Freitag, 23. Mai 2025

[Schnipseltime] Die Schuldigen - Teil der Familie von Ava J. Thompson


 

Irgendwie ziehen sich meine Gedärme stets ungut zusammen, wenn ich in Mr. Duartes Büro beordert werde. Seit der Oberboss zu Besuch weilt, potenziert sich das Unbehagen. Als ich die Villa betrete, ist die Tür geschlossen, was es nicht besser macht. Und schaut Jander heute nicht besonders grimmig drein? Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass er angeschossen wurde und womöglich Schmerzen hat.

Der Oberboss kündigte an, mit mir reden zu wollen, und jetzt ist es so weit. Mir kommt es vor, als würde ich geradewegs in die Höhle der Löwen marschieren, die sich bereits die Mäuler lecken bei der Aussicht, mich gleich zu verspeisen.

Ich klopfe und trete ein, nachdem ich ein »Ja« vernehme.

Da sitzen sie auch schon. Mr. Duarte hinter dem Schreibtisch. Seltsamerweise ohne Mr. Chorizo. Ich überschaue den Raum und entdecke den Kater auf dem zweisitzigen Sofa. Auf der Schreibtischkante hockt der Oberboss und mustert mich. Matteo sitzt in einem der beiden Cocktailsessel und streicht nicht vorhandene Fussel von seiner Hose.

Der Oberboss nickt mich in den Sessel daneben und ich lasse mich angespannt auf der vorderen Kante nieder.

»Wir haben ein Angebot für dich«, eröffnet Mr. Duarte sanft das Gespräch.

Eines, das ich nicht ausschlagen kann? Das kenne ich bereits von Don Corleone. Es besteht kein Zweifel daran, dass ich dazugehören möchte. Einzig der Preis dafür gefällt mir möglicherweise nicht, denn eines steht außerfrage, Angebote der Mafia kommen mit einem gewaltigen Pferdefuß daher.

Andererseits, was soll großartig passieren? Ich habe mich bewiesen und für diese Familie getötet. Bin ich damit nicht schon einer von ihnen?

»Wir nehmen dich in unsere Familie auf«, setzt Felipe Duarte hinzu.

Ich nicke vor mich hin und versuche, meine Freude nicht heraushängen zu lassen. Denn sein wir mal ehrlich, das ist das, was ich mir insgeheim die ganze Zeit gewünscht habe. Zu dieser Familie zu gehören. Ein Leben ohne Limits. Gemeinsam mit Matteo.

Dieser sitzt reglos neben mir und fixiert irgendeinen Punkt in der Ferne.

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