Überarbeitung eines alten Romans beginnen, den ich dann auch recht rasch veröffentlichen möchte. Er heißt „Laras Schweigen“ und beschäftigt sich u.a. mit psychischer Gewalt im Leben einer Heranwachsenden. Das Buch ist ein frühes Experiment aus Entwicklungsroman und Lyrik.Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Jetzt hätte ich fast geantwortet: „Schreiben“. *lach* Tatsächlich empfinde ich den reinen Schreibprozess selbst oft nicht als Arbeit. – Aber abgesehen davon: mit meiner Tochter, meinem Sohn und meinem Mann Zeit verbringen, unsere Familienharmonie genießen, in die Natur gehen: Wald, Felder, am liebsten Strand (aber dafür muss ich weiter fahren), lesen (kommt aktuell aber zu kurz), Musik machen, v.a. singen, manchmal malen, mich mit Freunden Treffen und dankbar für mein Leben sein. Ach, und: unseren beiden Riesenkaninchen im Garten beim Freilauf zusehen.Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Einen festen Lieblingsautoren oder eine feste Lieblingsautorin habe ich zwar nicht, aber wer mich definitiv als jungen Menschen inspiriert hat, waren Isabel Allende und auch Gabriel García Márquez. Ich glaube, das merkt man selbst nach all den Jahren noch an meinem Hang zur poetischen und bildreichen Sprache. In den letzten zehn Jahren dann eher Philipp Roth, John Updike, Thomas Mann und neuerdings auch Ralf Rothmann, der mir oft aus der Seele schreibt.Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Mein Arbeitsplatz ist ein weißer Massivholz-Schreibtisch mit Blick in unser zweigeteiltes Wohnzimmer mit Schiebetür. Ich sitze im Bücher-/ Pianoraum, der Blick geht durch die offene Schiebetür ins klassische Wohnzimmer mit Couch und Tisch und einem wunderschönen Blick in die Baumkronen unseres immergrünen Gartens.Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Ich stehe um 6:00Uhr auf, nehme, wenn die Kinder und ich angezogen sind, einen Kaffee zu mir, fahre in meine Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in der Nachbarstadt. Ab ca. 7:30Uhr arbeite ich dann dort mit meinen lieben Patient*innen, manchmal bis nachmittags, manchmal bis abends. Sofern ich nachmittags nach Hause komme, unterstütze ich meine Kinder bei den Hausaufgaben oder habe ein Ohr für ihre Anliegen, dann setze ich mich an meinen Schreibtisch und arbeite an meinen Büchern – oder für meine Bücher. Zwischen 18Uhr und 19:30Uhr beende ich die Schreibtischarbeit und nutze die Zeit mit meiner Familie: Abendessen, Kinder nach und nach ins Bett bringen, ab und zu ein Gläschen Wein mit meinem Mann trinken … Oft setze ich mich dann aber auch nochmal an meine Bücher. Gegen 22Uhr versuche ich schlafen zu gehen.Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Beim Lesen schwanke ich zwischen anspruchsvoller Literatur mit Tiefgang auf der einen Seite und Feelgood-Romanen auf der anderen Seite, die im Ausland spielen (am liebsten mediterran oder ganz exotisch; super gerne auch südliches Afrika oder südostasiatischer Raum).Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
Hast du ein Lieblingsland und warum?Ein Zitat, das ich gerne mag, ist: „Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst.“Mein Handeln bezieht sich nicht auf bestimmte Zitate, außer vielleicht auf den kategorischen Imperativ. Das ist aber eher meine allgemeine Grundhaltung.
Es gibt ein paar Länder im südostasiatischen Raum und im südlichen Afrika, die ich sehr mag. Darüber hinaus habe ich eine besondere Beziehung zu Italien. Meine Oma kam aus Norditalien, aus der Nähe von Venedig.Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Kritikfähig bin ich, mit der Einschränkung, dass ich mit mir selbst manchmal etwas zu streng bin. Ich lege Wert darauf, dass Kritik konstruktiv ist (sowohl von mir zu anderen als auch umgekehrt). Mit destruktiven Äußerungen kann ich schlecht umgehen. Das beschäftigt mich mehr als es sollte. Insbesondere, weil es mich oft fassungslos macht, zu beobachten, wie wenig wertschätzend und intolerant Menschen zum Teil miteinander umgehen. Für konstruktive Kritik bedanke ich mich und weiß diese zu schätzen.Warum hast du dich entschieden Selfpublisher zu werden und nicht zu einem Verlag zu gehen?
Ich habe lange mit mir gerungen, mir eine Zeit lang die Verlagswelt genauer angeschaut und versucht, an aussagekräftigen Exposés zu arbeiten. Dabei habe ich aber schon gemerkt, dass es mir keine Freude bereitet und mir die Vorstellung, meinen Schreibstil und die Inhalte in eine bestehende Form zu pressen, die die Zielgruppe erweitert, missfällt. Ich hatte von Anfang an die Einschätzung, dass meine Romane zu wenig im Mainstream liegen, um damit als unbekannte Autorin bei Verlagen punkten zu können. Die generell geringen Chancen, überhaupt auf einem Schreibtisch zur Prüfung zu landen, hat mich zusätzlich abgeschreckt, Tage und Stunden für Agenturen- oder Verlagsbewerbungen zu opfern. Für mich war klar: Es passt sowieso nicht. Es wäre vergebene Liebesmühe. So bin ich schließlich zum Schluss gekommen, dass ich meine Werke selbst veröffentlichen möchte, und die Vorteile genießen kann, auch meine Cover selbst zu gestalten. Da ich in mehreren Bereichen kreativ bin, hatte ich an diesem Schaffensprozess ebenfalls viel Freude. Und ich habe generell gerne die Zügel in der Hand.Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Ganz generell, nicht nur in Bezug auf meine eigenen Bücher: Seid offen für Diversität auf dem Buchmarkt. Lasst euch auf unterschiedliche Stile ein, und akzeptiert, dass nicht jeder Stil zu jedem passt. Ich habe in letzter Zeit oft von Autorenkolleginnen mitbekommen, dass ein Buch öffentlich schlechtgeredet wurde, wenn es einem Leser nicht gefiel. Stil und Story sind Geschmacksache. Alles Künstlerische ist Geschmackssache. Ich wünsche mir, dass wir alle mehr darauf schauen, wertzuschätzen, dass jemand etwas zu sagen hatte und Liebe und Arbeit in sein Projekt gesteckt hat. Wir dürfen das Ergebnis unterschiedlich empfinden. Aber wenn ich selbst ein Buch lese, das mir nicht zusagt, lege ich es weg und akzeptiere, dass es nicht zu mir passt. Das ist weder die Schuld des Buches noch der Autorin. Und ich selbst bin auch vorsichtig mit Äußerungen wie „Das macht man so und so nicht“.
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